Wenn manche Gruppen im öffentlichen Raum unerwünscht sind, lässt der sich fast unbemerkt passend gestalten. “Hostile Design” ist immer häufiger ganz normal, sagen Expert:innen und Betroffene. Und es geht weiter über unbequeme Bänke hinaus.

Paula Dorten für Moment.at

Der Himmel ist blitzblau. Der Praterstern ist gar nicht voll, der morgendliche Ansturm schon vorüber. Für die meisten Menschen ist es ein Verkehrsknotenpunkt. Für andere ist es das Wohnzimmer. Das war es auch für Martin, als er einst wohnungslos war. Heute erzählt er bei Touren anderen davon, wie das war. Und was sich geändert hat. Der Praterstern etwa, wurde auch zum Paradebeispiel für das, was Martin “menschliche Taubenabwehr” nennt.

Expert:innen nennen es “hostile architecture” oder feindliche Architektur. Der öffentliche Raum wird dabei so gestaltet, dass er bestimmte gesellschaftliche Randgruppen vertreibt. Und das hat viele Gesichter.

Martin sind damals als Erstes die Mittellehnen auf Bänken aufgefallen. Zuerst hat er das für einen Trend gehalten. “Dann hat mich ein Freund gefragt, ob ich eigentlich blöd bin”, erzählt er, “schließlich ist es offensichtlich dafür gedacht, um Menschen vom Schlafen darauf abzuhalten”. Denn diese Bänke lassen das nicht zu – anders als aufrecht sitzen kann man darauf nicht.

Mit Mittellehnen hat es also angefangen. Und damit noch längst nicht aufgehört. Am Praterstern findet man die ganze Palette. Um die Bäume schließen sich kreisförmige Bänke. Die Sitzflächen sind angewinkelt, wer sich da niederlässt, rutscht ab. “Liegen können hier höchstens Seitenschläfer”, meint Martin. Die großen runden Steine bei der kleinen Grünfläche sind sowieso viel zu glatt. Schon das Sitzen erfordert Balance. “Das ist menschenunwürdig”, findet Martin.

Wir gehen vom Bahnhofsvorplatz durch die Unterführung. Dort hat ein Mistkübel nur einen schmalen Schlitz. Etwas darin entsorgen kann man. Nach Entsorgtem suchen – etwa Essen oder nicht ganz abgebrannten Tschick-Stummel – kann man aber nicht. Die Hand passt nicht hinein, zeigt Martin. “Schon schlimm, dass man uns sogar den Müll nicht gönnt”, meint er.

Im Bahnhof selbst gibt es sowieso kaum Sitzmöglichkeiten. Obdachlose Menschen werden regelmäßig von den Treppen verscheucht. Auch die Bänke auf den Bahnsteigen sind durch Schlitze oder Lehnen getrennt. Liegen kann man auch auf ihnen nicht.

Dann gibt es noch die gläsernen Wartehäuschen auf den Bahnsteigen, die vor Wind und Kälte schützen sollen. Aber der pfeift durch. Martin zeigt auf die Gummidichtungen. Jeweils fehlt oben und unten ein gutes Stück. Ob da Gummi gespart wurde, fragt sich Martin. Oder soll das verhindern, dass Obdachlose dort schlafen, wenn ihnen kalt ist?

Als der öffentliche Raum neoliberal wurde

Die Umgestaltung des Pratersterns ist recht neu – feindliche Architektur gibt es aber schon lange. Sie kam im Gleichschritt mit der Neoliberalisierung der Städte seit den 1980er-Jahren, erklärt Alexander Hamedinger. Er ist Professor für Soziologie am Institut für Raumplanung an der TU Wien.

Städte werden seither immer weniger als gemeinschaftlicher Wohnraum, sondern immer mehr als Unternehmen betrachtet. Ihre Gestaltung ist an Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, das ökonomische Ziel stehe über allen anderen.

Das Außenbild der Stadt soll für Tourist:innen und Konsument:innen attraktiv sein. Der öffentliche Raum vermarktet. Bestimmte soziale Gruppen sind dann nicht mehr erwünscht und werden verscheucht.

Das macht etwas mit denen, die davon betroffen sind. “Die Stadt gibt Geld dafür aus, damit ich mich schleiche”, meint Martin, “wenn dir das bewusst wird, tut das weh. Du wirst wie Dreck angeschaut.“

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