Die neue US-Administration hat zu Trumps Amtseinführung diverse Parteien der extremen Rechten eingeladen, darunter die AfD, und so ihre Normalisierung sowie ihre transatlantische Vernetzung gefördert.
(Eigener Bericht) – Die neue US-Administration hat der AfD und weiteren extrem rechten Parteien aus Europa bei der Amtseinführung von Präsident Donald Trump eine Bühne zur weiteren Verankerung und zur transatlantischen Vernetzung geboten. Zu dem weltweit beachteten Großevent war unter den Staats- und Regierungschefs der EU lediglich die am weitesten rechts stehende, Giorgia Meloni, eingeladen. Es kamen noch Vertreter etwa des belgischen Vlaams Belang, der spanischen Partei Vox, der französischen Partei Reconquête! und – von außerhalb der EU – der britischen Partei Reform UK hinzu. Auch die AfD war mit zweien ihrer Spitzenfunktionäre in der US-Hauptstadt vertreten. Ihre Präsenz bei Trumps Amtseinführung wirkt ihrer bisherigen Ausgrenzung durch das Polit-Establishment entgegen und bindet sie zugleich ein Stück weit in das transatlantische Beziehungsnetzwerk ein. Dabei entstehen erste Grundrisse einer transatlantischen extremen Rechten. Die Trump-Administration, die diese Entwicklung vorantreibt, wird derzeit von Tech-Oligarchen wie Elon Musk unterstützt, die zu den reichsten Menschen der Welt gehören. Einige von ihnen vertreten offen antidemokratische Ideologien.
Meloni in der Schlüsselrolle
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war die einzige unter den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten, die eine offizielle Einladung zu Donald Trumps Amtseinführung am Montag erhalten hatte. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der Trump politisch ziemlich nahesteht, war nicht eingeladen. Meloni hatte Trump bereits am 4. Januar in Mar-a-Lago besucht und sich dort mit ihm ausgetauscht; sie gilt als prädestiniert für die Rolle der Vermittlerin zwischen dem neuen US-Präsidenten und der EU in den absehbar nahenden Konflikten. Bei Trumps Amtseinführung präsent waren Spitzenfunktionäre diverser Parteien, die mit Melonis Fratelli d’Italia eine Fraktion im Europaparlament unterhalten (die European Conservatives and Reformists, ECR), so etwa der frühere Ministerpräsident Polens, Mateusz Morawiecki von der Partei PiS (Prawo i Sprawiedliwość), sowie George Simion, der Vorsitzende der rumänischen Rechtspartei AUR (Alianța pentru Unirea Românilor). Darüber hinaus waren Politiker von Parteien präsent, die im Europaparlament eine Fraktion mit Orbáns Partei Fidesz bilden (Patriots for Europe, PfE), etwa die Vorsitzenden des belgischen Vlaams Belang, Tom Van Grieken, der spanischen Partei Vox, Santiago Abascal, sowie der portugieschen Partei Chega!, André Ventura.[1]
Nigel Farage und Éric Zemmour
Bei den Feierlichkeiten in Washington zugegen waren außerdem extrem rechte Politiker aus den drei größten Staaten Westeuropas – Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Aus Großbritannien war insbesondere Nigel Farage angereist, der Vorsitzende der Partei Reform UK, der Trump seit Jahren persönlich kennt und zuletzt von Elon Musk erst offen unterstützt, dann ungewöhnlich scharf attackiert wurde. Farage ist zur Zeit bestrebt, sein Verhältnis zu Musk wieder ins Lot zu bringen. Angereist waren außerdem zwei Politikerinnen vom rechten Flügel der Conservative Party, Ex-Premierministerin Liz Truss und Ex-Innenministerin Suella Braverman. In Frankreich hatten Éric Zemmour und Sarah Knafo von der Partei Reconquête! Einladungen erhalten, nicht aber die Führung des Rassemblement National (RN) um Marine Le Pen und Jordan Bardella.[2] Zemmour hatte vor einigen Jahren als Zukunftshoffnung der extremen Rechten in Frankreich gegolten; unterstützt von dem Milliardär Vincent Bolloré, hatte er bei der Präsidentenwahl im April 2022 zwar nur sieben Prozent erhalten, seine besten Resultate aber in Pariser Nobelvierteln wie etwa dem 16. Arrondissement oder an der Côte d’Azur erzielt. Gegen den rasant erstarkenden RN konnten Zemmour und seine Partei Reconquête! sich allerdings letzten Endes nicht durchsetzen.
