Am 10. Februar wurde ein Friedensmanifest veröffentlicht, das von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht initiiert und von zahlreichen Prominenten unterstützt wurde. Bislang haben fast 1 Million Personen das Manifest unterzeichnet.
Es ist offensichtlich für jeden, der etwas davon versteht, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland nicht gewinnen und das Sterben nur durch einen Verhandlungsfrieden beendet werden kann. Jedoch fallen gerade deutsche Politiker und Politikerinnen durch ihre Kriegsrhetorik und Äußerungen im Sinne von „Sieg um jeden Preis“ besonders negativ auf.
Weicht ein Politiker mit einer Aussage nur etwas von dieser Forderung ab, wie kürzlich der SPD-Fraktionschef Mützenich mit seiner Äußerung im Bundestag, den Ukraine-Krieg „einzufrieren“, ist die Entrüstung unter den Politikerinnen und Politikern hierzulande groß und die Mainstream-Medien schießen aus vollem Rohr.
Allen voran tut sich Mützenichs Parteikollege und Verteidigungsminister Boris Pistorius hervor.
Ute Stürmer, Mitorganisatorin des Friedensmanifests, hat dies zum Anlass genommen, einen offenen Brief an Boris Pistorius zu verfassen, den wir hier gerne veröffentlichen möchten.
Sehr geehrter Herr Pistorius,
mit Befremden habe ich – und mit mir viele andere – zur Kenntnis genommen, dass Sie sich von den Äußerungen Rolf Mützenichs in der Sache „Friedensbemühung“ distanzieren.
Damit distanzieren Sie sich automatisch von allen besonnen Kräften inkl. dem Bundeskanzler Olaf Scholz, dem Altbundeskanzler Gerhard Schröder, zahlreichen (zT. ehemaligen) Militärs hohen Ranges, Intellektuellen und Künstlern, und natürlich vielen deutschen Wählern, die sich einen Frieden im Ukraine-Krieg wünschen und genau wissen, dass das nicht ohne diplomatische Hilfe anderer Staaten möglich sein wird.
Ihre politische Entwicklung macht mir große Sorgen – denn Sie fühlen sich augenscheinlich mit den Stimmen der Opposition in der CDU, sowie den Oppositionellen (Grüne und FDP) in der Ampelregierung pudelwohl. Diese Haltung entspricht vielleicht einem Kriegsminister, aber soweit mir bekannt ist, treten Sie auch international als Verteidigungsminister Deutschlands auf. Was also genau „verteidigen“ Sie hier in Deutschland? Unsere Freiheit, unsere Sicherheit und unsere Werte? Wohl kaum, denn die sind (noch) nicht bedroht. Das kann sich schnell ändern, wenn die Eskalationsschraube immer weiter gedreht wird – und zwar u.a. auch von Ihnenl Dann werden Sie schneller ein amtlich bestellter Kriegsminister, als Ihnen lieb ist. Fatalerweise wird dann auch Deutschland zum Kriegsgegner von Russland, und damit die deutsche Bevölkerung zu potentiellen Kriegsopfern.
Der Bundeskanzler, der ja bekanntermaßen ein Parteikollege ist, hat das erkannt. Auch Rolf Mützenich, der bei der Taurus-Debatte im Deutschen Bundestag übrigens an vielen Stellen Applaus aus allen Parteien bekam, was darauf schließen lässt, dass es doch mehr Abgeordnete im Bundestag gibt, die seine Rede positiv beurteilten. Die allerdings bekommen weder Applaus noch Aufmerksamkeit von unseren „Qualitätsmedien“, was aufgrund der offen bellizistischen Berichterstattung der letzten zwei Jahre nicht überrascht. Den Applaus und ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen wie immer Frau Baerbock und die grüne Führungsriege, die noch Ende 2021 auf großen Plakaten Ihren Wählern „Keine Waffen in Krisengebiete“ versprochen hatte, Frau Strack-Zimmermann, Roderich Kiesewetter und einige andere, die aus unerfindlichen Gründen davon ausgehen, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen wird. Vorausgesetzt, dass alle Wünsche, die Präsident Wolodomyr Selenskij bezüglich schwerer und noch schwererer Waffen hat, zeitnah erfüllt werden.
Bevor Sie also fortfahren, Ihren besonnenen Parteikollegen medial das Wasser abzugraben und sie den Berufskritikern zum Fraß vorzuwerfen, befragen Sie bitte die deutsche Bevölkerung, denn die ist der Souverän, dem Sie zu dienen haben, nicht umgekehrt. Und wenn Sie tatsächlich so demokratisch sind, wie Sie sich immer hinstellen, dann respektieren Sie bitte die Mehrheitsmeinung.
Good luck – für uns alle.
Ute Stürmer