Waldbrände in Bolivien bedrohen indigene Gemeinschaften und ökologisches Gleichgewicht des Amazonas
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt zum Tag des Amazonas (5.9.) vor der Zerstörung wichtiger angrenzender Ökosysteme und der Bedrohung der dort lebenden indigenen Völker durch verheerende Waldbrände. „Die aktuellen Waldbrände zeigen auf drastische Weise, wie eng verbunden der Amazonasraum mit angrenzenden Ökoregionen wie der Chiquitanía ist. Die Zerstörung der Wälder in den Schutzgebieten Bajo Paragua und Noel Kempff Mercado in Bolivien wirkt sich direkt auf die Stabilität des Amazonasgebiets und damit indirekt auf das Weltklima aus. Nun sind diese Gebiete akut bedroht“, warnt GfbV-Referent für Indigene Völker, Jan Königshausen.
Laut der bolivianischen Stiftung für den Erhalt des Chiquitanía Trockenwaldes (FCBC) beherbergen sowohl das Schutzgebiet und indigene Territorium Bajo Paragua als auch der angrenzende UNESCO-Weltnaturerbe Nationalpark Noel Kempff Mercado eine einzigartige Artenvielfalt und spielen als Schutzgebietskorridor zwischen dem tropischen Chiquitanía-Trockenwald und dem Amazonas-Regenwald eine zentrale Rolle für den Erhalt der Biodiversität im Amazonasbecken. Zudem erfüllt die Region eine Schlüsselfunktion für die dort lebenden indigenen Gemeinschaften hinsichtlich ihrer Lebensweisen. Sie ist Heimat der indigenen Gemeinden Florida, Picaflor, Porvenir und Piso Firme. „Diese Gemeinschaften stehen an vorderster Front, wenn es um den Schutz ihrer Wälder und den Erhalt der Biodiversität geht. Ihre enge Beziehung zur Natur und ihre Verantwortung für die nachhaltige Bewirtschaftung ihres Landes sind dafür essenziell“, betont Königshausen.
„Das Feuer bedroht nicht nur die Lebensgrundlage der indigenen Völker, sondern auch ihre kulturelle Identität und ihr Wissen über diese einzigartigen Ökosysteme. Ihre nachhaltige Landnutzung bietet eine Alternative zum zerstörerischen Entwicklungsmodell, das die Wälder vernichtet und die Klimakrise weiter verschärft“, sagt der Menschenrechtler. Darüber hinaus gibt es weitere drastische Folgen für die Bewohner. Sie sind jedes Jahr über Monate dem giftigen Rauch ausgesetzt, was zu schweren Gesundheitsschäden führt. Schulen sind monatelang geschlossen und Kinder müssen alleine in ihren Häusern ausharren, während ihre Eltern ihr Leben im Kampf gegen die Flammen riskieren. „Wir fordern die bolivianische Regierung und die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich Maßnahmen zur Eindämmung der Brandursachen und Brände sowie zum Schutz der indigenen Völker und der betroffenen Schutzgebiete zu ergreifen“, appelliert Königshausen.
Langfristig brauche es ein Umdenken in der Klimapolitik, erklärt der Referent für Indigene Völker. „Der Fokus auf den Amazonas alleine greift zu kurz. Ein nachhaltiger Klimaschutz muss auch die angrenzenden Ökosysteme wie den Chiquitanía-Trockenwald einbeziehen und auf lokaler Ebene mit den indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten.“
Die diesjährigen Brände im Amazonasraum und den angrenzenden Gebieten sind besonders intensiv und begannen ungewöhnlich früh – mehr als 4 Millionen Hektar Land wurden laut Auswertung der NGO TIERRA alleine in Bolivien bereits zerstört. Schon im Juni wurden die ersten Feuer gemeldet, bis August gab es landesweit fast 2.000 Brandherde – eine alarmierende Zunahme im Vergleich zu den Vorjahren. Diese Entwicklung wird durch eine Kombination aus extremen klimatischen Bedingungen wie langanhaltender Dürre und starken Winden begünstigt, aber auch durch menschliche Eingriffe wie illegale Brandrodung und Landspekulation.