Die extreme Rechte versucht mit dem Begriff „Remigration“ scheinbar seriös zu wirken, wenn sie über Vertreibung und ethnische Säuberung spricht. Demokratische Kräfte dürfen da nicht mitmachen.
Nach dem geheimen Vernetzungstreffen von AfD-Funktionären und anderen Rechtsextremen ist ein Begriff in aller Munde: „Remigration“. Die demokratische Öffentlichkeit darf dabei nicht die Fehler der Vergangenheit machen und ihn normalisieren.
Der Begriff “Remigration” ist an sich keine Erfindung der Neuen Rechten. Er hat in den Sozialwissenschaften aber eine feste und ganz andere Bedeutung. Dort bezeichnet er den Vorgang der freiwilligen Rückkehr in ein Heimatland, nachdem man aus diesem migriert ist.
Der Begriff hat auf diese Weise seine Berechtigung – also vor allem in der Biografieforschung. Entscheidend ist dabei, dass er innerhalb einer Biografie zur Anwendung kommt. Ein Mensch ist aus einem Land ausgewandert und kehrt dorthin zurück. Es geht dabei also nicht um die Rückkehr in ein Land, aus dem nur die Vorfahren, aber nicht man selbst stammen. Die Entscheidung zur Remigration ist außerdem freiwillig und individuell. Die Gründe dafür können vielfältig sein.
Remigration: Völkisch unerwünschte Personen aus dem Land zwingen
Dieser Begriff wird nun von der Neuen Rechten zu etwas anderem umgedeutet: der staatlich erzwungenen Ausweisung von “völkisch” unerwünschten Personen. Er wird zum Oberbegriff für eine Reihe an Maßnahmen.
Nach den Enthüllungen von Correctiv gab es Versuche, „Remigration“ zu einem austauschbaren Begriff mit „Abschiebungen“ zu erklären. Die rechte Umdeutung von „Remigration“ hat aber bewusst eine viel weitere Bedeutung.
Einerseits deckt er natürlich Abschiebungen ab, die schon jetzt vom Gesetz gedeckt sind und die auch schon jetzt stattfinden. Es betrifft Menschen ohne Aufenthaltstitel, denen keine Fluchtgründe anerkannt werden und denen die Möglichkeit zugeschrieben wird, sicher in ihre Herkunftsländer zurückzukehren.
Andererseits meinen die Rechten damit aber erzwungene Ausweisungen von Menschen, die einen aufrechtem Aufenthaltstitel oder sogar die Staatsbürgerschaft des Landes haben. Es kommen auch Ausweisungen aufgrund von „kultureller Ferne“ oder „Unerwünschtheit“ hinzu.
Spirale der Normalisierung schon öfter versucht
Der Begriff ist also in dieser Verwendung klar ein Kampfbegriff der extremen Rechten. Die Verwendung von umgedeutet-wissenschaftlichem oder pseudo-wissenschaftlichem Vokabular soll Seriosität vortäuschen.
Vergleichbares passiert in der Neuen Rechten nicht zum ersten Mal. Dasselbe hat man schon beim Begriff „Ethnopluralismus“ versucht. Hier ist ein Trugbild entstanden, das behauptet, es gebe ethnisch „reine“ Kulturen, die sich nicht vermischen sollten. Ein wahnwitziges Konzept, das gegen jede Menschheitsgeschichte steht.
Neben „Ethnopluralismus“ und „Remigration“ gehört in der Szene „der Große Austausch“ zu den erfolgreichsten Begriffsschöpfungen der vergangenen Jahre. Der behauptet, es gebe einen bewusst gesteuerten Austausch der Bevölkerung, der von dunklen Eliten betrieben werde.
Undemokratische Sprache als Basis von autoritärer Politik
Mit „Remigration“ wird nun wieder versucht, einen Begriff in den demokratischen Gedankenaustausch einzubringen, der mit Demokratie nicht vereinbar ist. Er verhüllt und beschönigt Vertreibung und ethnische Säuberung.
Medien und die demokratische Öffentlichkeit dürfen nun nicht den Fehler begehen, das als normalen Begriff zu verwenden. Es würde die beschriebenen Dinge zu einem Thema „hinaufwürdigen“, über das sich wirklich normal reden lässt. Gegen diese Unmenschlichkeit zu arbeiten bedeutet auch, den Begriff (und was er in Wahrheit beschreibt) immer wieder zu erklären und höchstens unter Anführungsstrichen zu verwenden.
Sonst droht dasselbe, wie mit den zuvor erwähnten Begriffen: Die Alltagssprache wird mehr und mehr von rechtsextremer Sprache durchsetzt. Auch so baut man einem autoritären System vor.