Weil die Europäische Kommission nicht wie zugesagt Schritte zur Abschaffung der Käfighaltung bei Nutztieren eingeleitet hat, hat sich die Europäische Bürgerinitiative »End the Cage Age« nun an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gewandt.
»End the Cage Age« ist die erste Europäische Bürgerinitiative (EBI) für sogenannte Nutztiere, die das erforderliche Quorum von einer Million Unterschriften erreicht (und weit übertroffen) hat. Die Kommission war deshalb verpflichtet, sich mit dem Thema zu befassen. Sie kündigte 2021 an, bis Ende 2023 Legislativvorschläge für ein EU-Verbot der Käfighaltung vorzulegen. Das ist nicht passiert. Damit ist »End the Cage Age« zwar auch die erste EBI, die eine verbindliche Zusage von der Kommission erhalten hat – diese wurde jedoch nicht eingelöst.
Kommission lässt Bürger:innen und Tiere im Stich
Das Bürgerkomitee von »End the Cage Age« hat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Unterlagen eingereicht, in denen es darlegt, dass die Kommission ihre Zusage nicht eingelöst hat. Das Komitee weist darauf hin, dass das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative mit der ausdrücklichen Absicht eingeführt wurde, den EU-Bürger:innen mehr Einfluss auf die Entscheidungsfindung in der EU zu geben. Dass die Kommission ihre historische Zusage, Käfige zu verbieten, nicht einhalte, mache den eigentlichen Zweck dieses demokratischen Instruments zunichte.
Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung und Mitglied im Bürgerkomitee von »End the Cage Age«: »Die Europäische Kommission hat den EU-Bürger:innen versprochen, Käfige zu verbieten. Dieser Schritt war überfällig. Jetzt einen Rückzieher zu machen, lässt nicht nur 1,4 Millionen Menschen, die an die Demokratie geglaubt haben, im Stich, sondern auch 300 Millionen Tiere, die weiter jeden Tag in Käfigen leiden. Es gibt keine Rechtfertigung für eine weitere Verzögerung.«
Die von Compassion in World Farming finanzierte Klage soll die EU-Kommission zur Verantwortung ziehen. Im Erfolgsfall würde die Kommission vom Gericht angewiesen, ihre Vorschläge innerhalb eines klaren und angemessenen Zeitrahmens zu veröffentlichen und Einsicht in ihre Unterlagen zu gewähren.
Vor der Agrarlobby eingeknickt
Die EU-Kommission war im Herbst 2023 kurz davor, ihre Legislativvorschläge für ein Käfigverbot zu veröffentlichen, als Präsidentin von der Leyen das Verbot auf Eis legte – offenbar unter dem Druck der Agrarlobby. In ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union gab sie sogar den Wortlaut eines Briefes wieder, den der Bauernverband »Copa Cogeca« damals an sie gerichtet hatte.
Und das obwohl alle Vorbereitungen, Bewertungen und Konsultationen für die Legislativvorschläge bereits durchgeführt wurden. Auch eine umfangreiche finanzielle Unterstützung ist vorgesehen, um den Landwirt:innen bei der Umstellung auf käfigfreie Systeme zu helfen. Eine Maßnahme, die »End the Cage Age« unterstützt.
300 Millionen Tiere fristen ihr Dasein in Käfigen
Die Forderung von »End the Cage Age« nach einem europaweiten Käfigverbot für sogenannte Nutztiere haben 1,4 Millionen Menschen unterzeichnet. Eine Koalition aus 170 Nichtregierungsorganisationen, darunter die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, steht hinter der Initiative.
Mehr als 300 Millionen Sauen, Kälber, Hennen, Kaninchen, Enten, Wachteln und Gänse leiden in der gesamten EU in Käfigen: Sauen werden in Kastenstände gezwungen, die so klein sind, dass sie sich nicht einmal umdrehen, geschweige denn, sich um ihre Ferkel kümmern können. Kälber werden kurze Zeit nach der Geburt in Einzelboxen weggesperrt, damit sie nicht die Milch ihrer Mütter trinken. Sogenannte Legehennen, Kaninchen und Wachteln fristen ihr gesamtes Leben in kargen Käfigen. Enten und Gänse werden zur Zwangsfütterung für die Produktion von Stopfleber eingesperrt.
Bürger:innen fordern mehr Tierschutz
Im Oktober 2023 ergab die Eurobarometer-Umfrage der Kommission, dass eine überwältigende Mehrheit von neun von zehn (89 %) EU-Bürger:innen – rund 400 Millionen Menschen – der Meinung ist, dass Tiere nicht in Einzelkäfigen gehalten werden sollten. Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die die Kommission wissenschaftlich berät, hat die schrittweise Abschaffung der Käfighaltung aus Gründen des Tierschutzes bei Schweinen, Milchkälbern, Legehennen, Enten, Wachteln und Kaninchen befürwortet.
Befürworter:innen für das Käfigverbot können ihre Unterstützung zeigen, indem sie Nachrichten über die Klage in den sozialen Medien teilen und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen (@vonderleyen), markieren.