In der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin fand am 8. und 9. Dezember ein Gegen-Gas-Gipfel als Reaktion auf den World LNG Summit statt. Internationale Teilnehmende wiesen auf diesem Gipfel auf die unzureichende Aufklärung über die Gefahren im Zusammenhang mit dem Transport, der Lagerung und Verarbeitung sowie die umweltschädlichen Auswirkungen von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) hin.

Von Roland Herzig

Ein weiteres Thema waren die Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen, Unfallgefahren, die bei der Förderung von Erdgas sowie beim Transport durch Pipelines an die Küsten auftreten, wo es in Flüssigerdgas (LNG) umgewandelt und anschließend über Häfen weltweit verschifft wird. Die Umweltorganisation Urgewald hat eine umfangreiche Datenbank erstellt, die aufzeigt, dass vermeintlich als umweltfreundlich deklarierte Fonds durch die mit LNG verbundenen Umweltbelastungen nicht als nachhaltige Investitionen angesehen werden können. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass LNG nicht zu dem angestrebten gerechten Energiewandel beiträgt.

Die Forderung nach einem Bann von russischem LNG könnte kritisch betrachtet werden – sie ist grundsätzlich unterstützenswert, doch ähnliche Sanktionen, wie etwa das Verbot russischer Kohle, haben in der Vergangenheit nicht zwangsläufig zu Verbesserungen in den betroffenen Regionen geführt. Ein Beispiel dafür sind die Wayuu in Kolumbien, deren angestammtes Gebiet weiterhin von Kohletransporten durchquert wird. Die Ausbeutung ihrer Ressourcen wird fortgesetzt, ohne dass sich ihre Lebensbedingungen verbessern. Bei einer anderen Veranstaltung, «Energiewende für wen und auf wessen Kosten?» in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, wurde deutlich, dass auch die geplanten Geschäfte mit der in ihrem Gebiet erzeugten Energie mit Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen einhergehen werden – eine Fortsetzung der Missstände, die bereits beim Kohleabbau sichtbar wurden.

Die Forderung der ukrainischen Delegation (Razom We Stand) nach der Durchsetzung von Sanktionen gegen russisches Gas, einschließlich Flüssigerdgas (LNG), ist gut nachvollziehbar, grundsätzlich zu unterstützen. Doch bei diesem „Gegen-Gas-Gipfel“ wurde deutlich, auf wessen Kosten diese Sanktionen gehen könnten und wer davon profitieren würde. Eine zentrale Frage, die gestellt werden sollte, ist, ob die Ukraine tatsächlich ein Interesse daran hat, gegen die Profiteure des LNG-Booms insgesamt vorzugehen, oder ob es ausschließlich darum geht, russisches LNG zu sanktionieren, um ihre Unterstützer zu stärken. Diese Vorgehensweise spiegelt eine Politik wider, die vom sogenannten Wertewesten vertreten wird, aber in Teilen des sogenannten globalen Südens als neokolonialistisch wahrgenommen wird.

Eine Delegation aus Kanada präsentierte einen Dokumentarfilm, der den Kampf der First Nations gegen die Ausbeutung ihres Landes beleuchtet. Der Film zeigt ihre Bemühungen, ihr Land vor der Zerstörung zu schützen, und macht deutlich, mit welchen Mitteln Konzerne – unterstützt von der kanadischen Regierung – die Rechte dieser indigenen Völker untergraben. Bis in die 1970er-Jahre erkannte die kanadische Regierung den First Nations nicht einmal das Recht auf Existenz zu. Aus der Distanz betrachtet entsteht der Eindruck, dass ihr Weiterbestehen bis heute nicht wirklich erwünscht ist.

Eine gerechte Energiewende, die Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen verhindert, wird von uns allen viel verlangen – insbesondere von den Menschen im sogenannten globalen Norden. Vor allem wir privilegierten weißen Menschen müssen uns den tatsächlichen Herausforderungen stellen und bereit sein, auf die Privilegien zu verzichten, die wir uns historisch bedingt weiterhin erlauben, in Anspruch zu nehmen.

Zu den teilnehmenden Organisationen gehörten unter anderem das Natural Resources Defense Council (NRDC), die Deutsche Umwelthilfe, Campaign for the Environment, For a Better Bayou, das Freeport Haven Project, Block Gas, Ende Gelände, Urgewald, Arayara, Don’t Gas Africa, Powershift, Razom Westand, NABU, BUND, die Interventionistische Linke, CIEL, Greenpeace, Conexiones Climáticas und medico international. Diese Gruppen führten zahlreiche Workshops zum Thema LNG durch und beleuchteten dabei verschiedene Aspekte der Problematik.

Was bleibt, sind eindrückliche Erkenntnisse darüber, dass die Politik des sogenannten Wertewestens weiterhin auf der Ausbeutung unseres Planeten basiert. Sie scheint sich weniger um universelle Menschenrechte zu drehen, sondern vielmehr um Rechte, die vorwiegend privilegierten weißen Bevölkerungsgruppen zugutekommen. Der Schutz der Menschenrechte und kultureller Vielfalt scheint nur dann Priorität zu haben, wenn er mit den Interessen des Kapitalismus vereinbar ist.

Für weiterführende Informationen und einen tieferen Einblick in die Themen und Organisationen rund um den Gegen-Gas-Gipfel gibt es hier einige interessante Links: