Zuletzt gab es eine Verfassungsänderung für das 100 Milliarden Sondervermögen Bundeswehr. Jetzt schlägt das rechtskonservative CDU Lager als nächstes eine Verfassungsänderung für Totalsanktionen gegen die Ärmsten vor. Der Vorschlag des stellvertretenden CDU Vorsitzenden Jens Spahn verrät ein Weltbild, das wir sonst eher von Vertretern der AFD kennen: “Nach unten treten, Menschenwürde unbekannt.”
Manche sagen, es sei die logische Konsequenz aus der ersten Änderung. Die 100 Milliarden Sondervermögen mit allen anderen Kosten für Krieg und geostrategische Konfrontation fressen wie eine Krake die finanziellen Spielräume für soziale und ökologische Aufgaben auf. Woher das Geld nehmen? Da fallen “christlichen Pharisäern” als erstes die Schwächsten in der Gesellschaft ein, bei denen sich am ehesten noch ohne Gegenwehr Geld zusammenkratzen lässt. Der Vorschlag von Jens Spahn hat da wahrhaft Symbolwert.
Es gibt auch den Verdacht, dass hier seitens der CDU ein parlamentarischer Kuhhandel mit der Ampel vorbereitet werden soll. Nach dem Motto: “Wir unterstützen Euch bei der Flexibilisierung der Schuldenbremse, ihr gebt grünes Licht für soziale Härte“. Bauernopfer sind nicht nur die Ärmsten, sondern wir alle.
Dass Spahn seine Vorschläge nicht einmal sauber fachlich juristisch durchdacht hat, dürfte niemanden verwundern, der sich noch an die gesundheitspolitischen Kapriolen und Chaostage unter ihm als Gesundheitsminister erinnert. Oder: was schert den neuen Rechtsdrall schon die Rechtsstaatlichkeit!
Hier die Presseerklärung von Tacheles vom 14.1.2024 dazu [1]
CDU fordert Verfassungsänderung, um Totalsanktionen möglich zu machen
In den öffentlichen Debatten wird immer klarer, dass 100%-Sanktionen im Sozialrecht verfassungsrechtlich nicht zulässig sind. Dies wurde auch von Tacheles in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltssicherungsgesetz herausgearbeitet. Nun fordert heute der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, eine Verfassungsänderung zur rechtsicheren Verschärfung von Sanktionen im Bürgergeld. Er sagt: “Wenn hier eine generelle Streichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist, sollten wir eben die Verfassung ändern.”.
Die Unverfrorenheit und Arroganz der Unionsspitzenvertreter ist ungeheuerlich und demokratiegefährdend!
Das Bundesverfassungsgericht hat seine Entscheidung zu Sanktionen auf die Normen des Grundgesetzes gestützt, die überhaupt nicht veränderbar sind, da sie den Kern der freiheitlich demokratischen Grundordnung ausmachen.
Das Bundesverfassungsgericht vom 05. November 2019 zum Aktenzeichen 1 BvL 7/16:
„Die zentralen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Grundsicherungsleistungen ergeben sich aus der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 [Menschenwürde] in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG [Sozialstaatsprinzip]). Gesichert werden muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde steht allen zu und geht selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren.“
Genau um populistischen bis diktatorische Übergriffe vorzubeugen, haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die so genannte Ewigkeitsgarantie in das Grundgesetz eingefügt. In Artikel 79 Abs. 3 GG steht:
„Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“
Wir fragen uns also: Was genau möchte Herr Spahn denn nun an der Verfassung ändern? Das Prinzip der Menschenwürde abschaffen? Oder das Sozialstaatsprinzip? Obwohl beides überhaupt nicht geändert werden kann. Oder geht es doch nur um Wahlkampf und billige Hetze auf Kosten der rmen?
Der Vorstoß von Jens Spahn, das Grundgesetz zu ändern und soziale Grundprinzipien zu beschneiden, zeigt einmal mehr die rücksichtslose Agenda der CDU. Die CDU möchte weiter Druck auf die Ampel ausüben, dabei rechtstaatliche Grundsätze aushöhlen und das Land immer weiter nach rechts treiben.”