Das Leben auf der Erde ist von zwei existenziellen Bedrohungen betroffen: der Klimakrise und den Atomwaffen. Beide sind miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig, doch viele sind sich nicht bewusst, wie ernst die Gefahr eines Atomkriegs ist und wie die Abschaffung von Atomwaffen zur Lösung der Klimakrise beitragen kann.
Von Carlos Umaña (IPPNW, ICAN)
Die Klimakrise ist in der Tat ein ernsthaftes Problem und verschlimmert sich exponentiell. Dies ist auf menschliche Aktivitäten, wie der Zunahme des Militarismus, zurückzuführen, der direkt und indirekt zu den Treibhausgasemissionen beiträgt und die Viehzucht, die für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich ist als der komplette Verkehrssektor zusammen. Trotz des weit verbreiteten Bewusstseins über die Existenz und die Ursachen der Klimakrise steigen die Treibhausgasemissionen weiter an, ebenso wie die globalen Temperaturen, die in den letzten fünf Jahren die höchsten Werte aller Zeiten erreicht haben.
Wie wir gesehen haben, hat das zu mehreren Auswirkungen geführt, u. a. zu einer Zunahme extremer Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme sowie zu Wasserknappheit, die sich auf die biologische Artenvielfalt, die Landwirtschaft und die Wasserversorgung für den menschlichen Konsum und die Energiegewinnung aus Wasserkraft auswirkt. Die daraus resultierenden Produktivitätsverluste in der Landwirtschaft führen zu mehr Versorgungsunsicherheit und Unterernährung. Infolge dieser Auswirkungen wird bis 2050 mit einem Anstieg der Migrationsbewegungen auf 100 Millionen Menschen pro Jahr gerechnet.
Was muss also getan werden? Zunächst müssen wir unsere Treibhausgasemissionen umgehend reduzieren, d. h. wir müssen uns von fossilen Brennstoffen verabschieden, nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken wie die Reduzierung des Viehbestands fördern und in erneuerbare Energien investieren. Wir müssen auch unsere Wälder und andere natürliche Ökosysteme schützen und wiederherstellen, die eine entscheidende Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff und der Regulierung des Klimas spielen. Wir müssen in die Forschung investieren, und wir brauchen Politiker, die auf die Wissenschaft hören und entsprechend handeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir Ressourcen und politischen Willen brauchen.
Doch wie passen Atomwaffen in dieses Bild?
Zunächst einmal erhöht die Klimakrise das Risiko eines Atomkriegs. Die Weltuntergangsuhr steht derzeit auf 90 Sekunden vor Mitternacht, das ist das höchste Risiko in der Geschichte. Dies ist auf drei Faktoren zurückzuführen: 1. die instabile politische Führung in den Kernwaffenstaaten; 2. das erhöhte Risiko einer versehentlichen nuklearen Detonation oder von Cyberterrorismus aufgrund der Anfälligkeit von Frühwarnsystemen; und 3. der Klimawandel.
Der Klimawandel erhöht das Konfliktpotenzial um Ressourcen wie Land, sauberes Wasser und Nahrungsmittel und verstärkt den Migrationsdruck. Ein politischer Zusammenbruch wiederum führt dazu, dass extremistische Führer die Kontrolle über Atomwaffen erlangen – eine Gefahr in Regionen, in denen bereits politische Spannungen bestehen.
Aber eine einzige nukleare Detonation kann, insbesondere in der heutigen Zeit, erhebliche und irreparable Umweltschäden verursachen.
Andererseits hätte selbst ein begrenzter Einsatz von Atomwaffen katastrophale klimatische Folgen.
Ein nuklearer Schlagabtausch zwischen Indien und Pakistan, beides Atomwaffenstaaten, die sich häufig im Konflikt befinden, mit 100 Bomben in der Größe von Hiroshima – weniger als 1 % des weltweiten Arsenals – hätte neben lokalen und regionalen Katastrophen auch globale Auswirkungen auf das Klima. Die Erntezeiten für die Grundnahrungsmittel, auf die viele Bevölkerungen angewiesen sind, würden sich verkürzen, was zu einer Hungersnot führen würde, die weltweit mehr als 2 Milliarden Menschen das Leben kosten könnte.
