Welche Ziele verfolgt der Krieg?

Das Hauptziel eines jeden Krieges war immer, die potenziellen Gegner mit der eigenen Macht niederzuschlagen und Gebiete und Menschen gewaltsam zu unterwerfen, um diese Macht aufrechtzuerhalten und zu vergrößern.

Ein Ziel, das die kriegerische Auseinandersetzung in letzter Zeit begleitet und sogar aufgebaut und begünstigt hat, ist die Erzielung von Gewinnen für die Rüstungsindustrie, hinter der sich der Druck auf die Finanzerträge der Investmentfonds verbirgt.

Laut dem kürzlich veröffentlichten Bericht des Stockholmer Instituts für Internationale Friedensforschung (SIPRI) sind die fünf größten Waffenproduzenten die US-Unternehmen Lockheed Martin Corp, RTX (früher Raytheon Technologies), Northrop Grumman Corp, Boeing und General Dynamics Corp.

Bei allen diesen Konzernen wird die Aktienmehrheit ausnahmslos von institutionellen Investoren und Investmentfonds gesteuert, zu denen unter anderem nach wie vor die Konzerne Vanguard, Black Rock Inc. und State Street Corporation gehören.

Der sechste Platz dieser fatalen Klassifizierung wird von dem britischen Unternehmen BAE Systems belegt, gefolgt von drei chinesischen Unternehmen (Norinco, Avic und CASC), wobei das russische Konglomerat ROSTEC die Liste der Top Ten abschließt.

Kriege verfolgen auch andere Ziele, die fast alle von wirtschaftlicher Natur sind. Die Plünderung von Bodenschätzen oder die Gewinnung exklusiver Absatzgebiete, die für die Kolonialzeit bezeichnend waren, bleiben auch heute einer ihrer Haupttreiber.

Andererseits führen die durch militärische Auseinandersetzungen verursachten Zerstörungen zu Wiederaufbauplänen und Wucherschulden oder anderen Abhängigkeiten, auf die die Länder zurückgreifen, um sie zu finanzieren.

Ebenso sind heutzutage Technologie-, Handels- und Informationskriege im Gange, die, über das allgegenwärtige merkantilistische Interesse hinaus vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung oder Veränderung etablierter kultureller und geopolitischer Muster geführt werden.

Schließlich schwebt die Gefahr eines verheerenden nuklearen Flächenbrands über der gesamten Menschheit und wirft einen gewaltigen Schatten auf alle anderen Argumente.

Der Krieg – ein kriminelles Geschäft

Zwischen 2019 und 2023 haben die USA Waffen an 107 Länder verkauft, was 42 % der weltweiten Waffenexporte ausmacht. Wenn man die Exporte der anderen NATO-Mitglieder (Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien) dazurechnet, steigt diese Zahl auf fast 70%. Russland und China für ihren Teil exportierten in diesem Zeitraum 16,8% des Gesamtwertes.[1]

Unter den Käuferländern schafft es Indien mit 10% an die Spitze, Saudi-Arabien und Katar mit jeweils 8,4 % und 7,6 %, und an vierter Stelle die Ukraine, die ihre Beschaffungen um mehr als das Hundertfache vermehrt hat, indem sie von 30 Millionen US-Dollar im Jahr 2019 auf 4.023 Millionen US-Dollar im Jahr 2023 gestiegen sind, was 5% der weltweiten Gesamtausgaben entspricht.

Betrachtet man die Regionen, so importierte Nordamerika in dem Fünfjahreszeitraum nur 3,5 %, wobei es hier einen großen Überschuss gab, und Europa 17 %, was auf den Krieg in der Ukraine und den Druck der USA innerhalb der NATO zurückzuführen ist, dass die europäischen Bündnispartner ihren Anteil an den Militärausgaben vergrößern.

Der größte Anteil der Waffen ging nach Asien (34%) und in den Nahen Osten (30%), Ozeanien und Afrika machten 4,4 % aus. Die am wenigsten kriegerischen Regionen am unteren Ende der Skala der Finanzverschwendung sind Süd- und Mittelamerika, die im Laufe der letzten fünf Jahre zusammen etwas mehr als 3 Milliarden US-Dollar (2,2 % des weltweiten Gesamtwertes) importiert haben.

Abgesehen von den nackten Zahlen, die eindeutig verraten, welches die Länder und Unternehmen sind, die beim globalen Handel von der Zerstörung und der Angst gewinnen und welche verlieren, töten Kriege weiterhin und behindern die Entwicklung von Leben in mehr als 50 Regionen.

Die Zahl der weltweiten Kriegstoten war im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zurückgegangen, ist aber erneut angestiegen, wobei Kriege bis 2022 den Tod von mehr als 200.000 Menschen forderten, mehr als die Hälfte davon auf dem afrikanischen Kontinent.[2] Im Jahr 2023 und bislang in 2024 haben der russisch-ukrainische Konflikt und der von der israelischen Regierung verübte Völkermord gegen das palästinensische Volk in Gaza, sowie die Kämpfe im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo und am Horn von Afrika das Blutvergießen nur noch vergrößert.

