Die zweite Woche des Filmfestivals der Menschenrechte in Neapel war geprägt von zahlreichen Veranstaltungen, die dem Frieden und der Gewaltfreiheit gewidmet waren. Mit einem reichhaltigen und inspirierenden Programm setzte das Festival ein starkes Zeichen.

Besonders beeindruckend waren die Veranstaltungsorte, darunter die Biblioteca Annalisa Durante im Spazio Comunale an der Piazza Forcella, benannt nach einem jungen Mädchen, das auf tragische Weise als unschuldiges Opfer einer Abrechnung zwischen Camorristi ums Leben kam. Auf Initiative ihres Vaters finden dort seit zwanzig Jahren Workshops sowie kulturelle und soziale Aktivitäten statt. Weitere Veranstaltungsorte waren die Universität L’Orientale und das Cinema Vittoria.

Maurizio Del Bufalo, der unermüdliche Organisator des Festivals, betonte die Bedeutung der Förderung einer Kultur des Friedens durch Bildung und berufliche Perspektiven. Diese Bemühungen sollen nächstes Jahr in einer fünftägigen Sommerschule zu Ehren von Mario Paciolla gipfeln, die in Zusammenarbeit mit Universitäten, privaten Institutionen, Friedensschulen und NGOs organisiert wird.

Das Festival begann am 18. November mit einem Treffen zu Ehren von Danilo Dolci. Seine Tochter Daniela erinnerte an die Atmosphäre der Offenheit und Inspiration, die das Zentrum für Studien und Initiativen in Trappeto in den 1970er und 1980er Jahren ausstrahlte. Sie beleuchtete auch die Herausforderungen der Vernachlässigung nach Dolcis Tod 1997 und das neue Wiederaufbauprojekt, das bereits erste Erfolge verzeichnet. Ziel ist es, dem Borgo Danilo Dolci seine Rolle als Treffpunkt für Frieden und Gewaltfreiheit zurückzugeben und eine neue Generation von Aktivist*innen und Fachleuten im Bildungs-, Kultur- und Sozialbereich zu inspirieren.

Der Schauspieler Enzo Salomone rezitierte bewegende Gedichte und Auszüge aus dem Buch von Danilo Dolci, die dessen bleibende Relevanz unterstrichen.

Am Dienstag, den 19. November, fand ein weiteres Treffen mit Eszter Koranyi und Rana Salman von Combatants for Peace statt, begleitet von Luisa Morgantini und Daniela Bezzi, der Herausgeberin des Buches, das dieser außergewöhnlichen Erfahrung ehemaliger Feinde gewidmet ist, denen es durch ihre Zusammenarbeit und die Wiederbelebung ihrer gemeinsamen Menschlichkeit gelungen ist, die israelische Angst vor der Vernichtung und den palästinensischen Hass auf die Besatzer zu überwinden.

Sie Schilderung von Luisa Morgantini führt uns zurück zu den ersten geheimen Treffen im dramatischen Kontext der zweiten Intifada, zu dem Willen, aus der Spirale der Gewalt auszubrechen und gemeinsam für die kollektive Befreiung zu kämpfen. Wie bei den Treffen, die bereits in anderen Städten stattgefunden haben, sprechen wir vom gemeinsamen Widerstand, von der riskanten Verpflichtung, die palästinensischen Bauern und Hirten vor der zunehmenden Gewalt der Siedler im Westjordanland zu schützen, von der Schwierigkeit, Gemeinschaften zusammenzubringen, die sich ohne Berührungspunkte, mit falschen und verunglimpfenden Bildern von der „anderen Seite“ auseinander entwickeln. Genau aus diesem Grund, so Estzer, habe sie für ihre Tochter eine zweisprachige Schule in Jerusalem gewählt, in der die Kinder Arabisch und Hebräisch lernen. Die immer wieder gestellte Frage nach einer möglichen Lösung des Konflikts (zwei Staaten, ein Staat, andere Ideen?) wird kurz und bündig beantwortet: Zuerst sollten wir einen Waffenstillstand und ein Ende der Besatzung erreichen. Dann ist es an den Völkern, einen Weg zu finden, in Frieden und mit gleichen Rechten für alle zu leben.

Am Mittwoch, den 20. November fand vormittags im Cinema Vittoria ein Treffen mit Hunderten von Schülern aus verschiedenen Gymnasien in Neapel und Umgebung statt. Rana berichtete über das Leben in der Westbank nach dem 7. Oktober. Bethlehem, wo sie lebt, ist zu einer Geisterstadt geworden, in die keine Touristen mehr kommen, so dass viele ihre Arbeit verloren haben und auswandern mussten. Ständige Checkpoints und Kontrollen, Schläge, Verhaftungen, Administrativhaft ohne Gerichtsverfahren, zunehmende Siedlergewalt, Angst und Unsicherheit zeichnen ein Bild, in dem die Präsenz von israelischen, palästinensischen und internationalen Aktivisten zum Schutz der palästinensischen Bauern und Hirten immer wichtiger – und riskanter wird, wie der Mord an einem türkisch-amerikanischen Aktivisten zeigt. Schweizer Fernsehbilder zeigen eine immer gewalttätigere Realität der ständigen Aggression durch Siedler, die von der israelischen Armee unterstützt werden.

