Zum internationalen Tag der Informationsfreiheit am 28. September fordert ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus zehn NGOs die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP auf, das Scheitern des im Koalitionsvertrag versprochenen Bundestransparenzgesetzes zu verhindern.

Ein Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium liegt vor. Damit dieser noch vor den nächsten Wahlen als Gesetz verabschiedet werden kann, müsse nun das Parlament handeln. Das Bündnis appelliert in einem Anschreiben an die Ampelspitzen, unter anderem die Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, Britta Haßelmann, Katharina Dröge und Christian Dürr, das Gesetz jetzt auf den Weg zu bringen.

Was bringt das neue Transparenzgesetz?

Ein Transparenzgesetz ermögliche den Bürger:innen, aber auch der Verwaltung, selbst den erweiterten Zugang zu wichtigen politischen Informationen wie Daten, Verträgen und Gutachten. Im Unterschied zum alten Informationsfreiheitsgesetz von 2005 wären Behörden durch ein Transparenzgesetz nicht nur zur Freigabe auf Antrag verpflichtet, sondern zur bürger:innenfreundlichen automatischen Veröffentlichung im Internet. Die vielen bürger:innenfeindlichen Hürden und Ausnahmen des alten Gesetzes entfallen dabei.

“Jetzt ist die letzte Chance für die Ampelregierung, ein Transparenzgesetz einzuführen und das Vertrauen in der Bevölkerung nachhaltig zu stärken. Das darf nicht auf den letzten Metern scheitern. Allerorten hört man derzeit: Politik muss sich besser erklären – mit einem Transparenzgesetz kann das tatsächlich gelingen. Wenn Politik nicht näher an die Bürger:innen heranrückt, werden einige immer weiter von ihr abrücken”, sagt Marie Jünemann, Bundesvorständin von Mehr Demokratie e.V.

„Aus unserer Sicht ist das Transparenzgesetz das für die Korruptionsabwehr und Bürgerbeteiligung wichtigste noch realisierbare Gesetz. Alle drei Koalitionspartner versprechen seit vielen Jahren Fortschritt auf diesem Gebiet. Jetzt ist die Zeit gekommen, diesen Worten Taten folgen zu lassen und den fertigen Entwurf direkt durch die Fraktionen einzubringen. Andernfalls konkurriert Deutschland bei der Informationsfreiheit mit Weißrussland um den letzten Platz in Europa“, erklärt Norman Loeckel, Leiter der Arbeitsgruppe Transparente Verwaltung von Transparency International Deutschland e.V.

“Das Stocken im Gesetzgebungsprozess kann man auch als Chance begreifen: Wenn ein Gesetzentwurf aus der Mitte des Parlaments kommt, können die Abgeordneten zeigen, dass es Ihnen mit den Anliegen von Transparenz und Bürger:innenbeteiligung wirklich ernst ist“, so Dr. Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche e.V.

“Die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit fordert seit Langem ein verbessertes Bundestransparenzgesetz, welches den Zugang für die Bürger:innen erleichtert und die Abwehrargumente der Verwaltung verringert, um dem Recht auf Informationsfreiheit als Voraussetzung der Meinungsfreiheit zur Verwirklichung zu verhelfen”, ergänzt Dr. Christoph Partsch, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit.

„Die öffentliche Hand produziert ständig Wissen und Daten. Und Menschen suchen faktenbasierte Informationen. Das zeigt die starke Nutzung von Wissensprojekten wie Wikipedia. Von einem transparenten Zugang zu Wissen würden alle profitieren – die breite Öffentlichkeit, freie Wissensprojekte, aber auch Verwaltungen und Journalist:innen. Er erleichtert Meinungsbildung und demokratische Teilhabe und stärkt das Vertrauen in staatliches Handeln. Darum ist es essenziell, dass der Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz jetzt aus der Mitte des Bundestags eingebracht wird.“ Jan-David Franke, Projektmanager Politik und öffentlicher Sektor bei Wikimedia Deutschland e.V.

„Ein starkes Transparenzgesetz, das die Bürger:innen stärkt und politische Entscheidungen nachvollziehbar macht, ist wichtiger denn je. Es ist ein falsches Signal, dass der Entwurf immer noch in der Hausabstimmung feststeckt. Die Ampel-Koalition muss das Gesetz retten. Eine Einbringung des Entwurfs durch die Fraktionen wäre ein klares Zeichen für mehr Transparenz und würde das langjährige Versprechen, das Vertrauen in die Politik zu stärken, endlich einlösen.“ Sarah Schönewolf, Pressesprecherin abgeordnetenwatch.de

„Transparenz ist nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger wichtig, sondern auch für uns Journalisten. Das ist seit langem bekannt, auch den Politikerinnen und Politikern der Ampel-Koalition. Jetzt ist die letzte Gelegenheit, unser Anliegen konstruktiv aufs Gleis zu schieben und nicht zu verschlafen. Das sollte die Regierung nutzen.“ Mika Beuster, Bundesvorsitzender Deutscher Journalisten-Verband e.V.

Hintergrund

Laut Bündnis sei Vertrauen in staatliche Institutionen eine unverzichtbare Grundlage für eine funktionierende Demokratie. Wer den Institutionen und der Politik vertraue, würde ihre Entscheidungen eher als legitim anerkennen. Verlorenes Vertrauen könne nur wiederhergestellt werden, indem Politik und öffentliche Verwaltung ihr Handeln gegenüber den Bürger:innen öffne und transparenter werde.

Deutschland liege bei der Informationsfreiheit allerdings inzwischen nicht nur in Europa, sondern auch weltweit am unteren Ende. Dies werde auch zunehmend von internationalen Organisationen wie dem Europarat kritisiert. Das Transparenzgesetz sei daher überfällig – stattdessen zeichne sich ab, dass die Erarbeitung durch die Ministerien scheitere. Alle drei Ampel-Parteien hätten vor der letzten Bundestagswahl die Einführung eines ambitionierten Transparenzgesetzes gefordert und im Koalitionsvertrag vereinbart.

Mit diesem gemeinsamen politischen Willen könne die Koalition das Vorhaben noch über ein parlamentarisches Verfahren retten, indem sie den bisherigen Entwurf des Bundesinnenministeriums als eigenen Vorschlag in den Bundestag einbringe. Andernfalls drohe durch das Scheitern der Gesetzesvorlage in den Ministerien, dass Deutschland auf dem Feld noch weiter abgehängt würde.

Dem Bündnis Transparenzgesetz gehören an:

Screenshot www.transparenzgesetz.de

Weitere Infos: www.transparenzgesetz.de