Am Samstag, den 5. Oktober, fand in Rom eine große und friedliche Demonstration statt (denn friedlich verhielten sich fast alle Demonstrierenden bis zum Schluss), um die Komplizenschaft Italiens mit dem anhaltenden Völkermord in Gaza anzuprangern.

Die Demonstration war zunächst verboten worden, weil das gewählte Datum „das Gedenken an die Opfer des 7. Oktober 2023 beleidigt hätte“. Dies geschah auf Druck zionistischer Kreise, die mit der israelischen Regierung verbunden sind und die behaupteten, im Namen des komplexen und politisch gegliederten Archipels des italienischen Judentums zu sprechen.

Das Verbot und die begleitende Terrorkampagne einiger Zeitungen, Radio- und Fernsehsender hielten Tausende von Menschen nicht davon ab, trotzdem mit Bussen und Privatfahrzeugen nach Rom zu fahren.

Ab diesem Zeitpunkt umgab ein Kordon der Repression die Stadt. Wohlgemerkt, Polizeikontrollen sind legitim, ebenso wie die Durchsuchung und Beschlagnahmung potenziell unzulässiger Waffen, aber darum ging es hier nicht, sonst hätte man die Bürgerinnen und Bürger nach Abschluss der Kontrollen weiterziehen lassen, sich entschuldigt für die Unannehmlichkeiten und ihnen eine gute Demonstration gewünscht.

Laut verschiedenen Zeugenaussagen war die Vorgehensweise stattdessen, um einen wohlwollenden Euphemismus zu verwenden, „behindernd“ und zielte darauf ab, die Ankunft der Demonstranten in Rom unter einem Vorwand zu verzögern – wenn es sich nicht gar um echte Einschüchterung und Repression handelte, etwa die unmotivierte Ablehnung von für diesen Anlass gemieteten Bussen oder von in regulären Bussen reisenden Einzelpersonen, in einigen Fällen, weil sie „Araber“ waren.

Kurz gesagt, es wurde alles versucht, um Tausende von Menschen daran zu hindern, nach Rom zu gelangen, und viele wurden tatsächlich gestoppt oder zurückgewiesen.

An diesem Punkt ließ die Stadtverwaltung von Rom verlauten, dass die Demonstration zwar genehmigt, aber als „statische Kundgebung“ auf dem Piazzale Ostiense verkleinert werden würde, was meiner Meinung nach schon ein politischer Sieg war, den es maximal auszuschöpfen galt.

Der Piazzale Ostiense wurde nämlich nicht zufällig gewählt: Er ist ein „heiliger“ Ort der italienischen Republik, an dem unmittelbar nach dem Waffenstillstand vom 8. September 1943, der Flucht des Königs und Badoglios und der Zerschlagung der königlichen Armee Tausende von Männern und Frauen, Soldat:innen und Arbeiter:innen, eine kräftezehrende Verteidigung der italienischen Hauptstadt gegen die Nazi-Besetzung versuchten.

Dieser Platz füllt sich jeden 25. April, um der Befreiung zu gedenken. Passenderweise war gestern einer der häufigsten skandierten Slogans „Wir sind alle Antifaschisten“, begleitet von „Bella ciao“-Sprechchören, aber die Menge der Demonstrierenden war viel grösser als üblich.

Ich bin zutiefst und im Innersten, existenziell würde ich sagen, gewaltfrei. Was aus meiner Sicht der Sache der unterdrückten Völker wirklich dient, ist, gegen Kriege, für Frieden und Versöhnung zwischen Völkern, die sich bekriegen, zu demonstrieren. Damit werden die Voraussetzungen für einen wahren Frieden geschaffen, der auf Gerechtigkeit und der vollen Achtung der Rechte aller Völker und aller Menschen beruht.

Ich halte es für anachronistisch, den unmöglichen militärischen Sieg einer Gruppe von Widerstandskämpfern auf Kosten zahlloser unterdrückter Menschen zu bejubeln, die zum Märtyrertod verurteilt sind. Zu sagen, dass die palästinensische Revolution am 7. Oktober begann, ist für mich ein historischer Trugschluss und eine gigantische Idiotie.