Die Nachwirkungen des Krieges – sowohl materiell als auch psychologisch- fügen den Menschen Schäden zu, die sehr schwer zu beheben sind, und das spätere Abdriften der Waffen und den Ex-Kämpfern in Richtung bewaffnete Banden verlängert die Gewalt über das offizielle Ende der bewaffneten Konflikte hinaus.

Die Schaffung von Gegnern

Ohne Gegner kann es keinen Krieg geben, weshalb die Schaffung von Feinden mit der Produktion von Waffen Hand in Hand geht. Hassreden, Beschuldigung von Menschengruppen, Verteufelung und Stigmatisierung von Gruppen und Kulturen sind immer der Auftakt zum Krieg.

Zu Verunglimpfung und Zuspitzung vermeintlicher Gefahren, die von externen Gruppen ausgehen, kommen die Entstehung von Operationen unter falscher Flagge und die Schaffung fiktiver Feinde hinzu.

Die Kriegspropaganda von früher, die heute ein Grinsen hervorrufen würde, wurde erheblich präzisiert, ohne das Wesentliche zu verlieren: das Opfer von Menschenleben im Namen angeblich rühmlicher Ziele zu begründen. Filmdrehbücher und die massive Verbreitung von Inhalten auf täglichen digitalen Plattformen – Geräte in den Händen von Unternehmen – erleichtern heute den sofortigen Versand von Bildern, die nicht den Dialog begünstigen, sondern Vergeltung vorantreiben.

Die Menschen sind somit jederzeit der Plage ausgesetzt, sich von Feinden umringt und verfolgt zu fühlen, ein Aspekt, der durch die ständige Verbreitung von Verbrechen und Straftaten verschärft wird.

Natürlich könnten auch andere Arten von Inhalten in ähnlicher Weise zirkulieren, was die Notwendigkeit verdeutlicht, dass die menschliche Gesellschaft ihre Souveränität über die Mechanismen der Produktion und Verteilung von Informationen und Bildung, die letztlich eine Weltanschauung prägen, zurückgewinnen muss.

Die Verteidigung gegen den Krieg

Lassen wir den tragischen Aphorismus beiseite, der von einer Redewendung des römischen Schriftstellers Vegetius inspiriert wurde (Si vis pacem, para bellum – Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor), so muss sich die Menschheit auf Frieden, auf Harmonie, auf Zusammenarbeit und auf eine gewaltfreie Lösung von Konflikten vorbereiten.

Wenn man zu bedenken gibt, dass dieses Streben eine Utopie darstellt, handelt es sich lediglich um eine Bekräftigung dieses Vorschlags, in Anbetracht der zwingenden Notwendigkeit, Utopien zu erneuern, um die gegenwärtig vielschichtige und finale Systemkrise zu bewältigen.

Andererseits erscheint durch das Verurteilen und Ablehnen jeder Annahme einer bewaffneten Konfrontation die Sinnlosigkeit der Erhaltung von Waffenlagern und der Ertüchtigung und des Fortbestehens von Militärkorps einleuchtend. Es ist daher stimmig, eine schrittweise, aber beschleunigte Entwaffnung und eine konsequente Demilitarisierung zu fordern.

Die enorme Möglichkeit, diese heute verschwendeten Ressourcen in die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen umzuleiten – vielleicht ein blasser, aber intelligenter Ausgleich für all die erlittenen Schäden – ist eine der wichtigsten Optionen, um Hunger und Marginalisierung zu beenden.

Frieden, Entmilitarisierung und soziale Gerechtigkeit bilden einen mächtigen Dreizack, der im Gegensatz zu den üblichen griechisch-römischen Darstellungen in der im Umbanda verankerten afrikanischen Mythologie ein Attribut der Exu ist, lustige Geister, die in einer strategischen Funktion im Frieden auf diese Erde kommen, die darin besteht, an der Öffnung spiritueller Wege zu arbeiten, gute Vorzeichen zu verbreiten, Hexerei und böse Zaubersprüche zu vertreiben und für den reibungslosen Ablauf aller spirituellen Tätigkeiten zu sorgen.

Diese spirituelle Entwicklung ist die nächste Etappe, damit die Spezies aus der gewaltigen Vorgeschichte heraustritt und damit beginnt, eine bessere Menschheitsgeschichte aufzubauen. Aus Kriegen kommt nichts Gutes heraus, das Gute ist, mit ihnen fertig zu werden. Heutzutage hat dies oberste Priorität.

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige! 


Anmerkungen

[1] Gemäß der SIPRI-Datenbank 20/6/2024
[2] Gemäß den Daten des Uppsala Konflikt Datenprogramms (2023); Institut für Friedensforschung Oslo (2017) https://ourworldindata.org/grapher/deaths-in-state-based-conflicts-by-region?time=2000..latest