Der Bundesverband Menschen für Tierrechte hat gestern 57.308 Unterschriften von Bürger:innen an die Bundesminister Cem Özdemir und Marco Buschmann übergeben, die die Petition „Schluss mit der Straflosigkeit bei Tierquälerei“ unterschrieben haben. Die Unterzeichner:innen fordern, die Schwachstellen im Vollzugs- und Rechtssystem zu schließen, damit Tierquälerei endlich effektiv verfolgt und hart bestraft wird.
Dokumentationen und Recherchen belegen immer wieder, dass Tierquälereien in Schlachthöfen, in Zucht- und Mastanlagen, bei Tiertransporten und in Tierversuchslaboren nicht die Ausnahme, sondern oft die Regel sind. Aktuelle Beispiele sind der Schlachthof Aschaffenburg, wo Tiere mit Elektroschockern gequält und ohne Betäubung geschlachtet wurden oder die am 20. November veröffentlichte NDR-Recherche zu illegalen Tierversuchen in Deutschland.
Fehlen: Regelmäßige Kontrollen und abschreckende Strafen
„In den meisten Fällen kommen diese furchtbaren Tierquälereien gar nicht ans Licht. Es fehlt an regelmäßigen Kontrollen und abschreckenden Strafen. Doch auch wenn die Staatsanwaltschaften Ermittlungen aufnehmen, kommen die Täter:innen meist mit lächerlichen Strafen davon“, kritisiert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte. Eine im Jahr 2022 veröffentlichte juristische Studie bestätigte, dass die meisten Ermittlungsverfahren bei Tierschutzverstößen eingestellt werden. Strafrechtler, wie Prof. Jens Bülte, sprechen deswegen von der „faktischen Straflosigkeit institutionalisierter Agrarkriminalität“.
Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführen
Die Bundesregierung überarbeitet derzeit das Tierschutzgesetz. Im Koalitionsvertrag hat sie angekündigt, Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführen zu wollen. Außerdem soll den Behörden Aufklärung und Vollzug von Tierschutzvergehen erleichtert werden. Vor diesem Hintergrund fordert der Bundesverband Menschen für Tierrechte zusammen mit den über 57.000 Unterzeichner:innen, dass die Bundesregierung diese Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzt.
Höchststrafen für Tierschutzvergehen ausschöpfen
„Damit Tierquäler:innen endlich angemessen bestraft werden, ist ein Bündel von Maßnahmen nötig. Als erste Maßnahme fordern wir, dass die Ampel – wie im Koalitionsvertrag versprochen – Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführt. Die bei der ersten Überarbeitung des Tierschutzgesetzes genannten höheren Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren und Geldbußen bis zu 100.000 Euro müssen kommen – und angewendet werden. Denn nur ein konsequenter Vollzug, der die Höchststrafen für Tierschutzvergehen auch tatsächlich ausschöpft, entfaltet eine abschreckende Wirkung“, sagt Ledermann.
Entdeckung und Verfolgung von Tierquälerei vereinfachen
Darüber hinaus fordert der Verband eine Stärkung der Behörden bei Kontrollen und mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vollzug bei Tierschutzverstößen. Amtstierärzte, Staatsanwälte und Richter benötigten optimale Arbeitsbedingungen. Neben einer Aufstockung des Personals, müsse die Verfolgung von Tierquälerei vereinfacht werden. Bisher sei dies sehr schwierig, da sehr hohe Anforderungen bezüglich der Beweisführung gestellt würden. Tierschutzjuristen forderten zudem seit Langem die Einführung der Position eines Tieranwalt, der eigene Rechte im Strafverfahren hat sowie Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Tierschutz.
Aufruf an Landwirtschafts- und Justizminister
Die Übergabe der Forderungen und Unterschriften fand heute im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin statt. In Vertretung für die erkrankte Bundestierschutzbeauftragte Ariane Désirée Kari, nahm die Tierärztliche Referentin Lisa Dierßen aus dem Team der Tierschutzbeauftragten die Unterschriften entgegen. Unterschriften und Forderungen werden an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) weitergeleitet. Gleichzeitig erhielt auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ein gleichlautendes Schreiben, denn die Petition richtet sich gleichermaßen an beide Minister.