Die „Tage X“ von Julian Assange, die am 20. und 21. Februar in London angesetzt waren, um über das Auslieferungsbegehren der USA zu entscheiden, sind nun vorüber. Die quälende Ungewissheit für ihn und seine Familie dauert jedoch an, da die Entscheidung über seinen Berufungsantrag vertagt wurde.
Am späten Nachmittag des 21. Februar entschieden die Richter, dass eine sofortige Entscheidung nicht möglich sei. Stattdessen wurden die Rechtsanwält*innen der Anklage und der Verteidigung aufgefordert, bis zum 4. März zusätzliche Unterlagen einzureichen. Die Dauer bis zur nächsten gerichtlichen Anhörung bleibt unklar.
Während der Verhandlung schienen die Richter erstmals Interesse an bestimmten Punkten der beiden Parteien zu zeigen und stellten Nachfragen. Dies hinterließ einen positiven Eindruck bei vielen Beobachter*innen des Prozesses und deutet darauf hin, dass eine vollständige Berufungsverhandlung möglich ist. Dennoch könnte dies bedeuten, dass sich eine neue Verhandlung um weitere 8 oder 10 Monate verzögert, während Julian Assange im Gefängnis weiter leidet.
Die Möglichkeit der Auslieferung ist nach wie vor vorhanden. Sollten die Richterinnen gegen die Revision entscheiden, planen Assanges Rechtsanwältinnen, Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einzulegen, um die Auslieferung zu stoppen.
Hier das Statement von Stella Assange nach den beiden Verhandlungstagen:
Julian Assange war zu krank, um persönlich zu seinem eigenen Gerichtstermin zu erscheinen. Sein körperlich-geistiger Gesundheitszustand verschlechterte sich im Lauf der fast 5 Jahre in Belmarsh immer mehr. Eingesperrt in eine ca. 2 x 3 Meter große Zelle, in 22 Stunden Isolation, ohne gemeinsame Mahlzeiten – die Bedingungen sind schrecklich. Weihnachten war eine besondere Qual, als Julian Assange eine Woche lang krank war und erst nach der Intervention des australischen Hochkommissars einen Arzt konsultieren konnte. Sein Husten war so stark, dass er sich eine Rippe gebrochen hatte.
Die UN-Sonderberichterstatterin Dr. Alice Jill Edwards warnte im Februar eindringlich: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass jede Form von Isolations- und Einzelhaft irreparable Auswirkungen auf Herrn Assanges psychische und physische Gesundheit haben wird.“ Dieser jahrelange Prozess wirkt wie eine schreckliche Strafe, die ihn zermürben und letztendlich töten soll.
Die Vorstellung, dass Julian Assange im Falle seiner Auslieferung an die USA gut behandelt und nicht den sogenannten „besonderen Maßnahmen“ (SAMS) unterworfen würde, ist absurd. Stella Assange äußerte sich sehr pessimistisch und bezeichnete diese Maßnahmen als Euphemismus für Folter. Wie soll Julian Assange, der 13 Jahre lang misshandelt und gefoltert wurde, so etwas überleben? Sie würden ihn in das finsterste Loch werfen.
Selbst Amnesty International betonte, dass die Zusicherungen der USA nicht vertrauenswürdig seien. Es bleibt abzuwarten, ob die bis zum 04.03.24 angeforderten Papiere die Fragen der Richterinnen beantworten können. Es ist außerdem zu bedenken, dass Assange in den USA keine „normale“ Anklage erwarten kann, sondern eine Anklage unter dem „Spionage Act“ und dabei wäre die CIA beteiligt – die Institution, die seine Ermordung geplant hatte.
Die kommenden Tage bleiben entscheidend, während Julian Assange weiterhin auf Gerechtigkeit hofft und Unterstützung benötigt.
Das Bündnis Free Assange Berlin ruft dazu auf, weiterhin gegen die andauernde Bedrohung der Auslieferung von Julian Assange zu protestieren. Wie gewohnt wird vor der US-Botschaft am Pariser Platz am Brandenburger Tor am Donnerstag, den 07.03.2024, von 18.00 bis 20.00 Uhr eine Kundgebung abgehalten. Im Verlauf der Mahnwache wird später auch in Sichtweite der Britischen Botschaft an der Ecke Unter den Linden/ Wilhelmstraße demonstriert.