Die AfD
Aus Deutschland schließlich waren mehrere Funktionäre der AfD eingeladen, die traditionell ein schwieriges Verhältnis zu den Vereinigten Staaten hat. Allerdings genießt Trump bei ihr beachtliche Sympathien. Eine Anfang Dezember durchgeführte Umfrage ergab, dass 54 Prozent der AfD-Anhänger sich dafür aussprachen, die Bundesregierung solle sich gegenüber der Trump-Administration nicht skeptisch zurückhalten, sondern vielmehr auf sie zugehen. Der Anteil der AfD-Anhänger, die dies forderten, war erheblich größer als der Anteil bei allen anderen Parteien (FDP: 37 Prozent; CDU/CSU: 34 Prozent; SPD: 24 Prozent; Grüne: 23 Prozent).[3] Zu Trumps Amtseinführung eingeladen war insbesondere AfD-Bundessprecherin Alice Weidel, die am 9. Januar ein öffentliches Onlinegespräch mit Elon Musk geführt hatte; Musk hatte sie dabei sehr wohlwollend gelobt. Weidel erklärte allerdings, aufgrund des Wahlkampfs in Deutschland unabkömmlich zu sein, und ließ ihrem Ko-Bundessprecher Tino Chrupalla den Vortritt. Chrupalla gehört demjenigen Parteiflügel an, der größere Vorbehalte gegen eine Kooperation mit den Vereinigten Staaten hat. Er äußerte explizit Kritik an Trumps Politik, ließ sich aber auf die Teilnahme an dessen Amtseinführung ein. Begleitet wurde er von der stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion Beatrix von Storch.
Einbinden und vernetzen
Ihre öffentlichkeitswirksame Teilnahme an Trumps Amtseinführung hilft den Parteien der extremen Rechten in Europa, ihre Normalisierung energisch voranzutreiben. Auf EU-Ebene ist der Prozess bereits ein gutes Stück fortgeschritten; insbesondere Meloni, ihre Partei Fratelli d’Italia und andere Parteien der ECR-Fraktion sind inzwischen weitgehend in das politische Establishment der Union integriert.[4] Bei den Parteien der PfE-Fraktion oder bei der AfD ist das noch nicht der Fall; sie können nun aber vielleicht auf gewisse Fortschritte hoffen. Die Reise nach Washington bot ihnen zudem die Möglichkeit, sich international und vor allem auch transatlantisch zu vernetzen. Dies ist keineswegs selbstverständlich; in der extremen Rechten Europas sind traditionell eher prorussische als transatlantische Positionen verankert. An Trumps Amtseinführung nahmen auch Politiker der äußersten Rechten aus Lateinamerika teil, darunter Eduardo Bolsonaro, Sohn von Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der aufgrund eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens Brasilien nicht verlassen darf, sowie Argentiniens Präsident Javier Milei. Milei ist ebenfalls um eine transatlantische Vernetzung mit Europas extremer Rechter bemüht; er hat dazu Auftritte zum Beispiel in Spanien, aber auch in Deutschland absolviert (german-foreign-policy.com berichtete [5]).
„Das nicht denkende Volk“
Die Trump-Administration, die diese Entwicklung vorantreibt, wird zur Zeit von Tech-Oligarchen wie etwa Elon Musk unterstützt. An Trumps Amtseinführung nahmen mit Musk, Jeff Bezos (Amazon) und Mark Zuckerberg (Meta/Facebook) die drei reichsten Menschen der Welt teil. Zu Trumps frühen Unterstützern gehörte schon während seiner ersten Amtszeit der Tech-Milliardär Peter Thiel. Thiel war ehedem an der Gründung nicht nur von PayPal, sondern auch von Palantir beteiligt, einem Tech-Konzern, der auf die Analyse riesiger Datenmengen spezialisiert ist und dabei insbesondere den US-Geheimdiensten sowie dem US-Militär zuarbeitet. Thiel, der am Samstag in Washington Trumps Milliardärs-Umfeld auf einer Party anlässlich der bevorstehenden Amtseinführung versammelte, gilt als politischer Mentor von Vizepräsident JD Vance. Er hat im April 2009 einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er schrieb, „die gewaltige Aufgabe“ bestehe heute darin, Auswege nicht nur „aus den totalitären und fundamentalistischen Katastrophen“, sondern auch aus der „sogenannten ‘Sozialdemokratie‘“ zu finden, die von einem „nicht denkenden Volk“ gesteuert werde. „Ich glaube nicht mehr“, bekannte Thiel, „dass Freiheit und Demokratie vereinbar sind.“[6]
Mehr zum Thema: Ein Oligarch für die AfD und Ein Oligarch für die AfD (II).
[1] Nicholas Vinocur, Nahal Toosi: Who’s been invited? World’s far right populists pack guest list for Trump’s inauguration. politico.eu 16.01.2025.
[2] Lucas Minisini: Investiture de Donald Trump : les grandes manœuvres de Sarah Knafo pour se faire inviter avec Eric Zemmour. lemonde.fr 18.01.2025.
[3] Sollte die Bundesregierung aktiv auf Trump zugehen oder eher abwarten? In: Internationale Politik Januar/Februar 2025. S. 5.
[4] S. dazu Die Brandmauer rutscht, Die Brandmauer rutscht (II) und Die Brandmauer bricht.
[5] S. dazu Milei auf Europareise (I) und Milei auf Europareise (III).
[6] Peter Thiel: The Education of a Libertarian. cato-unbound.org 13.04.2009.