Die Zukunft der Weidemilch steht auf dem Spiel: Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) plant, einen Großteil der Weidemilch in seinem neuen Kennzeichnungssystem künftig nur noch in die Haltungsform 3 „Frischluftstall“ einzustufen. Laut Hinweisen werden Molkereien aktuell aufgefordert, die Weidemilch entsprechend zu kategorisieren.
Diese Entscheidung stößt bei PROVIEH und einem breiten Weidemilch-Bündnis aus Politik, Landwirtschaft sowie Tierschutz- und Umweltverbänden auf scharfe Kritik. Eine Einstufung in die gleiche Kategorie wie die Laufstallhaltung würde nicht nur die artgerechte Milchkuhhaltung unattraktiv machen, sondern auch die Bemühungen des Lebensmitteleinzelhandels um höhere Tierwohlstandards unglaubwürdig machen. PROVIEH und das Bündnis fordern die Einstufung der Weidemilch in die Haltungsformstufe 4 „Weide“:
Wo Weide drin ist, muss auch Weide draufstehen!
„Wer Tierwohl will, muss die Weidehaltung und eine transparente Kennzeichnung fördern. Doch Aldi, Lidl, Edeka, Rewe – die Entscheidungsträger des Labels Haltungsform – untergraben hier ihr Tierwohlversprechen. Trotz eindringlicher Forderungen und Gesprächsgesuche wurde offensichtlich entschieden, Weidemilch in die Stufe 3 “Frischluftstall” einzuordnen und so abzuwerten. Damit trickst der LEH Verbraucher:innen wie Landwirt:innen aus, um Tierwohl-Milch günstiger einkaufen zu können und gefährdet die Weidehaltung in Deutschland“, erklärt Anne Hamester, Geschäftsführerin von PROVIEH.
„Jetzt muss die Notbremse gezogen und das Label Haltungsform schnellstmöglich angepasst werden. PROVIEH fordert: Rinder gehören auf die Weide und Weidemilch gehört in die Haltungsstufe Weide, nicht in die Stufe Frischluftstall!“
Forderungen vom Weidemilch-Bündnis ignoriert
Diese Forderung und das Gesprächsgesuch des Weidemilch-Bündnisses werden von Aldi, Lidl & Co., den Entscheidungsträger:innen des Haltungsform-Labels, ignoriert. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bund deutscher Milchviehhalter (BDM), das Grünlandzentrum, Pro Weideland, Greenpeace sowie PROVIEH und Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte fordern ein Bekenntnis zur Weidehaltung und die daraus folgende Anpassung der Kriterien im Label Haltungsform.
Label im LEH: Fakten schaffen für staatliche Haltungskennzeichnung?
Das bislang vierstufige Haltungsform-Label wird mit Blick auf die anstehende gesetzliche Haltungskennzeichnung vorausschauend auf fünf Stufen ausgeweitet. Hinweisen zufolge soll im Herbst die staatliche Kennzeichnung für Rinder vorgelegt werden. Will der Handel also Fakten schaffen und mit seiner frühzeitigen Anpassung die staatliche Einstufung beeinflussen? Eine Positionierung und letztlich abschließend korrekte Einstufung der Weidemilch im staatlichen Kennzeichen durch den Bundeslandwirtschaftsminister muss den Einzelhandel hier in die Schranken weisen.
Tierwohl-Vorteile der Weidehaltung
Weidegang ist für das Wohlbefinden der Kühe von entscheidender Bedeutung. Studien zeigen, dass Kühe auf der Weide ihren artgemäßen Bedürfnissen besser nachkommen können und weniger Stress haben, was sich positiv auf ihre Gesundheit auswirkt. Eine Abwertung der Weidehaltung in niedrigere Haltungsformen im Handel würde nicht nur die artgerechte Tierhaltung unattraktiv machen, sondern auch die Bemühungen des Lebensmitteleinzelhandels um höhere Tierwohlstandards unglaubwürdig machen.
Verbrauchertäuschung statt Transparenz
Neben dem Tierwohlversprechen dient das Label Haltungsform Verbraucher:innen als Orientierungsgrundlage im Supermarkt. Die Einstufung der Weidemilch in Stufe „Frischluftstall“ an Stelle von „Weide“ in der Kombination mit dem Label „Pro Weideland“ ist jedoch das Gegenteil von Transparenz und schafft mehr Fragen als Antworten.