Die Verhandler:innen von FPÖ und ÖVP wollen 6,3 Milliarden Euro im Budget einsparen. Der Radiosender Ö1 berichtete am Dienstag über Details dazu. Kommt das, dann ist klar, wohin es unter Schwarz-Blau geht: Gestrichen wird bei Ärmeren und beim Klimaschutz. Leidtragende sind alle Menschen in Österreich. Ein Überblick, wo FPÖ und ÖVP den Rotstift ansetzen wollen.
von Andreas Bachmann (moment.at)
Pensionen kürzen
Jahr für Jahr sammelst du Ansprüche auf deinem Pensionskonto an. Sie bestimmen nach Ende deiner beruflichen Tätigkeit die Höhe deiner Pension. Auch Kinderbetreuungszeiten werden angerechnet. Damit die jährliche Teuerung diese Ansprüche nicht irgendwann auffrisst, werden sie regelmäßig aufgewertet. FPÖ und ÖVP wollen diese Aufwertung der Pensionsansprüche nun offenbar aussetzen.
Das hätte weitreichende Folgen, vor allem für junge Menschen, die noch Jahre von der Pensionierung entfernt sind. Wird die Aufwertung nur ein Jahr ausgesetzt, wirkt sich das negativ auf alle weiteren Versicherungsjahre aus. Der Verlust wird immer größer. „Das wäre ein großer Eingriff, der lebenslang wirkt“, sagt Sybille Pirklbauer, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer Wien zu MOMENT.at.
Sozialleistungen kürzen
Es war nicht nur angesichts der dramatischen Inflation in Österreich eine dringend notwendige Reform: Seit 2023 werden alle Familien- und Sozialleistungen jährlich an die Inflation angepasst. Also etwa die Familienbeihilfe, Reha- und Krankengeld, Studienbeihilfe und Absetzbeträge für Pensionist:innen oder Alleinverdiener:innen.
Geht es nach Schwarz-Blau, soll diese von ÖVP und Grünen beschlossene Regelung offenbar wieder einkassiert werden. Man erhoffe sich davon ganze 150 Millionen Euro Einsparung, berichtet Ö1. Dann bräuchte es wohl für jede Erhöhung wieder einen Beschluss im Nationalrat. Die Vergangenheit hat gezeigt: Diese Erhöhungen konnten nie den Wertverlust der Sozialleistungen ausgleichen.
Arbeitslosigkeit noch härter machen
Wer keinen Job hat, kann sich etwas dazuverdienen, ohne dass das Arbeitslosengeld gestrichen wird. Bisher war das bis zur Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 551,10 Euro möglich. Das ist für viele Menschen notwendig, denn für fast alle Arbeitssuchenden ist das Arbeitslosengeld niedriger als die Armutsgrenze liegt. FPÖ und ÖVP planen offenbar, das einzuschränken. Auch wer weniger als diesen Betrag zum Arbeitslosengeld dazuverdient, könnte dann Ansprüche auf Arbeitslosengeld verlieren.
Schon in den gescheiterten Verhandlungen von ÖVP mit SPÖ und NEOS wurde die Bildungskarenz offen in Frage gestellt. Schwarz-Blau wollen offenbar kurzen Prozess damit machen und die Bildungskarenz abschaffen. Das soll laut Fiskalrat 300 Millionen Euro einsparen. Die Bildungskarenz wird vor allem von Frauen genutzt.
Klimabonus abschaffen, “Sparen” beim Klimaticket
Was aus dem Klimabonus wird, dafür brauche man “keine Glaskugel”, hatte FPÖ-Verhandler Arnold Schiefer schon am Montag gesagt. Nun scheint es fix: Der Klimabonus wird den Sparplänen einer möglichen Blau-Schwarzen Koalition zum Opfer fallen. Laut Fiskalratsbüro lassen sich damit 2,3 Milliarden Euro “einsparen”. Das trifft vor allem Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben.
Denn die Höhe des Bonus richtet sich nicht nach dem Einkommen, sondern nach dem Wohnort. Je ländlicher und abgelegener von öffentlichen Verkehrsmittel, desto höher der Klimabonus. Er soll die CO2-Steuer ausgleichen, die wir für fossiles Heizen und Tanken zahlen. Das trifft ärmere Menschen und Menschen, die kaum klimafreundliche Alternativen vor der Tür haben, härter. Der Klimabonus war das dazu gehörende Gegenstück und machte die CO2-Steuer sozial gerecht machen. Mit Schwarz-Blau wird es damit wohl vorbei sein. Damit wird de facto die CO2-Steuer und damit eine Massensteuer erhöht.