Am Nachmittag kommen Stimmen aus der Zivilgesellschaft zu Wort, insbesondere von der Operazione Colomba, die in den letzten 20 Jahren 2.500 Menschen in Konfliktgebiete (Westjordanland, Libanon, Kolumbien, Syrien, Griechenland und Chile) gebracht hat, um die Lebensbedingungen von verfolgten Gemeinschaften, Migranten und Flüchtlingen zu teilen.

Der Film No other land, ein echter Schlag in die Magengrube, über die Zerstörung von Häusern in Masafer Yatta im Westjordanland, wurde gezeigt: Die Arroganz und Grausamkeit der israelischen Soldaten, die grundlose und wiederholte Zerstörung werden mit dem gewaltlosen Widerstand und der Liebe der Palästinenser zu ihrem Land kontrastiert. Der Bericht von Luisa Morgantini über die Bemühungen von Assopace Palestina, einigen Kindern des Dorfes das Studium zu finanzieren, entschädigt zumindest teilweise für das Entsetzen und die Empörung, die der Film hervorruft.

Am Donnerstag, den 21. November, kehren wir am Vormittag ins Cinema Vittoria zurück, um mit Lorena Orozco und Cristina Santoro ein Treffen von Schülern verschiedener Gymnasien aus Neapel und Umgebung zu organisieren, um über den 3. Weltmarsch für Frieden und Gewaltfreiheit zu sprechen. Ein kurzer Film zeigt die Ansprache von Rafael de la Rubia, dem Initiator und Koordinator des Marsches, anlässlich des Starts des 3. Weltmarsches in Costa Rica, einem Land ohne Armee, „das dem Rest der Welt den Frieden erklärt hat“, und unterstreicht die Dringlichkeit des Engagements für Frieden, Gewaltfreiheit und Abrüstung in diesem dramatischen Moment für die Menschheit. Die Schilderungen von Lorena und Cristina, die zum Basisteam der Freiwilligen gehören, die in den letzten Monaten aus eigener Kraft durch verschiedene Länder gereist sind, vermitteln den Geist der Einheit und der Hoffnung, der die Ereignisse des Marsches belebt.

Alice Pistolesi vom Atlas der Weltkriege und Konflikte beschreibt die Erfahrungen dieser unabhängigen Gruppe von Journalist*innen und Fotograf*innen, die sich entschieden haben, über Kriege zu berichten, indem sie deren Schrecken anprangern.

In einem schnellen Austausch von Fragen und Antworten mit den Schülern wird die Realität von mehr als 50 aktuellen Konflikten (von denen viele völlig unbekannt sind), in denen 90% der Opfer Zivilisten sind, sowie die Bedeutung von Begegnungen in Schulen, um ihre Geschichten zu erzählen, deutlich.

Rita Vittori vom Studienzentrum Sereno Regis in Turin prangerte die zunehmende Militarisierung der Schulen an, wobei Vereinbarungen zwischen dem Verteidigungs- und dem Bildungsministerium darauf abzielten, militärische Karrieren zu glorifizieren, den Krieg als „normale“ Lösung von Konflikten darzustellen und Schüler mit attraktiven Karriereaussichten anzuziehen. Er beschreibt ein über vierzigjähriges Engagement, das den Kampf für Kriegsdienstverweigerung, Frieden und Gewaltfreiheit, die Arbeit mit Verbänden und lokalen Behörden sowie Projekte in Schulen dokumentiert.

Luigi Ferraioli, emeritierter Professor für Rechtsphilosophie, erweiterte den Diskurs, indem er das Konzept einer Verfassung für die Erde vorstellte, die „der einzige Weg ist, den Planeten zu retten, die wachsenden Ungleichheiten und den Tod von Millionen von Menschen in der Welt durch Hunger und Mangel an Medikamenten zu bekämpfen, das Drama der erzwungenen Migration zu bewältigen und sich gegen die grausamen Mächte zu verteidigen, die mit ihren Atomwaffen die Sicherheit ganzer Bevölkerungen bedrohen“.

All diese Themen wurden in der Nachmittagsveranstaltung im Palazzo Corigliano der Universität L’Orientale unter der Leitung von Angelica Romano von Un Ponte per wieder aufgegriffen. Am Ende der Veranstaltung fasste Professor Ferraioli das zentrale Thema des Marsches treffend zusammen: Die Garantie für den Frieden ist die Ächtung der Waffen (nicht nur der Atomwaffen), ohne die Kriege unmöglich wären.

Das Überleben der Menschheit steht auf dem Spiel, und wir alle müssen dazu beitragen, dies ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.

Bilder von Daniela Bezzi, Ileana Bonadies und Alice Pistolesi. Übersetzung aus dem Italienischen von Reto Thumiger vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!