Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt zum Tag der indigenen Völker am 9. August vor einer zunehmenden Bedrohung für indigene Gemeinschaften in Südamerika durch die Folgen des Klimawandels und den Anstieg von Landkonflikten. „Durch Waldbrände, Ernteausfälle und Konflikte über die Landnutzung wächst der Druck auf indigene Territorien und Lebensweisen. Das hat zu einer dramatischen Verschärfung der Lebensbedingungen indigener Völker in Südamerika geführt“, sagt Jan Königshausen, GfbV-Referent für Indigene Völker.
Bei der Vergabe von Landrechten durch staatliche Institutionen wird vor allem die Agrarindustrie bevorzugt – zum Nachteil indigener Gemeinschaften. „Viehbauern beanspruchen auf der Suche nach neuen landwirtschaftlichen Nutzflächen zunehmend mehr Gebiete. Damit treten sie in Konkurrenz mit den dort traditionell ansässigen indigenen Gemeinschaften, die sich als Landwirte selbst versorgen“, sagt Königshausen. Die Agrarindustrie, deren Produkte größtenteils für den Export bestimmt sind, nimmt der lokalen Bevölkerung damit ihre Lebensgrundlage. Vor allem der Sojaanbau in Monokultur für die Nahrungsmittelversorgung der Rinder verlangt immer mehr Land.
Die Gemeinde Macharetí in der Region des Gran Chaco im Südosten Boliviens hat angesichts der sich rasant verschlechternden Situation den Notstand ausgerufen. Die indigenen Gemeinschaften aus dem Volk der Guaraní leiden vor allem unter Ernteausfällen durch Dürre, Frost und Heuschreckenplagen. In ihrer Erklärung fordern die Anführer von der bolivianischen Regierung mehr Unterstützung und Maßnahmen gegen Ernteausfälle, Wirtschaftsförderungsprojekte für ihre eigene Viehwirtschaft sowie die Anerkennung und den Schutz ihrer territorialen Rechte.
„Ein wesentlicher Faktor, der zur Verschlechterung der Lage beiträgt, sind die Folgen des Klimawandels. Lokale Viehbauern und indigenen Gemeinschaften der Gemeinde Macharetí sehen sich gezwungen, ihre Produktionsweisen zu verändern und selbst am Raubbau der Natur zu partizipieren, zum Beispiel im Bergbau oder in immer schädlicherer Landwirtschaft mittels Pestiziden, chemischem Dünger oder groß angelegter Viehwirtschaft. Langfristig verstärken sich so die negativen Folgen des Klimawandels und die Lebensgrundlage der indigenen Völker in Südamerika wird weiter zerstört“, warnt Königshausen.
„Indigene Völker müssen beim Klimaschutz von der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der Vereinten Nationen, und den verantwortlichen Regierungen, stärker einbezogen werden. Es ist unerlässlich, dass ihre Stimme in den Entscheidungsprozessen Gehör findet und nachhaltige Praktiken gefördert werden“, fordert der Menschenrechtler. „Gleichzeitig müssen sofortige Maßnahmen zum Schutz indigener Territorien und zur Sicherstellung ihrer Rechte ergriffen werden.“