Es ist einer der schwersten Angriffe auf die feministische Bewegung seit langem: Anfang Februar brachte die Partei des ultrarechten argentinischen Präsidenten Javier Milei einen Gesetzentwurf ein, mit dem das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche abgeschafft würde. Der Entwurf sieht stattdessen Strafen von bis zu zehn Jahren Haft vor. Damit wäre das Gesetz noch restriktiver als die Regelung vor der hart erkämpften Legalisierung von Abtreibungen im Dezember 2020. Eine Attacke sondergleichen, der nur wenig später die nächste folgte. Ende des Monats verkündete Mileis Sprecher Manuel Adorni, fortan sei die Nutzung inklusiver Sprache in der öffentlichen Verwaltung untersagt – eine Regelung, die bereits zuvor für die Streitkräfte festgelegt worden war. Auch die Antidiskriminierungsbehörde wurde von der Regierung aufgelöst. Im selben Stil verfügte der kürzlich im Amt bestätigte Nayib Bukele, Genderperspektiven aus Lehrplänen und Schulbüchern sowie Materialien im Gesundheitswesen in El Salvador zu entfernen.
Die Maßnahmen zeigen: Frauen und disidencias sollen unsichtbar und die von ihnen erkämpften Erfolge rückgängig gemacht werden. Die Rechte und Ultrarechte, die sich lateinamerika- und weltweit auf dem Vormarsch befindet, hat Angst vor Selbstbestimmung. Zu recht. Das macht die argentinische Aktivistin Verónica Gago klar, die von den Vorbereitungen der feministischen Bewegung in Buenos Aires für den feministischen Kampftag berichtet – der erste 8. März, an dem es „gegen eine ultrarechte Regierung mit dezidiert antifeministischer Agenda“ auf die Straße ging. Oft sind es gerade feministische Bewegungen, die am hartnäckigsten Widerstand leisten. Das zeigten Aktivist*innen in El Salvador, die die erste und bisher einzige Demonstration gegen den Wahlbetrug von Bukele organisierten. Der Widerstand gegen das rechte Verfassungsprojekt in Chile kam auch und vor allem aus der feministischen Bewegung.
Milei, das wird in Gagos Bericht deutlich, hat sich die Falschen zu seinen Feind*innen gemacht. Dabei bleiben die Feminist*innen nicht unter sich. Im Aufruf vom Bündnis Ni una menos hieß es: „Schließt euch mit denen zusammen, die hungrig sind, mit denen, die Angst haben, mit denen, die die Nase voll haben. Wir kommen zusammen, denn gemeinsam sind wir unbesiegbar!“ Wie die Afrofeministin Sandra Chagas betont, nehmen rassistische Gewalt und Diskriminierung auch durch die Hassreden der Regierung Mileis zu.
Um zusammenzukommen ist es notwendig, einander zuzuhören – insbesondere den Personen, die am stärksten von Gewalt und Marginalisierung betroffen sind. Nicht nur in Argentinien wird darauf großen Wert gelegt. Die Coordinadora Feminista 8M aus Chile rief für den 8. März zum landesweiten feministischen Generalstreik auf. Dafür vernetzt sie sich mit anderen Gruppen, so solchen aus den Kämpfen ums Wohnen, für menschenwürdige Arbeit, Pflege und Umwelt, mit Feminist*innen und disidencias. Verschiedene Ebenen werden so miteinander verknüpft. Die Coordinadora spricht in ihrem Aufruf explizit über die Zunahme von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, „wenn wir über Migrant*innen, rassifizierte Menschen, Pflegekräfte, die Gesundheit der Bevölkerung, verschuldete Menschen und die Kriminalisierung von Armut sprechen“.
Auch in Deutschland sind ultrarechte Kräfte auf dem Vormarsch, die erkämpfte Rechte in Frage stellen wollen. Sie sind noch nicht an der Macht, aber vereinnahmen geschickt Kritik und beeinflussen den gesellschaftlichen Diskurs. Um dem wirksam etwas entgegen zu setzen, muss es jetzt auch in Deutschland darum gehen, verschiedene Kämpfe zu verbinden. Die Feminist*innen Lateinamerikas zeigen, wie das gehen kann.