Als Erstes traf es Attac. Campact und Change.org folgten. Den Anstoß zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit gab damals die Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Nacheinander verlieren kleine und große Organisationen und Vereine die Gemeinnützigkeit, weil sie sich „politisch einmischen“.
Die Petition „Zivilgesellschaft nützt der Gemeinschaft: Politische Beteiligung ist #gemeinnützig!“, aufgelegt von der Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung, wehrt sich dagegen und fordert Finanzminister Christian Lindner und die Bundesregierung auf, Rechtssicherheit für gemeinnützige Arbeit zu politischen Fragen zu schaffen.
Die Forderungen im Detail:
- Anerkennung des Wertes zivilgesellschaftlichen Engagements für eine lebendige Demokratie und eine ausgewogene öffentliche Debatte
- Sicherstellung, dass die selbstlose Beteiligung an der öffentlichen Meinungsbildung sowie der politischen Willensbildung durch gemeinnützige Organisationen unschädlich für deren Gemeinnützigkeit ist
- Erweiterung der Liste der explizit gemeinnützigen Tätigkeiten um die Förderung der Wahrnehmung und Verwirklichung von Grundrechten, Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Klimaschutz, informationeller Selbstbestimmung, Menschenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter als Sofortmaßnahme
„Schere im Kopf“
Wie eine ZiviZ-Umfrage von 2023 zeigte, hemmt die Angst um Gemeinnützigkeit ziviles Engagement. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern daher von der Ampel-Regierung eine rasche Reform des Gemeinnützigkeitsrecht. In der Begründung der Petition heißt es dazu:
Selbst Sport- oder Kulturvereine riskieren künftig ihre Gemeinnützigkeit, wenn sie sich politisch äußern. Nach der Attac-Entscheidung wird das entsprechende Gesetz (Abgabenordnung) voraussichtlich deutlich enger ausgelegt als zuvor. Das muss verhindert werden. Sonst arbeiten zivilgesellschaftliche Organisationen künftig mit der „Schere im Kopf“ aus Angst, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren.
Endspurt für die Petition
2018 gestartet, hat die Petition inzwischen über 400.000 Stimmen gesammelt. Noch acht Tage verbleiben, um das Sammelziel von 410.000 Stimmen zu erreichen. Mit über 29.000 Kommentaren dürfte es eine der meist kommentierten Petitionen sein. Daraus zitiert:
Politische Parteien werden steuerbefreit. Ihre Stiftungen werden steuerbefreit. Gemeinnützigkeit, das Argument. Sie leisten politische Arbeit, das nützt der Demokratie und damit uns allen. Warum, dann bitte, sind Demokratie-fördernde und politisch-sozial vernetzende Vereine und Initiativen, die sehr wohl der Gemeinschaft dienen, nicht steuerbefreit? Viele müssen sich rein aus Spenden finanzieren. Haben keine Zuschüsse wie Parteien sie genießen. Sind wir nicht alle dazu verpflichtet, Unrecht zu verhindern?
Vielseitige Debatten sind das Lebenselixier der Demokratie. Dafür müssen alle gesellschaftlichen Gruppen gehört werden. Bisher war das nicht nur Konzernen und ihren Verbänden, sondern auch gemeinnützigen Vereinen möglich. Damit es so bleibt, kann die Petition noch eine Woche lang mitgezeichnet werden.
Erstunterzeichnende: Attac Deutschland | campact e.V. | Mehr Demokratie e.V. | Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. (VVN-BdA) | AKuBiZ e.V. | .ausgestrahlt e.V. | Demokratisches Zentrum Verein für politische u. kulturelle Bildung Ludwigsburg e.V. (DemoZ) | ethecon Stiftung Ethik und Ökonomie | openPetition | LEAP (Law Enforcement Againist Prohibition) Deutschland | Adopt a Revolution | Robin Wood e.V. | Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. | Christliche Initiative Romero (CIR) | PowerShift e.V. | Gen-ethisches Netzwerk e.V. | Forum Menschenrechte – Netzwerk deutscher Menschenrechtsorganisationen