Statt Wähler:innen von Maßnahmen zu überzeugen, setzen rechte Parteien auf eine Flut von “Scheiße”. Sie überschwemmen die Öffentlichkeit mit Unsinn, Halbwahrheiten und Lügen, dass es nahezu unmöglich wird, Fakten von Fiktionen zu unterscheiden.
von Angela Alexa für moment.at
Die Strategie erinnert an eine Nebelmaschine: Hauptsache, die Sicht ist für alle getrübt. Bekannt wurde sie durch Steve Bannon, dem ehemaligen Berater von Donald Trump. 2018 sagte er: “The Democrats don’t matter. The real Opposition is the media. And the way to deal with them is to flood the zone with shit”. Zu Deutsch: “Die Demokraten spielen keine Rolle. Die wahre Opposition sind die Medien. Und der Weg, mit ihnen umzugehen, ist, das Feld mit Scheiße zu überfluten.”
Mittlerweile sind Trump und Bannon zerstritten. Der Bruch erfolgte 2018 nach der Veröffentlichung eines kritischen Buches, zu dem Bannon beigetragen hatte. Bannon ging, die Strategie blieb.
Trumps Lügen und Halbwahrheiten
Im Wahlkampf schrie Trump Falschinformationen, Halbwahrheiten und glatte Lügen in die Welt. Am 10. September 2024 beispielsweise behauptete er in einer Präsidentschaftsdebatte, dass haitianische Einwanderer:innen in Springfield, Ohio, Hunde und Katzen essen würden. Übersetzt: „In Springfield, die essen die Hunde. Die Leute, die zu uns kamen. Die essen die Katzen. Die essen – die essen die Haustiere der Menschen, die dort leben.” Was natürlich nicht stimmte, wie gleich klargestellt wurde.
Während und auch nach dem Wahlkampf setzte und setzt Trump weiter auf diese Taktik. Er schießt laufend weitere Absurditäten medienwirksam in die Welt: Neben dem Panamakanal will er Grönland und Gaza. Alles soll US-amerikanisches Gebiet werden. Der Golf von Mexiko soll der Golf von Amerika werden. Am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit hat er hunderte Dekrete unterzeichnet, die auch Versprechen aus dem Wahlkampf umsetzen sollen und teils sehr umstritten waren. Die ersten haben Gerichte schon wieder gestoppt. Ein bisschen Zeit zeigt also: Seine Versprechen und Amtshandlungen sind oft gar nicht umsetzbar. Doch darum geht es auch nicht.
Zeit, die wir nicht haben
Es geht um die Zeit, die es braucht, um die Falschinformationen zu überprüfen und richtigzustellen und um zu begutachten, ob Dekrete mit geltendem Recht zu vereinbaren sind. Medien, Gerichte und andere Institutionen, die die Demokratie schützen und die Macht der Rechten beschneiden könnten, werden mit Arbeit überflutet, sodass sie gar nicht mehr hinterherkommen.
Auch in Österreich ist dieses Spiel bereits bekannt. So verkündet die FPÖ beispielsweise Pläne und Maßnahmen, die laut Expert:innen wohl gar nicht umsetzbar wären. Zuletzt bei dem Vorhaben, Asylsuchende sollten für die gesundheitliche Versorgung (die zuvor noch auf eine reine Notversorgung beschränkt werden soll) zahlen.
Journalist:innen und Medienschaffende finden sich in der undankbaren Rolle des Putztrupps wieder, der täglich verzweifelt versucht, den Dreck zu säubern. Etablierte Medien werden in die Defensive gedrängt, da sie ständig mit der Richtigstellung von Falschinformationen beschäftigt sind, anstatt sich auf fundierte Berichterstattung zu konzentrieren.
Wie die Rechten die Medien schwächen
Zeitgleich schwächen sie diese Medien und andere Institutionen, die ihre Lügen und falschen Versprechen enttarnen könnten. Sie diffamieren Qualitätsjournalismus als “Systemmedien”, als “Lügenpresse” (ein Begriff mit antisemitischen Wurzeln, der schon von Nazi-Propagandisten verwendet wurde). Sie bauen sich ein eigenes Mediennetzwerk auf, wo sie ihre Inhalte unkontrolliert und unüberprüft verbreiten können.
Donald Trump tat das mit seiner eigenen Plattform “Truth Social”. Inzwischen hat er auch Einfluss auf die Plattformen zweier der reichsten Männer der Welt: Elon Musks “X” (vormals Twitter) und Mark Zuckerbergs Meta (Facebook, Instagram und Whatsapp). Auf ersterem gibt es längst keine Faktenchecks mehr und auch Zuckerberg hat diese nun abgeschafft.
Auch hierbei folgt die FPÖ Muster rechtspopulistischer Parteien in anderen Ländern, die versuchen, die Medienlandschaft nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Sie setzt auf ein Netzwerk aus parteinahen Medien und eigenen Plattformen. Sie will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF schwächen und unabhängige Medien durch parteifreundliche ersetzen.
Rettungsanker Medienkompetenz
In vielen Fällen putzen die Institutionen, die die Demokratie schützen, die “Scheiße” weg. Doch der Gestank bleibt. Denn wie wir sehen, ist die Strategie oft erfolgreich. Weil die Aufregung oft bereits vorbei ist, wenn Journalist:innen und Gerichte die Meldungen und Maßnahmen richtigstellen. Und weil in der Flut an Informationen richtige von falschen für viele gar nicht mehr zu unterscheiden sind.
Um der Strategie „Flood the Zone with Shit“ entgegenzuwirken, braucht es einen umfassenden Ansatz, der Bildung, Technologie und gesellschaftliches Engagement vereint. Medienkompetenz ist dabei der Schlüssel: Menschen müssen lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen, Quellen zu bewerten und manipulative Techniken zu erkennen. Zugegeben, dies hätte vor zehn Jahren passieren müssen. Doch besser, wir fangen spät an, als nie. Es stinkt.
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