Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen: Ich bin der erste Kriegsdienstverweigerer, ich hab’s amtlich. Keine Ahnung, wie lange solche Dokumente halten, aber ich verspreche hoch und heilig: Ich mach’s nie wieder.
Vielleicht kriegen wir ja (wg. Gleichberechtigung) jetzt auch einen Veteranentag fürs Klo säubern, Kotze abräumen, psychisch erkrankte Menschen mit aller Gewalt ruhigstellen (im Notfall: Elektroschocker), Nase zuhalten und Essen einflößen, obendrauf ’ne gute Portion Merck oder AstraZeneca, täglich 1 – 2 Selbstmorde verhindern, erzwungene Beteiligung an Menschenversuchen – tja, die Erinnerungen! Da kommt nicht nur nachts manches hoch. „Das ist nix für schwache Nerven, da musst du standhalten!“, sagten die Ärzte. Die Steigbügelhalter der Nazis hielten bis zur Pension stand. Keiner fragte.
„Wenn man sich nicht wehrt, landet man am Kreuz“, schrieb Winfried Kretschmann im März dem Pabst hinter die Ohren, weil der als wichtigster Vertreter Gottes auf Erden irgendwas von weißen Fahnen gefaselt hatte. Nein, das war keine Gotteslästerung, es war Jesusschelte.
Der heute weltweit gehasste Pazifist, wer wüsste es nicht, hat momentan nicht viel zu melden. Man kann den damaligen Widerständlern gegen den brutalen Angriffskrieg der Deutschen (1933 – 1945) gegen den Rest der Welt vorwerfen, dass sie sich nicht einig waren im Kampf gegen Terror und Krieg, obwohl sie deren Pläne längst kannten. Man könnte ihnen etwa vorwerfen, dass sie hier bei uns nicht zu den Waffen gegriffen haben. Vielleicht hat der oberschwäbische Ministerpräsident und Jesuskritiker doch recht, vielleicht ist es gar ein Appell an alle Menschen, die sich auf Gottes Erdboden gegen Terror und Gewalt, gegen Ausbeutung, Vertreibung, Hunger und Elend zu bewaffnen und endlich zur Wehr setzen? Eine Warnung, um nicht am Kreuz zu landen wie die vielen Millionen Menschen, die von den Deutschen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden? In fast jedem Ort, jedem Betrieb schufteten sie bis zum Umfallen – oder bis zur Befreiung, auch Kinder und Frauen. Der Arzt Karl Horst Marquart ist in mehrjähriger Forschungsarbeit dem Leben und dem Tod von mehr als 200 sowjetrussischen Kindern nachgegangen – 260 starke Seiten bei kontakt@die-anstifter.de – Kinder, die allein in den Lagern der Wohlstandsstadt Stuttgart zwischen 1943 – 1945 geboren und gestorben sind. Sie konnten sich so wenig wehren wie die Kinder heute – in Charkow, Kiew: Nahostwärts.
Und jetzt? Trauer, Frust, Resignation 80 Jahre später? Oder Widerstand gegen das Vergessen? Die Gegenwehr beginnt mit Gegenöffentlichkeit. Wir sind ein Teil davon.
Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.