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Das Wettern der Woche: Mein Freund, der Faschist

Das Wettern der Woche: Mein Freund, der Faschist
(Bild von Peter Grohmann)

Mooohment, bevor Sie wieder zu schnell abdrehen! Mein Freund ist ein kulturell über uns stehender Italiener, blond was das Zeug hält, in Biberach geboren und aufgewachsen (weiß der Geier, wie das kommt), groß und kräftig wie alle Südländer, aber heißblütig, wenn der VfB einen Strafstoß erhält. Leonardo liebt geschmelzte Maultaschen in der Brühe, aber auch Immanuel Kant. 1978 hat er mich mal ins Stuttgarter Schauspielhaus mitgeschleppt, in Peymanns Inszenierung von Bernhards Theaterstück Immanuel Kant. Ich kannte ja alle drei von früher und bin mit – es war die Aufforderung Kants an mich ehedem Mutlosen, mich meines eigenen Verstandes zu bedienen. Warum auch nicht?

Aber mein Freund Leonardo ist ein Faschist. Keine Ahnung, ob er die Doppelte Staatsbürgerschaft beantragen würde, um in Italien Melone abzuwählen – Avanti Popolo und so. Viele der grauhaarigen Eurokommunisten liegen unter der Mater Terra, und die Linke dort unten, unsere Hoffnung, unser Sieg, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Aber die Faschisten Italiens marschieren. Sie marschieren und terrorisieren und sitzen mit frischer Unterwäsche in nahezu allen Parlamenten. Manchmal marschieren sie mit steil noch oben gerichtetem Arm, als wollten sie sagen: Der da oben ist mit uns! Eine Glaubenslüge.

Mein Freund der Faschist ist im Grunde genommen pazifistisch angehaucht wie Jesus, aber der Hauch ist zu schwach, um zum Sturm zu werden in kriegslüsternen Zeiten. Leonardo ist überdies ein Freund der Seenotretter, anders als der CDU-Chef Roland Schmidt in Cannstatt, der gern mit der AfD gemeinsam das Abendland retten tät‘, wenn’s noch ginge. Leonardo wählt, fürchte ich, eher grün, die überzeugen ihn zwar nicht, aber die Linken noch weniger. Es gibt keinen 1. Mai, an dem er nicht mit roter Nelke und weißem Oberhemd auf dem Marktplatz steht und anschließend im Kommunisten-Waldheim eine Rote Wurst vespert. Er hat anders als ich studiert, Literatur, Politik und so, aber „koin Doktor han i net macha könne, wegm Haushalt ond weil i halt uff onsre drei Kender hab uffpassa müsse“, während seine Frau arbeiten ging.

Egal jetzt. Mein Freund der Faschischt wurde erwischt. Er hatte mit einem kleinen Scherle ein AfD-Plakat abgeknipst, weil es ihm beim Einparken die Sicht versperrte. Doch mitten im Tun stürzten drei Maskierte auf ihn und verprügelten ihn. „Dreckiger Faschischt“ (schwäbisch) riefen sie, „da hascht die Quittung. Du hängscht koin AfD-Plakat mehr auf!!“ und verschwanden. Aber wie’s der Teufel will – während er noch ziemlich rumtappste, tauche ein anderer Trupp von Wahlhelfern auf: „Ja, wen haben wir denn da?“. Natürlich fragten sie nicht lange und wirklich, sie schlugen einfach zu. Gut geschult. „Der zerstört keine AfD-Plakate mehr!“

Ich habe ihn im Klinikum besucht. Das linke Auge kann doch noch gerettet werden.

Und Satire, die ins Auge geht.

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