„Derzeit brennt es wieder im Osten der DR Kongo, und die Welt schaut mal wieder zu“, so Maria Buchwitz, Sprecherin der pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika. Seit Wochen dringt die berüchtigte Miliz „M23“ in Richtung Goma vor, das sie 2012 schon einmal kurzzeitig erobert hatte. Die kongolesische Armee hat sich mit anderen dubiosen Milizen verbündet, die das verhindern wollen – aber es wohl nur können, wenn nicht Ruanda grünes Licht für den Vormarsch der von ihr massiv unterstützten „M23“ gibt.
Wie immer bei solchen Kriegszügen wird auf die Zivilbevölkerung kaum Rücksicht genommen. Hunderttausende sind neu auf der Flucht und dringen zusätzlich in die ohnehin überfüllten Flüchtlingslager in Goma. Die kongolesische Regierung rüstet darüber rhetorisch auf. Präsident Tshisekedi droht sogar Ruanda mit Krieg – wohl wissend, dass seine marode Armee gegen das modern ausgerüstete und gut ausgebildete Militär aus Ruanda keine Chance hat. „Die Entwicklungshilfe an Ruanda muss grundsätzlich infrage gestellt werden, solange der illegale Rohstoffexport aus der DR Kongo über Ruanda weitergeht“, äußert sich Maria Buchwitz.
Dabei ist Deutschland direkt involviert, etwa über ThyssenKrupp Material Trading, das Rohstoffe aus dem Kongo über den Tiefseehafen im kenianischen Mombasa nach Europa exportiert. Heiß begehrt sind etwa Seltene Erden aus dem Kongo – strategisch wichtige Rohstoffe für den Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft.
ThyssenKrupp bekennt sich gewiss zu einem firmeneigenen Supplier Code of Conduct (Einhaltung von Menschenrechten, Arbeitsschutz, soziale und ökologische Standards sowie Verhinderung von Korruption). Die Einhaltung dieser Richtlinien wird allerdings gemäß eigenen Angaben nur bei „ausgewählten Lieferanten“ kontrolliert. Es gab in den letzten sechs Jahren bei Lieferanten des gesamten Konzerns nach firmeneigenen Angaben Hunderte von Audits in diesem Sinne, die allerdings firmenintern behandelt werden.
Das deutsche Lieferkettengesetz soll Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette transparent und gleichzeitig rechtlich verbindlich machen. Unsere langjährigen, gemeinsam mit der Initiative Lieferkettengesetz gestellten Forderungen wurden im deutschen Gesetz allerdings erheblich abgemildert. So gilt keine zivilrechtliche Haftungsklausel, Gültigkeit ist nur für Unternehmen über 3000 Mitarbeitenden und die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten sind im Gesetz nahezu irrelevant. Außerdem gilt das Gesetz nicht wirklich entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sondern betrifft nur die direkten Zulieferer. Daher wird sich das Anfang 2023 in Kraft getretene Gesetz vermutlich als zahnloser Tiger herausstellen.
Das europäische Lieferkettengesetz, auf das sich die EU-Staaten am 15.03. nach langem Ringen geeinigt haben, sollte ursprünglich neue Maßstäbe setzen, bleibt jedoch ebenso deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dass Deutschland mit seiner kategorischen Enthaltung dazu beigetragen hat, dass das Gesetz massiv abgeschwächt wurde und zunächst für weniger als 1 % der europäischen Unternehmen gelten soll, ist mehr als bitter. „Seit Langem setzt sich pax christi für menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette ein. Zu befürchten ist, dass die neuen Regelungen nichts an der menschenrechtlichen Katastrophe in den Abbauregionen im Osten der DR Kongo ändern“, so Maria Buchwitz. „So wünschenswert die Kontrolle der Lieferketten im Blick auf Menschenrechte und Umweltstandards auch ist, ist sie nur ein Baustein hin zu fairen Wirtschaftsbeziehungen. Um die gerechte Verteilung der Rohstoffe zu ermöglichen, ist es nötig, die sozialen Bewegungen im Land zu verstärken, die sich für regionale, lokale Wertschöpfungskreisläufe einsetzen, da echte Fairness nur durch eine Verschiebung der Wertschöpfung hergestellt werden kann – weg vom privilegierten Zugang, den die Industrieländer zu den Rohstoffen haben und hin zur Förderung der heimischen Industrien, die auch die dringend benötigten Arbeitsplätze für die junge Bevölkerung schaffen können.“