Von REHUNO Salud, dem Netzwerk für humanistische Gesundheitsnachrichten, haben wir eine Plattform für den Austausch geschaffen, auf der wir einen frischen Blick auf das tägliche Leben werfen, basierend auf erlebnisorientierter und existenzieller Psychologie (Psychologie des Neuen Humanismus). Diese Herangehensweise bietet konkrete Vorschläge zur persönlichen Entwicklung, die darauf abzielen, ein tiefes Verständnis für unser Dasein zu erlangen und ein Leben frei von unnötigem Leiden zu führen.

Dies ist weder eine therapeutische Psychologie, noch behandelt sie Pathologien. Stattdessen ist sie für alle gedacht, die nach Selbstverständnis suchen und die Werkzeuge, wenn sie es wünschen, nutzen möchten, um positive Veränderungen in ihrem Leben einzuleiten.

Psychisches Wohlbefinden ist zweifellos ein Eckpfeiler ganzheitlicher Gesundheit, weshalb es von entscheidender Bedeutung ist, sich damit auseinanderzusetzen. Wir ermutigen Sie, diese Vorschläge in die Praxis umzusetzen und sich mit uns in Verbindung zu setzen, um Ihre Erfahrungen zu teilen. Schreibt uns!

Von Jordi Jiménez

Glaubst du, dass das Scheitern bei einer Aufgabe eine … Niederlage ist? Ein Fehler? Eine Katastrophe? Etwas, das man vermeiden sollte? Ganz im Gegenteil!

Ok, in Wirklichkeit hängt es von der Ausrichtung ab, die wir unserem Leben geben. Wir haben bereits gesagt, dass es sich um eine existentielle Psychologie handelt, sodass die Frage nach der Ausrichtung des Lebens von grundlegender Bedeutung ist. Wenn meine Lebensausrichtung auf meinen äußeren Erfolg (insbesondere meinen eigenen) ausgerichtet ist, ja, dann ist Scheitern ein Horror, weil es meinem Wunsch nach Erfolg entgegensteht. Wenn mein Leben jedoch auf die Überwindung von Leid, auf Entwicklung, inneres Wachstum und die Befreiung von geistigen Fesseln ausgerichtet ist, dann ist das Scheitern ein außerordentlicher Verbündeter, denn es befreit uns von der illusionären Träumerei, in die wir verstrickt waren.

Tagträume

Im vorigen Artikel haben wir darüber gesprochen, was Tagträume sind: diese Ansammlung von Bildern, die mechanisch erscheinen, wenn wir wach sind, und die unseren geistigen Zustand vernebeln. Jetzt kommt noch etwas anderes hinzu: Diese Tagträume, diese Bilder, erscheinen, um Situationen zu kompensieren; sie sind kompensatorische Reaktionen auf innere oder äußere Reize. Beispielsweise habe ich ein Hungergefühl (innerer Reiz) und in meinem geistigen Raum erscheinen Bilder (Tagträume) vom Essen, vom Gang zum Kühlschrank oder vom Restaurantbesuch (Kompensation des Hungerreizes). Ich gehe auf die Straße und stelle fest, dass es kalt ist (externer Reiz), und es erscheinen Bilder von warmen Orten oder einem Urlaub am Strand (Reizkompensation). Diese Tagträume werden sekundär genannt, weil sie situationsbedingt sind, d. h. sobald sich die Situation ändert oder der Reiz verschwindet, ändert sich auch der Tagtraum oder verschwindet.

Es gibt jedoch Träumereien, die konstant sind und auch dann fortbestehen, wenn sich die Situationen ändern. Das sind die primären Träumereien. Wenn ich mich z. B. immer unsicher gegenüber der Zukunft und unvorhergesehenen Ereignissen gefühlt habe, neige ich zum Tagträumen und suche nach stabilen und vorhersehbaren Situationen, die mir ein Gefühl der Ruhe vermitteln. Wenn ich mich z. B. immer einsam und hilflos gefühlt habe, neige ich dazu, nach Situationen zu suchen, die mir Schutz und Gesellschaft bieten. Oder wenn ich immer das Gefühl hatte, unterschätzt und wenig geschätzt zu werden, neige ich dazu, dies zu kompensieren, indem ich das Rampenlicht suche und versuche der Perfektionist zu sein, um Kritik zu vermeiden. Kurzum, es gibt Hunderte von Kombinationsmöglichkeiten.

Wir alle, absolut alle, haben primäre Träumereien, die irgendwelche Defizite ausgleichen und die nicht von konkreten Situationen abhängen, sondern in allen Situationen auftauchen, auch wenn sie unterschiedlich sind. Meine Träumerei von Stabilität, meine Träumerei von Schutz oder meine Träumerei von Protagonismus wirken in meinem Familienmodell, in meinem Arbeitsmodell, in meinen Freundschaften, in meinen intimen Beziehungen – in allem. In allen Bereichen meines Lebens neige ich dazu, nach etwas zu suchen, das meine grundlegenden Defizite ausgleicht.

