Das Rote Wien im Waschsalon ehrt Käthe Leichter, die erste Leiterin des Frauenreferats der Arbeiterkammer, mit einer Sonderausstellung.
Von Margit Gugitscher
Geboren am 20. August 1895 als Marianne Katharina Pick in eine gutsituierte jüdische Familie in Wien, inskribierte sie 1914 Staatswissenschaften an der Universität Wien und kümmerte sich um verwahrloste Kinder des Döblinger Bezirksteils „Krim“.
Ab dem Frühjahr 1919 arbeitete sie im Finanzministerium und als wissenschaftliche Mitarbeiterin Otto Bauers in der Staatskommission für Sozialisierung. 1921 heiratete sie den Juristen und Journalisten Otto Leichter, den sie in der Jugendbewegung kennengelernt hatte. 1924 kam ihr erster Sohn Heinz zur Welt, 1930 der zweite, Franz.
„Gleicher Lohn für gleiche Leistung!“
1925 übernahm Käthe Leichter den Aufbau des Frauenreferats in der Wiener Arbeiterkammer und wurde dessen Leiterin. Sie führte detaillierte Studien zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen berufstätiger Frauen durch und avancierte zu einer Pionierin der Sozialforschung. Käthe Leichters damals erhobene Forderung hat bis heute nichts an Aktualität verloren.
Nach der Zerschlagung der Sozialdemokratie durch die austrofaschistische Regierung Dollfuß in den Februarkämpfen 1934 wurde Leichter von der Arbeiterkammer fristlos entlassen und flüchtete mit ihrer Familie in die Schweiz. Nach ihrer Rückkehr betätigten sie und Otto Leichter sich im Untergrund für die Partei. Doch der Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich im März 1938 veränderte die Lage schlagartig. Otto Leichter, der aufgrund seiner politischen Tätigkeit exponierter war, floh über die Tschechoslowakei nach Paris. Von dort aus holte er später die Söhne Heinz und Franz nach und drängte seine Frau nachzukommen.
„Sie hatte zu lange gewartet – es war zu spät.“ Henry O. Leichter
Am 30. Mai 1938 wurde Käthe Leichter verhaftet und verbrachte mehrere Monate in Einzelhaft im Wiener Landesgericht. Schließlich wurde sie an die Gestapo überstellt und im Januar 1940 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. Im März 1942 wurde Käthe Leichter gemeinsam mit rund 1.600 Frauen in die Heil- und Pflegeanstalt Bernburg an der Saale verbracht und im Rahmen der Massenvernichtungsaktion „Sonderbehandlung 14 f 13“ ermordet.
Otto Leichter gelang gemeinsam mit seinen Söhnen die Flucht in die USA. Für den Rest seines Lebens blieb er „mit Herz und Seele“ Journalist. Heinz, nun Henry O., und Franz Leichter wurden – so wie Großvater Pick – Rechtsanwälte. Franz Leichter kämpfte als demokratischer Abgeordneter und später als langjähriger Senator des Bundesstaates New York für die Ideale seiner Eltern.
Gedenken
Seit 15. Februar 1949 erinnert im 13. Bezirk die Käthe Leichter-Gasse an die österreichische Sozialistin. Am 8. Oktober 1988 erfolgte die Benennung des Käthe Leichter-Hofes der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte im 13. Bezirk, Auhofstraße 152-156 und eine Gedenktafel wurde enthüllt.
Käthe Leichter Preis
Der 1991 gestiftete Käthe-Leichter-Preis, österreichischer Staatspreis für Frauenforschung, Geschlechterforschung und Gleichstellung in der Arbeitswelt, wurde immer wieder abgeändert und von 2001 bis 2004 unter der schwarz-blauen Regierung gar nicht vergeben. 2022 wurde der Staatspreis durch das Frauenministerium neu konzipiert und laut eigener Aussage „erweitert und aufgewertet“, was wieder Irritationen und Proteste auslöste. 2023 wurde der Käthe-Leichter-Staatspreis wieder eingeführt und mit dem Käthe-Leichter Lebenswerkpreis sowie zwei Käthe-Leichter Anerkennungspreisen vergeben.
Dauer der Sonderausstellung: 5.9.2024 – 1.3.2026
Das Rote Wien im Waschsalon
Waschsalon Nr. 2, Karl-Marx-Hof
Halteraugasse 7 | 1190 Wien
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln
U4, Station Heiligenstadt, drei Minuten Gehweg
Straßenbahn Linie D, Station Halteraugasse