Ein Atomkrieg würde zu Zerstörungen unvorstellbaren Ausmaßes führen, mit Dutzenden von Millionen Toten, einer massiven Strahlenbelastung, die sich über die ganze Welt ausbreitet, und einem nuklearen Winter, der zur Zerstörung unserer Zivilisation und zum Aussterben vieler Arten, möglicherweise auch unserer eigenen, führen würde.
Die Lösung der Klimakrise erfordert finanzielle Mittel und politischen Willen und muss notwendigerweise die nukleare Abrüstung einschließen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Wartungsaufwand für Atomwaffen extrem hoch ist. Die derzeitigen Investitionen in Atomwaffen werden auf 82,9 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt, Tendenz steigend.
Wenn die Klimakrise mit finanziellen Mitteln und politischem Willen gelöst werden soll, dann muss die nukleare Abrüstung Teil der Lösung sein. Atomwaffen stellen nicht nur eine ernsthafte Bedrohung für die Umwelt dar, sie verursachen auch unzumutbare Kosten und Risiken und untergraben die Grundlagen der internationalen Zusammenarbeit und des guten Willens.
Die Bewältigung der Klimakrise wird eine massive Beschaffung von Ressourcen erfordern. Ein Großteil dieser Investitionen könnte direkt aus den umfassenden Ressourcen stammen, die durch die nukleare Abrüstung freigesetzt werden würden. Im Gegenzug könnten die wissenschaftlichen Talente und politischen Ressourcen, die derzeit für Atomwaffen aufgewendet werden, in grüne Innovationen investiert werden.
Förderung einer Kultur des Friedens und Stärkung des mehrseitigen Regimes
Um beiden Bedrohungen zu begegnen, muss sich die Weltgemeinschaft auf einen Ansatz der Gleichberechtigung, Zusammenarbeit und gemeinsamen Verantwortung einigen. Zu diesem Zweck ist es unerlässlich, die Bemühungen der Menschheit auf die Förderung einer Kultur des Friedens und die Stärkung des vielseitigen Regimes zu konzentrieren.
Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (TPNW), der im Juli 2017 von 122 Ländern bei den Vereinten Nationen angenommen wurde, ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Als Ergebnis humanitärer Abrüstung und evidenzbasierter Politikgestaltung ist der Atomwaffenverbotsvertrag ein Triumph der internationalen Diplomatie und fördert eine Kultur des Friedens und der Zusammenarbeit.
Aufgrund seiner direkten und indirekten Auswirkungen muss die Unterzeichnung und Ratifizierung des Abkommens daher als dringende Maßnahme in den Rahmen der Klimakrise aufgenommen werden.
Seine weltweite Anwendung und Umsetzung wird das mehrseitige Regime stärken und die wissenschaftliche Diplomatie und die internationale Zusammenarbeit fördern, welche wesentliche Elemente im Kampf gegen den Klimawandel sind. Aufgrund seiner direkten und indirekten Auswirkungen muss die Unterzeichnung und Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags daher als dringende Maßnahme im Zusammenhang mit der Klimakrise aufgenommen werden.
Die Zeit wird knapp, aber wir haben noch Optionen. Angesichts dieses doppelten existenziellen Dilemmas steht die Menschheit am Scheideweg: Wir können unseren Fortbestand und unseren Wohlstand sichern oder wir können für unsere Zerstörung sorgen. Mehr denn je braucht die Welt den Dialog, die gesellschaftliche Teilhabe und pragmatische Führungspersönlichkeiten, die auf die Wissenschaft hören, mutige Entscheidungen treffen und konstruktive Maßnahmen einleiten und umsetzen können.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Sabine Prizigoda vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!