Am 5. September fand vor dem Roten Rathaus eine Protestkundgebung gegen die Streichung der Gelder durch den Berliner Senat für ein beispielhaftes Förderprojekt statt. Gegenstand des Projekts ist die Aufklärung von Jugendlichen über sexualisierte Gewalt in Kriegen, vor allem gegen Frauen. Anhand der konkreten faschistischen und kolonialistischen Vergangenheit der faschistischen Achsenmächte Japan und Deutschland. Dass die konkreten Wahrheiten darüber ans Tageslicht kommen, soll wohl mit allen Mitteln verhindert werden. Nicht nur die daran mahnende Friedensstatue Ari soll verschwinden, sondern auch das begleitende Lernprojekt für Jugendliche. Über die Hässlichkeiten des Krieges soll man in Zeiten des „Kriegstüchtig machens“ nicht so sehr sprechen.
In ihrer Einladung schrieben die Veranstalter:
„Am 3. August veröffentlichte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) einen investigativen Bericht mit dem Titel „Förderung von Projekt zu sexualisierter Gewalt scheitert an politischer Einflussnahme“. Dem Bericht zufolge wurde der Antrag des Korea Verbands auf Förderung durch den Berliner Projektfonds für Kulturelle Bildung aufgrund der direkten Intervention des Berliner Bürgermeisters abgelehnt. Es wird zudem berichtet, dass auch die japanische Botschaft involviert war.
Der Korea Verband wird nun das seit drei Jahren laufende Jugendbildungsprojekt „Setz dich neben mich!“ nicht weiterführen können. Dieses Projekt hat zum Ziel, Jugendliche über sexuelle Gewalt in Kriegszeiten aufzuklären, indem es die Geschichte der „Trostfrauen“ des japanischen Militärs sowie die Bewegung rund um die Friedensstatue thematisiert und Verbindungen zu ungelösten historischen Themen in Deutschland herstellt. „
Etliche Redner:innen sprachen im Namen ihrer Organisationen ihre Solidarität aus und geißelten insbesondere die mafiosen Methoden zum finanziellen Ausbluten eines Förderprojekts, das sich gegen sexualisierte Gewalt unter militaristischen und faschistischen Verhältnissen wendet.
Hier einige Highlights aus der Erklärung von Sascha Martinovic, Geschichtslehrer und Ansprechpartner des Projektpartners Fritz-Karsen-Schule für das – nun gecancelte – Förderprojekt:
Das Projekt „Setz dich neben mich!“ zielt, wie viele andere historisch arbeitende Projekte, im Herzen auf sogenannte Demokratiebildung. Über das Lernen über ein menschenverachtendes, faschistisches Gesellschaftssystem wird ein Reflexionsprozess in Richtung eines „Nie wieder!“ in Gang gesetzt.
Zusammenhänge von Nationalismus, patriarchaler Gewalt, Rassismus, Krieg und kolonialer Gewalt werden in diesem Projekt betrachtet und gemeinsam reflektiert. Beispielhaft soll an der Geschichte der sogenannten „Trostfrauen“ sexualisierte Gewalt in Kriegen strukturell verstanden werden, wieso es leider in jedem bewaffneten Konflikt, in jeder kolonialen Unterwerfung dazu kam und kommt.
„Setz dich neben mich“ lehnt mit dem Titel an die Friedensstatue in Moabit an. Die Schülerinnen lassen die junge Frau, die Statue nicht alleine; sie setzen sich neben sie und hören ihr zu. Sie erfahren von ihrem Leid, aber auch von ihrem Mut, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen und den Stuhl neben sich anzubieten.
Ich habe selten Schülerinnen so engagiert zuhörend, mitmachend und aufmerksam miteinander arbeiten und diskutieren gesehen.
Ich erachte die Worte des Sprechers der Japanischen Botschaft als hochgradig beleidigend und beschämend. Mit einer glatten Lüge in der Öffentlichkeit zu behaupten, wir würden „antijapanische Gefühle einpflanzen“, wenn wir uns im Rahmen des Geschichtsunterrichts das Grauen der Taten der faschistischen Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg anschauen, zeugt eher von einer verpassten Aufarbeitung und einem Verschließen der Augen vor der militärischen Gewalt durch die verschiedenen Staaten des Globalen Nordens.Ich bin darüber entsetzt, dass Demokratiebildung hier zum Spielball nationalstaatlicher und politischer Interessen wurde! In einem demokratischen System – gerade in einem, dass nach dem Nationalsozialismus entstanden ist – ist es von immenser Bedeutung, dass politische Einflussnahme auf Lehrkräfte und weitere in der Bildung Arbeitende minimal ist! In einem demokratischen System – gerade in einem, dass nach dem Nationalsozialismus entstanden ist – ist es von immenser Bedeutung, dass politische Einflussnahme auf inhaltliche sowie pädagogische Entscheidungen in der Demokratiebildung minimal ist.
Politisch und wirtschaftlich motivierte Einflussnahme auf diese pädagogischen und fachlichen Entscheidungen machen mir Angst, weil sie die demokratische Praxis destabilisieren können.
- Ich fordere eine vollständige parlamentarische und öffentliche Aufarbeitung der Entscheidung über die Projektfinanzierung
- Und ich fordere, dass Demokratiebildung und demokratisches Handeln an Schulen gefördert und nicht verhindert wird!
Die vollständige Rede in Textform findet ihr hier….
Die entscheidende Protestkundgebung findet 19.9.2024 16 Uhr vor dem Rathaus Bezirk Berlin Mitte statt, Dort soll zeitgleich über den Antrag von mehreren 1000 Bürgern von Berlin Mitte für den Erhalt der Friedensstatue Ari entschieden werden. Kommt zahlreich und macht Druck, damit im Sinne der Opfer und nicht im Sinne der Täter entschieden wird.
Was passiert, wenn die Statue trotz aller Proteste wie in anderen Städten demnächst abgeräumt wird?
Da könnten die Träume einiger Politiker:innen , dass dann „endlich Ruhe einkehrt“, nachhaltig platzen. Der Protest wird dann darum gehen, dass „ARI zurückkommt“ und „Wegner geht“. In Berlin darf kein Platz sein in verantwortlichen Positionen für Frauenfeinde, Anbeter:innen kolonialer Traditionen sowie Leugner:innen von sexualisierter Gewalt. Wer Kriegsverbrechen nicht konkret beim Namen nennen will, verharmlost Täter und Taten.
Wer gegen die Unterdrückung der Aufklärung über sexualisierte Gewalt in Kriegen ist, sollte sich auch am 3. Oktober an der zentralen Antikiregsdemonstration in Berlin beteiligen. Mehr Info hier!