Die Verhandlungen um das EU-Mercosur-Abkommen haben Jahrzehnte gedauert. Anfang 2024 galt das Abkommen als gescheitert. Nun wurde doch ein Beschluss verkündet. Wie kam es dazu?

für moment.at

Mercosur steht für “Mercado Comun del Sur“ (Gemeinsamer Markt des Südens) und umfasst fünf Staaten in Südamerika. Seit 25 Jahren steht ein Freihandelsabkommen zwischen ihnen und der EU im Raum. Es ist der größte Freihandelsdeal bisher und betrifft fast 800 Millionen Menschen. An sich ist eine Zusammenarbeit zwischen Staaten nicht schlecht – solange es eine gute Sozial- und Klimapolitik auf allen Seiten stärkt. So ist das beim Mercosur-Pakt aber nicht. Er wird schwerwiegende Auswirkungen auf Klimaschutz und Arbeitsrechte haben, fürchten Kritiker:innen.

Was das Mercosur Abkommen ist und welche Kritik es daran gibt, liest du hier: 

Umstrittenes EU-Mercosur-Abkommen scheitert: Frankreich fordert Ende der Verhandlungen

Voreilig beschlossen

EU-Kommissionspräsidentin Van der Leyen ist zum Mercosur-Gipfel nach Uruguay gereist, um eine Zusage für den Deal zu verlautbaren. Über die Köpfe der EU-Staaten hinweg.

Ganz so voreilig scheint sich das aber doch nicht durchsetzen zu lassen, denn eigentlich müssen alle EU-Mitgliedstaaten dem Abkommen für eine Umsetzung zustimmen. Aller Voraussicht nach werden sie das nicht tun.

Doch die Kommission könnte die Bedingung auch umgehen, das Abkommen jetzt in einen politischen und einen Handelsteil aufspalten und sich damit um die Vetos herumwursteln. Denn für ein reines Handelsabkommen reicht die Zustimmung der Mehrheit. Ob das rechtlich möglich ist, ist aktuell noch offen. Und daher ist der Beschluss bloß für die Kommision fix – nicht aber für die Mitgliedstaaten.

Mauer gegen Handelsdeal

Es wehrten und wehren sich immer noch einige EU-Staaten gegen eine Verabschiedung des Freihandelsabkommens. Auch Italien hat erst am Donnerstag (05.12.24) Einspruch erhoben.

Österreich ist wegen eines Parlamentsbeschlusses seit 2021 sogar zum Widerstand gegen das Abkommen verpflichtet. Bisher galt das französische Veto als das Wichtigste. Doch die Regierung Frankreichs bröckelt. Damit auch ihre politische Macht in der EU und die Mauer gegen den Handelsdeal. Währenddessen drängte die deutsche Bundesregierung auf einen Beschluss, denn sie erhofft sich einen Anstieg der Automobilindustrie-Exporte.

Widerstand aus Wirtschaft, Landwirtschaft und von Sozialpartnern

In Österreich ist der Widerstand laut: Bauernbund und Landwirtschaftskammer wehren sich, denn die Rindfleischimporte aus Südamerika könnten laut EU-Kommission um 64 Prozent ansteigen. Mit den billigen Fleischpreisen könne die heimische Landwirtschaft nicht mithalten.

Auch Gewerkschaft und Arbeiterkammer sind gegen das Abkommen. In Mercosur-Ländern sind die Arbeitsbedingungen schlecht und die Löhne niedriger. Das kann auch die Regelungen in EU-Ländern unter Druck setzen, wenn sie mit den Preisen nicht mehr mithalten können. Arbeitsrechte wären in Gefahr.

Freie Bahn für Klimaschäden

Für die Produktherstellung gibt es in Südamerika außerdem kaum Klima- oder Umweltschutzauflagen. In der EU längst verbotene Pestizide sind dort noch erlaubt. Unter dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva ging die Rodung des Amazonas in jüngster Vergangenheit zurück. Er hat angekündigt, sie bis 2030 auf null zu senken. Durch das Abkommen könnten Regenwaldrodungen wieder angefacht werden.

87 % der Österreicher:innen gegen das Abkommen

Doch nicht nur Wirtschaft, Landwirtschaft, Gewerkschaften und NGOs sind gegen das Mercosur-Abkommen. Laut einer repräsentativen Umfrage sind auch 87 % der Österreicher:innen dagegen. Greenpeace fordert deshalb von der künftigen Regierung, den Widerstand gegen das EU-Mercosur im Regierungsprogramm zu verankern.

Die Einwände von Kritiker:innen streitet die EU-Kommission vehement ab. Van der Leyen behauptet sogar, das Abkommen spiegele die Werte der EU und das Engagement für den Klimaschutz wider. Klingt nach heißer Luft.

Die von Moment.at verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-SA 4.0. Inhalte dürfen demnach ohne Rückfrage übernommen werden.

Der Originalartikel kann hier besucht werden