50 Jahre nach der Konferenz von Asilomar zu rekombinierter DNA, ihren Risiken und Sicherheitsvorkehrungen fordern 29 Organisationen die EU-Kommission auf, ihren Vorschlag zur Deregulierung von Pflanzen, die mit den neuen genomischen Techniken (NGT) entwickelt wurden, zurückzunehmen.
Die aktuellen Entwicklungen in der EU bezüglich eines neuen Rechtsrahmens für NGT-Pflanzen haben unter der polnischen Ratspräsidentschaft an Geschwindigkeit zugelegt und es könnte in den nächsten Wochen zu einer Einigung kommen. 50 Jahre nach der Asilomar-Konferenz fordern 29 Organisationen in einem gemeinsamen Brief den EU-Kommisar Várhelyi und die EU-Kommission auf, ihren Vorschlag zur Deregulierung von NGT-Pflanzen zurückzuziehen. Stattdessen schlagen wir vor, die Flexibilität der bestehenden Regulierung zu nutzen, um die Anforderungen der Risikobewertung an das tatsächliche Risikoniveau einzelner Pflanzen anzupassen. Denn die momentan im Vorschlag angelegte Grenze – von 20 Veränderungen im Genom – hat keinen Zusammenhang zum Risikoniveau.
Freifahrtschein für neue Biotechnologien stoppen
Judith Düesberg vom Gen-ethischen Netzwerk e.V. sagt dazu: „Der Freifahrtschein für die neuen Biotechnologien, der gerade ausgestellt wird, muss gestoppt werden. Die vorgeschlagene Grenze von 20 Veränderungen auf der DNA ist willkürlich und kein geeignetes Merkmal zur Risikobewertung. Es braucht eine ganzheitlichere Betrachtung, um Auswirkungen der genetischen Veränderung auf den Organismus und das Ökosystem einschätzen zu können. 50 Jahre nach der Konferenz von Asilomar, auf der die Basis der Risikobewertung für gentechnische Experimente gelegt wurde, sollten wir uns an unsere Verantwortung für kommende Generationen erinnern und das wichtige Prinzip der Vorsorge konsequent umsetzten.“
Asilomar-Konferenz zu rekombinanter DNA
Vor 50 Jahren, im Februar 1975, trafen sich 150 Wissenschaftler*innen aus vielen Teilen der Welt in Asilomar, USA, um sich über die möglichen Risiken von und den Umgang mit gentechnischen Verfahren auszutauschen. Die neuen Möglichkeiten der Biotechnologien bereiteten vielen Forschenden sorgen und so wurden auf der Konferenz und in ihrem Nachgang Sicherheitsstufen entwickelt, um das potentielle Risiko von Experimenten auf Mensch und Natur weitgehend einzuschränken. Basis dieser Sicherheitsstufen ist eine vorhergehende Risikoabschätzung. Teil dieser Einigung war außerdem ein freiwilliger Verzicht auf alle Experimente, für die ausreichende Schutzmaßnahmen nicht möglich waren. Die Beschlüsse der Asilomar-Konferenz wurden in den folgenden Jahren in nationalen Gesetzen festgehalten.
EU-Plan zur Degerulierung Neuer Gentechnik (NGT)
Die EU-Kommission legte im Juli 2023 einen Vorschlag zur Deregulierung von Pflanzen vor, die mit den neuen genomischen Techniken wie CRISPR-Cas entwickelt wurden. Diese Pflanzen fallen bisher unter das Gentechnikrecht, sollen aber laut dem Vorschlag aus den Regulierungen ausgenommen werden. Das würde bedeuten, dass diese Pflanzen nicht mehr auf ihre möglichen Risiken hin untersucht werden müssten, dass es keine Kennzeichnung entlang der gesamten Produktionskette gäbe und keine zugängliche Dokumentation mehr über den Anbau, die veränderten Eigenschaften etc. – um nur die Veränderungen zu nennen. Was dies für die gentechnikfreie Landwirtschaft, kleine bis mittelständische Züchter*innen, Verbraucher*innen, die Zivilgesellschaft und den Naturschutz bedeuten würde, ist zum Beispiel in dieser aktuellen Stellungnahme nachzulesen.
Polen treibt NGT voran
Polen treibt aktuell die Neu-Reglementierung von Pflanzen aus neuen genomischen Techniken (NGT) weiter voran. Nachdem ein erster Vorschlag von Polen im EU-Rat diskutiert wurde (vom GeN kommentiert), liegt ein zweiter, weiter abgeschwächter Vorschlag vor (von der AbL analysiert). Über diesen Vorschlag wird am Freitag den 21.02.25 eine Probeabstimmung stattfinden, die dann am 26.02. durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter*innen (COREPER) belastbar wird. Dies wäre ein großer Schritt Richtung Trilog, dem nächsten formalen Schritt hin zur Umsetzung der Deregulierung.
Gemeinsamer Brief an die EU-Kommission 50 Jahre nach Asilomar
Nach aktuellen Informationen des Tagesspiegel soll der COREPER am 12. März offiziell abstimmen.