Marco Diener für die Online-Zeitung INFOsperber
Compenswiss, eine öffentlich-rechtliche Anstalt im Besitz des Bundes, verwaltet die Vermögen von AHV, IV und EO – gegenwärtig über 40 Milliarden Franken. Depotbank war bisher die UBS. Nun ist es erstmals eine ausländische Bank: die State Street Bank International in München. Sie ist eine Tochter der State Street Corporation in Boston. Das schreibt die Konsumentenzeitschrift «Saldo» (Bezahlschranke) in ihrer neusten Ausgabe.
Wie «Saldo» weiter berichtet, zeigte sich der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter besorgt. Er wollte wissen, ob der Bundesrat es «zweckmässig» finde, dass eine US-Bank als Depotbank fungiere. Immerhin gehe es um die «Sicherheit von Volksvermögen».
Der Bundesrat sieht das Problem nicht
Der Bundesrat machte es sich einfach. Er schrieb mehr oder weniger von der Website von Compenswiss ab: «Die Depotbank erfüllt eine rein administrative Rolle.» Sie errechne Renditen und überwache Transaktionen. Compenswiss seinerseits spricht von «beträchtlichen» Einsparungen, nennt aber keine Zahlen.
«Saldo» hingegen warnt: «Der Wechsel könnte gravierende Folgen haben, was den Zugriff auf die gut 40 Milliarden Franken betrifft. Dann nämlich, wenn die USA aus irgendwelchen Gründen Sanktionen gegen die Schweiz verhängen und Schweizer Vermögen einfrieren oder beschlagnahmen lassen sollten.»
Problem CS-Anleihen
Es wäre ja nicht das erste Mal. Nach Angaben des US-Finanzministeriums waren im Jahr 2021 weltweit beinahe 10’000 Staaten, Firmen und Private von den USA mit Sanktionen belegt. Auch die Schweiz könnte künftig davon betroffen sein. Denn der Bund hat CS-Anleihen im Wert von 16 Milliarden Franken für wertlos erklärt. Dagegen sind Klagen in grosser Zahl auf der ganzen Welt hängig. Auch in den USA.
Sollte ein Gericht zum Schluss kommen, dass die Schweiz schadenersatzpflichtig sei und dass Vermögen der Eidgenossenschaft in den USA beschlagnahmt werden müsse, dann wäre das einschneidend. Denn die State Street Corporation und all ihre Tochterfirmen wären gezwungen, die Sanktionen zu befolgen. Sie dürften laut «Saldo» keine Aufträge von Compenswiss mehr ausführen. Das heisst: Das Geld wäre blockiert.
«Nicht detailliert geprüft»
Den Wechsel der Depotbank hatte die Eidgenössische Finanzkontrolle schon vor sechs Jahren angeregt. Ob dabei eine inländische oder eine ausländische Bank berücksichtigt werden solle, sagte die Finanzkontrolle nicht. Heute scheint den Verantwortlichen der Finanzkontrolle nicht mehr ganz wohl zu sein. Gegenüber «Saldo» sagten sie, die Finanzkontrolle habe «die Auswirkungen dieses Wechsels nicht detailliert geprüft». Für Compenswiss ist es «höchst unwahrscheinlich», dass die 40 Milliarden oder ein Teil davon beschlagnahmt werden könnten.
Compenswiss gehört dem Bund, ist aber unabhängig
Compenswiss ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt. Sie gehört zwar dem Bund und steht unter der Aufsicht des Bundesrats. Dieser ist im Wesentlichen für die Genehmigung des Geschäftsberichts und die Wahl der Verwaltungsräte zuständig. Doch er kann keine Weisungen erlassen, und er kontrolliert nicht. Er hat auch nichts zur Wahl der Depotbank zu sagen. Aber er kann Verwaltungsräte abwählen und so Einfluss nehmen.