Heute, zwölf Monate nach dem Massaker vom 7. Oktober, gedenkt Israel seiner Toten; die Familien der Geiseln, die (hoffentlich) zumindest teilweise noch am Leben sind, trafen sich in den frühen Morgenstunden genau dort, unter den Kibbuzim, die von Hamas-Milizionären gestürmt wurden, während Gaza um seine 42.000 bestätigten Toten trauert und dort überall Trümmer liegen. Die Bombardierungen gingen heute Nacht weiter, der Krieg kennt keine Pause und keine Trauer.

Als Gegenpol zu dieser Kulisse der totalen Verwüstung und der nun schon seit Wochen fortschreitenden Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region veröffentlichen wir gerne diese Botschaft von Eszter Koranyi und Rana Salman, Co-Direktoren der israelisch-palästinensischen Organisation Combatants for Peace:

Eine Rückschau: 1 Jahr seit dem 7. Oktober – Ein Brief von Rana und Eszter, palästinensische und israelische Ko-Direktoren von Combatants for Peace

Als wir am 7. Oktober mit diesen Gräueln aufwachten, wussten wir, dass unser Leben nie mehr dasselbe sein würde. Zeuge dieses schieren Ausmaßes der Gewalt, des Schmerzes, der Angst und des Verlusts gewesen zu sein, was uns unser ganzes weiteres Leben begleiten wird. Für alle, die diesen Ort zwischen dem Fluss und dem Meer ihr Zuhause nennen, hat es sich seitdem jeden Tag so angefühlt, als würden unsere Herzen wieder und wieder brechen.

Heute ist ein Jahr vergangen und wir fordern immer noch vehement ein Waffenstillstandsabkommen, um der Gewalt ein Ende zu setzen und den Weg für eine politische Lösung auf der Grundlage von Freiheit, Gleichheit und Frieden für alle zu ebnen.

Unsere Solidarität gilt den Palästinensern in Gaza, die unter Luftangriffen, Vertreibung, Hunger und endlosen Traumata leiden und die ums Überleben kämpfen. Sie gilt den Israelis, die auf so brutale Weise geliebte Menschen beim Nova-Festival und im Süden verloren haben. Unsere Solidarität gilt den Palästinensern im Westjordanland, die gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben und die durch zunehmende vom Militär und von Siedlern ausgeübte Gewalt terrorisiert werden. Sie gilt den Familien der Geiseln in angespannter Erwartung, ob ihre Lieben noch am Leben sind oder jemals zu ihnen zurückkehren werden. Sie gilt auch den Israelis, die im Norden unter intensivem Raketenbeschuss leben und die aus ihren Häusern evakuiert wurden. Sie gilt den palästinensischen Bürgern Israels, die zum Schweigen gebracht werden, wenn sie auch nur die kleinste Sympathie für Gaza zeigen. Wir sind uns der Schmerzen all der Menschen bewusst, die mit den Folgen der Gewalt dieses Krieges konfrontiert sind.

Während wir also heute gemeinsam trauern und versuchen, unsere persönlichen und kollektiven Traumata zu heilen, bewahren wir auch weiterhin unsere Empathie für die anderen, für den sogenannten „Feind“. Wir setzen uns weiterhin für Frieden, Gerechtigkeit und kollektive Befreiung ein. Es ist jetzt umso wichtiger, dass wir unsere Stimmen erheben, in dieser gemeinsamen Bewegung, als Palästinenser und Israelis. Wir wissen, dass unser Leben und unsere Zukunft hier miteinander verwoben sind und dass ein anderer Weg möglich ist.

Thich Nhat Hanh sagte: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.“

 

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Ulrich Karthaus vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!