Danke Scheitern, wenn du nicht gewesen wärst…

(Bildnachweis : Razvan Chisu |Unsplash)

Dabei gilt es zu beachten, dass der Kern dieser Tagträume ein emotionales Klima ist, eine diffuse, verallgemeinerte Emotion (daher der Name „Klima“, siehe Artikel), ein Gefühl der Angst, der Hilflosigkeit oder Ähnliches. Und es ist dieses diffuse emotionale Klima, das bestimmte Bilder in Form von Tagträumen erzeugt.

Mit Tagträumen verhält es sich wie mit anderen Themen, die wir hier behandelt haben: Es geht nicht darum, sie zu bekämpfen, zu beseitigen oder gar zu ändern. Das ist auch gar nicht möglich. Es geht darum, zu verstehen, wie sie funktionieren und wie sie in mir wirken. Es ist, als würde man den Trick des Zauberers entdecken: Sobald man den Trick kennt, ist er nicht mehr lustig, man glaubt nicht mehr daran, er verliert seinen Reiz, die Illusion ist verloren und man sieht die Realität auf eine neue Art und Weise. Dasselbe gilt für die innere Welt. Man muss den Trick entdecken, um aus der illusionären Welt in eine neue Realität zu gelangen.

Ich gehe also an der Nasenspitze gezogen durch das Leben mit kompensatorischen Tagträumen, die meine Orientierung lenken und entscheiden, was ich tue und was ich nicht tue. Ich beginne Projekte und setze mir Ziele, die von den Bildern motiviert werden, die mich trösten, die mir gefallen und die mich motivieren. Und dann passiert es: ich scheitere. Die Dinge laufen nicht so, wie ich es mir gewünscht habe, oder sie funktionieren einfach nicht. Meine Projekte und Pläne sind gescheitert. Ich verliere den Mut, ich breche zusammen, ich habe keine Perspektive, keine Richtung, ich frage mich, warum ist das passiert?

Nutzen wir sie, um uns besser kennenzulernen

Jeder von uns hat mehr als einmal eine solche Situation erlebt. Was sagen wir nun? Dass wir dieses Gefühl des Scheiterns nutzen sollten, um die Träumereien zu beobachten, die es ausgelöst haben, um einen Moment innezuhalten, nachzudenken und im Detail zu untersuchen, welcher kompensatorische Impuls dieses Vorhaben motiviert hat. Wir beurteilen hier nichts, es gibt kein Richtig oder Falsch, wir wollen nur beobachten und verstehen. Und wenn es uns gelingt, diesen Knoten zu entwirren, werden wir etwas sehr Interessantes entdecken: In Wirklichkeit habe ich nicht versagt. Es wurde klar, dass meine Träumerei viele Illusionen, viel Unwirkliches enthielt. Deshalb hat es nicht funktioniert. Und wenn ich es geschafft habe, zu sehen, wie es passiert ist, wenn ich sehe, wie ich funktioniere, wie viele Kompensationen es gibt, dann habe ich an Realitätskriterien gewonnen, weil ich beim nächsten Projekt besser trennen kann, was möglich und was illusorisch ist.

Wir sagen nicht, dass wir pragmatisch sein und aufhören sollen, Utopisten zu sein. Das ist es nicht. Oft ist das Projekt gültig, aber z. B. wollen wir kurzfristig Ergebnisse erzielen, und das ist nicht möglich; oder wir wollen die Protagonisten dieses Projekts sein, und dann kommt es anders; oder man wollte alles so sehr kontrollieren, dass schließlich alles außer Kontrolle geriet; oder man hat die Menschen, die einen begleiten, so sehr gezwungen, dass man schließlich allein dasteht. Mit anderen Worten: Oft scheitert nicht das Projekt, sondern die Fantasien, die sich eingeschlichen haben. Und vielleicht scheitert das Projekt an ihnen, was aber nicht bedeutet, dass das Projekt nicht wertvoll, nicht möglich oder nicht wünschenswert ist. Außerdem ist es für ein erfülltes und einträchtiges Leben notwendig, Projekte zu haben, eine offene Zukunft zu haben und Dinge in der Welt zu tun. In Wirklichkeit ist es egal, ob die Projekte scheitern, denn wir können immer neue Ideen umsetzen, und durch diese scheinbaren Misserfolge werden wir viel über unsere Illusionen gelernt haben und so auf dem Weg zu einem wacheren und klareren Leben voranschreiten.

Siehe außerdem:

Alle Artikel der Serie Psychologie des Neuen Humanismus

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!

Der Originalartikel kann hier besucht werden