Am 15. Mai stellten verschiedene Organisationen, die entlang der Migrationsrouten tätig sind, das Solidaritätsnetzwerk „Bewegungsfreiheit“ vor. Wir sprechen darüber mit Luca Marelli von Sea-Watch, eine der Förderorganisationen.
Von wem wird diese Initiative unterstützt?
Von verschiedenen Initiativen, die sich um die Unterstützung von Menschen kümmern, die entlang der italienischen und europäischen Grenzen, auf See und an Land, unterwegs sind. Dazu gehören Organisationen, Vereine, aber auch einzelne Aktivisten.
Dies ist derzeit die Liste: Baobab Experience, Bozen Solidale, Collettivo Rotte Balcaniche Alto Vicentino, Como senza Frontiere, Linea d’Ombra, No Name Kitchen, On Borders, Refugees In Lybia, ResQ – People saving people, Rete Milano senza Frontiere, Sea-Watch, Small Axe, Don Massimo Biancalani, Loredana Crivellari, Don Giusto Della Valle, Francesco Delli Santi, Filippo Lombardo, Tiziano Rossetti, Tommaso Stella.
Welche Ziele verfolgt das Netzwerk?
Wir streben an, die menschlichen und materiellen Ressourcen zu bündeln und die Bezirke zu unterstützen, die sich zu bestimmten Zeiten am meisten in Schwierigkeiten befinden, besonders für die Landkreise gibt es einen Bedarf, die Arbeitskraft der Aktivist*innen zu koordinieren und Unterstützung auszutauschen. Wir müssen uns auch als Zivilgesellschaft dazu aufmachen, die Aufmerksamkeit auf Themen zu lenken, die für das Netzwerk von spezieller Bedeutung sind.
Kannst du uns die Hauptpunkte des vom Netzwerk vorgelegten Manifests zur Bewegungsfreiheit erläutern?
In dem Manifest treten die verschiedenen Organisationen für das Recht auf Bewegungsfreiheit ein, das jedem Menschen zusteht, unabhängig von seinem Herkunftsland und der Bedeutung des Reisepasses. Die Menschen müssen entscheiden können, wohin sie gehen und wo sie sich niederlassen wollen; mit ihrem Vorgehen, Grenzen zu überschreiten, widersetzen sie sich der von den Staaten verfolgten Sicherheits- und Abschottungspolitik. Daher fordern wir konkrete Unterstützung für Menschen, die unterwegs sind, eine andere Antwort, eine Gemeinschaftlichkeit von der Basis her, die die Aktivist*innen miteinander verbindet. Wir machen das nicht im Geiste der Nächstenliebe, sondern unter dem Aspekt der Fürsorge, im Sinne von Gemeinschaft, von Solidarität, als Teil eines politischen Kampfes, der uns verbindet und für die Existenz einer Bewegungsfreiheit eintreten möchte, die in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu finden ist, wo man über das Recht spricht, das eigene Herkunftsland zu verlassen und dann in ein anderes Land einzureisen.
Wir wenden uns gegen die italienische und europäische Abschottungspolitik, wie z.B. den neuen Migrationspakt, der Menschen als Pakete betrachtet, die abgeholt und weggebracht werden sollen. Stattdessen glauben wir, dass die Menschen selbst entscheiden können und sollten, wo sie hingehen und ihr Leben verbringen wollen. Die Migrationspolitik hat einen eigennützigen Gesichtspunkt: du bist willkommen, wenn du nützlich bist, nicht weil du das Recht hast, hierher zu kommen. Wir wenden uns gegen die Politik der physischen Abriegelung von Menschen in Internierungs- und Gefangenenlagern.
Im Juni wird das Netzwerk ein internationales Ausmaß erreichen. Welche Länder und Organisationen werden involviert sein?
Wir haben uns bereits dreimal im Beisein der verschiedenen italienischen Organisationen getroffen, um zusammenzuarbeiten, und nun wollen wir nicht nur eine europäische, sondern auch eine internationale Dimension erreichen, indem wir Aktivist*innen und Organisationen einbeziehen, die auf dem Balkan, in Spanien und auch im anderen Bereich des Mittelmeeres eingesetzt sind. Denken wir also an die tunesischen Aktivist*innen, die in den letzten Wochen zunehmend einer Kriminalisierung durch die Diktatur Saied ausgesetzt waren, an die marokkanischen Aktivist*innen und an diejenigen des Netzwerks Flüchtlinge in Libyen.
Euer Seabird-Flugzeug hat gerade von der ENAC, der nationalen Zivilluftfahrtbehörde, eine Geldstrafe von mehr als 2.000 EUR erhalten. Welches sind die Begründungen und wie werdet ihr auf diesen x-ten Vorfall der Kriminalisierung der Gemeinschaft antworten?
Wir werden mit dem antworten, was wir am besten können, indem wir unsere Arbeit fortsetzen und unsere Aufgaben erfüllen, am Himmel und im Meer. Die Begründungen für die Geldstrafe sind ziemlich verwirrend; wir waren sehr betroffen von der Tatsache, dass im Text der Benachrichtigung ein Hinweis an die sogenannte libysche Küstenwache als eine der Hauptinformationsquellen von ENAC über die Einsätze unserer Flugzeuge gemacht wurde. Als ob man sagen wollte: wenn die Libyer früher im Wasser den Ton angaben, dann geben sie ihn jetzt auch im Luftraum an.
Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!