Als die FPD 1948 als kleineres Übel auf die Welt kam, wollten die alten Kameraden die neue Partei umgehend zur „NS-Kampftruppe“ umwandeln. Die FDP erholte sich davon – aber: Nie wieder ist jetzt. Hatte ’33 Theodor Heuss den Nazis nicht geholfen, die Demokratie abzuschaffen? Lappalien wurden in der neuen Republik schnell verziehen. Was heißt denn schon Presse- und Versammlungsfreiheit oder Briefgeheimnis? Ich bitte Sie! Die später aufgetauchten freien Geister – etwa Dahrendorf, Hamm-Brücher, Ernst Neger – hat der Erdboden verschluckt. Nur Gerhart Baum bläst den liberalen noch den Marsch.
Heut‘ weiß man: Nur wenige Menschen kommen als Nazis auf die Welt, Adolf Hitler etwa. Der begriff schon als Baby sofort, was dem deutschen Volk bevorsteht und ließ sich demokratisch wählen, nachdem er trockengelegt worden war. Die Industrie hat die Windeln gewechselt – raus aus der Scheiße der Rezension, rein in die Scheiße mit Krieg: Vom Habenichts zum Taugenichts. Tja, die Industrie hat viel geholfen und noch mehr vergessen. IG Farben, IG Spenden. Sie war’s nicht alleine, wir waren auch dabei. Doch trotz der 156.000 Toten 1944 nur bei der Wehrmacht blieb die Stimmung im Lande erstaunlich gut für die Nazis. Die schlechte Laune kam erst später, nach dem 13. Februar…
Heut ist die Stimmung schlecht für die Demokratie. „so schlecht war ’se noch nie“, so meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Aber wer weiß schon, was noch kimmt, Omi?
Die Massen? 30 % von denen sind tendenziell rechts, 30 % tendenziell links und 30% tendenziell auf Aschermittwoch. Links heißt jetzt nicht das, was Sie gleich wieder denken, und rechts kann auch mancher Linker stehen, wie Geschichte und Gegenwart zeigen. Die 30 % mit garnischt sitzen bequem in der Mitte rum und wärmen sich den Arsch. Die restlichen 10 %? Auslandsdeutsche. Jetzt könnse sich ’n Kopp machen, wohin die 30 % der Mitte gehen würden, wenn’s hart auf hart kommt. Die ganze Wahrheit ist einfach: Ohne die Mitte geht keine Rechnung auf.
Aber mit Wahrheiten darf man Rest der Welt nicht kommen: viele sind immun. Ich nenn‘ jetzt nur mal das bis zum Erblinden gebrauchte Wörtchen „Faschisten“, mit dem man mir nichts, dir nichts jeden Rechtsgewendeten etikettiert, der gestern vielleicht noch links oder Mitte war. Der Begriff, heute tagtäglich verabreicht, verbraucht, verniedlicht und verharmlost den Nationalsozialismus. Deutschland, was ist los mit dir? Und he, Antifa, aufgemerkt: Der ständige Nazi-Vergleich ermüdet. Reichen denn Rassismus und Fremdenhass nicht aus? Sind Antisemitismus, Gewalt und Intoleranz nicht mehr alltagstauglich?
Komm, fahr mit mir nach Dachau, Terezin oder Auschwitz, ich zeig‘ Dir den Schuhberg.
Wahr bleibt auch: Deutschland hat genug Reiche. Mehr brauchen wir nicht. Doch bedenkt: Trotz Jahrzehnten intensiver Beschäftigung mit der eigenen Geschichte bleibt für viele nur das mühsam zusammengekratzte Wissen zu den Autobahnen übrig. Die polnische hört kurz vor Auschwitz auf.
Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die Ausstellungen Mein Name ist Mensch – bei uns zu buchen
Am 14.2. beim Politischen Aschermittwoch im Theaterhaus