Ebenfalls von den Dächern haben die Spatzen eine mögliche Kürzung des Klimatickets gepfiffen. Diese Spekulationen dürften sich nun bewahrheiten. Wie lange es das Klimaticket in der jetzigen Form noch geben wird, ist unklar. Für Johannes Holler vom Fiskalratsbüro ist es eine Maßnahme, die kaum der Rede wert ist. Er geht davon aus, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe all jene, die den Kauf eines Klimatickets für 2025 geplant hatten, diesen sofort vorziehen. Die Gesamtwirkung der Einsparung wäre daher relativ klein. Dafür wären allein 300.000 Menschen betroffen, wenn das Österreich-weite Ticket teurer (oder abgeschafft) wird.
Weg mit Förderungen für Klima und Energiewende
FPÖ und ÖVP scheinen nicht viel übrig zu haben für den Kampf gegen die Klimakrise und für die Energiewende. Das zeigen weitere der jetzt bekannt gewordenen Maßnahmen. Dem Sparstift zum Opfer fallen soll nämlich auch die Förderung von Photovoltaikanlagen (in Form der Umsatzsteuerbefreiung). Im Ö1-Mittagsjournal wird das mögliche Einsparpotential mit rund 300 Millionen Euro beziffert.
Dabei wurden im Jahr 2024 wurden so viele Photovoltaikanlagen wie noch nie errichtet. Bis 2030 sollen laut des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Die Stromerzeugung durch Sonnenenergie ist dabei voll auf Kurs. Doch die Generalsekretärin von Oesterreich Energie Babara Schmidt mahnt in Die Presse: “Das ist viel – aber zur Erreichung der Klimaneutralität bei Weitem nicht genug.”
Das Potenzial für den weiteren PV-Anlagenausbau ist in Österreich noch lange nicht ausgeschöpft. Mit den nun angekündigten Einsparungen wird es aber bestimmt nicht leichter, auch nicht für die Handwerksbetriebe, die wohl einer ungewissen Zukunft gegenüberstehen.
E-Autos werden teurer
“Österreich ist eine Autonation”, verkündete der damalige Kanzler Karl Nehammer 2023 bei seiner “Rede zur Zukunft der Nation”. Dass er damit nicht unbedingt Elektroautos meinte, konnte man schon vermuten. Schließlich forderte Nehammer auch das “Aus für das Verbrenner-Aus”. Auch die Klimaschutz-feindliche FPÖ ist offenkundig keine Freundin der alternativen Antriebstechnologie.
Wenig überraschend einigten sich Schwarz und Blau laut Bericht darauf, die steuerlichen Begünstigungen für den Kauf eines E-Autos abzuschaffen. Details über genaue Maßnahmen oder das mögliche Einsparungspotential wurden nicht genannt.
Bisher sind E-Autos – wie auch Wasserstoffautos – von der Normverbrauchsabgabe (NOVA) sowie von der motorbezogenen Versicherungssteuer ausgenommen. Außerdem ist für Unternehmen ein Vorsteuerabzug möglich. Bis 40.000 Euro Anschaffungskosten uneingeschränkt, bis 80.000 Euro teilweise. Wird ein E-Firmenwagen privat genutzt, wird bisher auch kein Sachbezug bei der Lohnsteuer hinzugerechnet.
Mehr Tabaksteuer, Glücksspielabgabe, Digitalsteuer
Erhöhungen bei Massensteuern und neue Steuern, da wollte Herbert Kickl deutlich sein, werde es nicht geben. “Wer behauptet, dass es mit neuen Steuern besser geht, der ist kein Arzt, der Österreich kuriert, sondern ein Scharlatan”, schloss er vermögensbezogene Steuern oder die Erhöhung der Mineralöl- und Körperschaftssteuern kategorisch aus.
Das Mittel der Wahl seien hingegen Maßnahmen gegen Steuerflucht und das Schließen von Steuerschlupflöchern. Davon ist bisher nichts zu erkennen. Aber: Laut Bericht haben sich die Verhandler:innen darauf geeinigt, Tabaksteuer, Glücksspielabgabe und Digitalsteuer zu erhöhen oder deren Geltungsbereich zu vergrößern. Laut Ö1-Mittagsjournal soll das mehrere 100 Millionen Euro in das angeschlagene Budget spülen.
Die heute bekannt gewordenen Maßnahmen waren der Anfang und sollen für 2025 gelten – also das erste Sanierungsjahr. Die Maßnahmen sind treffsicher gewählt: Treffsicher gegen kleine und mittlere Einkommen und gegen den Klimaschutz.
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