Es handelte sich um einen Akt der Rebellion gegen die jahrzehntelange illegale Besatzung, die Apartheid, die Diskriminierung, die wiederholten wahllosen Bombardierungen. Aber es war auch und vor allem ein Akt des Gemetzels an der Zivilbevölkerung und ein Vorwand, der geschenkt oder in gewisser Weise geduldet wurde, um Maßnahmen voranzutreiben, die darauf abzielen, die palästinensische Präsenz in den von Israel beanspruchten Gebieten dauerhaft zu beseitigen. Und das sogar um den Preis eines totalen, weltweiten Atomkriegs.

Wie der Internationale Strafgerichtshof uns in Erinnerung ruft, können Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während eines legitimen Befreiungskrieges nicht nur von Besatzungstruppen, sondern auch von Widerstandskräften begangen werden, wenn sie, wie im Fall des 7. Oktobers, terroristische Handlungen gegen die Zivilbevölkerung des Landes der Besatzungsarmeen verüben.

Der Internationale Strafgerichtshof, dessen Ankläger die Verhaftung der führenden Köpfe der israelischen Regierung und der Hamas-Führer gefordert hat, damit sie ordnungsgemäß angeklagt werden, kann jedoch aufgrund der Obstruktionspolitik einiger Staaten und insbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika nicht effektiv arbeiten.

In diesem Zusammenhang beschloss die Regierung, eine legitime Demonstration von mindestens zehntausend und vielleicht sogar zwanzigtausend Menschen zu verbieten, indem sie sie vor den Toren Roms aufhielt oder in den Tunneln des Piazzale Ostiense einsperrte; damit schützte sie nicht die öffentliche Ordnung, sondern war die Hauptursache für die öffentliche Unordnung.

Wie ich schon sagte, bin ich gewaltfrei und verabscheue sogar beleidigende Parolen gegen die Polizei, denn sie sind Staatsbedienstete wie ich. Deshalb verurteile ich das das Verhalten der wenig mehr als zehn Demonstrierenden, die nach stundenlangem ruhigem Warten Flaschen und einen Strassenschildpfosten werfend auf die Polizei losgingen, als dumm und kindisch – vorausgesetzt, es handelte sich nicht wie so viele andere Male um eingeschleuste und benutzte Provokateure.

Die Organisierenden, die vom Mikrofon aus und mit offenem Visier sprachen, taten alles Erdenkliche, um diese Vorfälle oder vielmehr Provokationen zu verhindern. Ich übernehme daher die Verantwortung für die Feststellung, dass die Krawalle durch ein verfassungswidriges, unrechtmäßiges Verbot und durch eine Verwaltung der öffentlichen Ordnung provoziert wurden, die nicht darauf abzielte, gewalttätige Zwischenfälle einzudämmen, sondern sie zu schüren.

Der Einsatz von Wasserwerfern und das Abfeuern von Tränengas und atemwegsverätzenden Chemikalien auf alle Demonstrierenden – anstelle einer begrenzten Reaktion gegen das Grüpplein von Unruhestiftern, die Gegenstände warfen – ist eines Landes, das sich selbst als demokratisch und zivilisiert bezeichnet, unwürdig und hätte zu einer chaotischen Massenpanik auf einem überfüllten Platz ohne angemessene Fluchtwege führen können.

Als ich vor einem mit Metallgittern halb verschlossenen Durchgang stand, wollte ich einem Beamten der Staatspolizei mein Anliegen deutlich machen und bat ihn, die Gitter sofort zu öffnen. Ich bin mir sicher, dass einige Polizeibeamte, wenn sie das Wort ergreifen könnten, meiner Argumentation ganz oder teilweise zustimmen würden.

Am Samstag spürte ich auf dem Piazzale Ostiense, unserem geliebten Platz des Widerstands und der Befreiung, den gleichen Mief in Lunge und Gehirn wie beim G8 in Genua.

Die Regierung der Partei, die die Enkel des Duce nominiert und den Vorsitz über die vielen G7-Initiativen führt, konnte eine friedliche Demonstration zur Unterstützung des palästinensischen und libanesischen Volkes nicht dulden.

Es liegt nun an den jungen Menschen, die in großer Zahl auf dem Platz anwesend waren, den Ernst der Lage zu studieren und zu verstehen, ohne den Kampf aufzugeben. Es gilt, die Techniken des gewaltlosen Kampfes zu verfeinern. Es ist der einzige Kampf, der – wenn auch unter Leid und Opfern seitens derer, die ihn praktizieren – von der Macht, von jeder autoritären Macht, mehr gefürchtet wird als die Pest.

Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Domenica Ott erstellt und von Reto Thumiger überarbeitet, beide vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!