Daniela Gschweng für die Online-Zeitung INFOSperber.
Es gibt Worte, die gibt es nur auf Deutsch. Auch in den USA sagt man «Gemütlichkeit», «Doppelgänger», «Wunderkind», «Zeitgeist» und – ganz neu – «Dunkelflaute».
Dunkelflaute ist, wenn nachts kein Wind weht. Das heißt, dass keine erneuerbare Energie aus Wind und Sonne erzeugt werden kann. Ein Angstszenario von beträchtlicher politischer Hebelwirkung, das bisher größtenteils unbegründet ist. Begegnen kann man der Dunkelflaute mit Speichertechnologien. Auch das ist jenseits des Atlantiks angekommen, und zwar bemerkenswert schnell.
Von null auf 20 Gigawatt in vier Jahren. Tendenz: stark steigend
Noch vor wenigen Jahren gab es in den Vereinigten Staaten so gut wie keine Stromspeicher. In den letzten vier Jahren hat sich das rapide geändert. Seit 2020 wurden nach Angaben der US Energy Information Admistration (EIA, nicht zu verwechseln mit der Internationalen Energieagentur IEA) mehr als 20 Gigawatt Speicherkapazität im US-Stromnetz installiert, davon 5 Gigawatt zwischen Januar und Ende Juli diesen Jahres.
In nur vier Jahren sei so die Kapazität von 20 Nuklearreaktoren ans Netz gegangen. Bis 2025 könnten es nach einer Prognose vom Januar mit 40 Gigawatt schon doppelt so viel sein. Das sei ein «außerordentliches Wachstum», zitiert der «Guardian» den Leiter der Stelle für Zuverlässigkeitsbewertung und Leistungsanalyse bei der North American Electric Reliability Corporation, John Moura.
Am meisten Batteriespeicher stehen in sonnigen US-Staaten
Die größten Speicheranlagen der USA stehen in den Wüsten- und Sonnenstaaten Kalifornien (7,3 GW), Texas (3,1 GW) und Arizona (0,8 GW). Die Batterien helfen, die große Menge an Solar- und Windenergie zu verwalten, die diese Staaten in den letzten Jahren hinzugefügt haben. Nach Solaranlagen sind Batteriespeicher die Technologie mit dem größten Wachstum im US-Stromnetz. Kalifornien und Texas verzeichneten Anfang Oktober die bisher höchste Batteriestromabgabe ans Netz.
« [Stromspeicher sind] immer noch eine Technologie, an die wir uns gewöhnen müssen, weil das System nicht dafür ausgelegt ist», sagt Moura und lobt die Zuverlässigkeit der Batteriespeicheranlagen. «Batterien können einen Teil der Schwankungen in den Zeiten ausgleichen, in denen der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint», erklärt er. Und natürlich, dass die Deutschen ein Wort dafür haben.
Für Kalifornien haben sich die Speicher schon gelohnt
Für Kalifornien haben sich die Speicheranlagen diesen Sommer schon ausgezahlt. Wo wegen des großen Bedarfs von Klimaanlagen oder Schäden durch Waldbrände früher bei sommerlichen Hitzewellen der Strom rationiert werden musste, lief die Versorgung dieses Jahr flexibel und störungsfrei.
Ein Allheilmittel sind Speicher nicht, das weiß auch Moura. Natürlich kann eine Dunkelflaute auch länger andauern, als die Kapazität eines Speichers abdecken kann. Und für die neuen Schlüsseltechnologien braucht es auch Infrastruktur. Eine Aufgabe, die viele Länder derzeit bewältigen müssen, ist der umfangreiche Ausbau der Übertragungsleitungen – sonst nutzt jede Nachhaltigkeit nichts.
Netzausbau dringend gesucht
Aufwendig sind vor allem die Genehmigungsverfahren, die den Ausbau ausbremsen, nicht nur in den USA. Auch Deutschland hat ein Problem mit der Nord-Süd-Verteilung von Strom und hinkt beim Netzausbau hinterher. US-Umweltorganisationen wie «Environment America» sind jedoch gegen die geplante Lockerung der Vorschriften. Diese würde vor allem den Energiekonzernen nutzen, die fossile Energien einsetzen, argumentieren sie.
Die IEA (International Energy Agency) hingegen sieht enormen Handlungsbedarf. Batteriespeicher seien ein wichtiger Baustein für «weltweit abrufbare Stromkapazität». Bis 2050 würden Speicher voraussichtlich zwei Fünftel des kurzfristigen Strombedarfs weltweit abdecken, prognostiziert die Energieagentur. International wächst der Speichermarkt sehr schnell. Bis spätestens 2040 sollen die USA Europa beim Ausbau überholt haben prognostiziert Statista, vermutlich aber schon in den nächsten Jahren.
Statista schätzt den globalen Markt an Batteriespeichersystemen (Battery Energy Storage Systems, BESS) vom vergangenen Jahr auf 44 bis 55 Milliarden Dollar. Bis 2030 soll er auf 150 Milliarden US-Dollar wachsen.