Marco Diener für die Online-Zeitung INFOsperber
Mitte nächsten Jahres führt Kalifornien ein Recht auf Reparatur ein. Konkret: Hersteller von elektronischen und anderen Geräten werden mit dem neuen Gesetz verpflichtet, Privaten, Werkstätten und Ersatzteilhändlern den Unterhalt und die Reparatur zu erleichtern. Dafür müssen sie Ersatzteile, Werkzeug, Software und Dokumentationen ihrer Geräte während immerhin sieben Jahren zur Verfügung stellen – und zwar zu vernünftigen Bedingungen.
Für Geräte über 100 US-Dollar
Die Sieben-Jahre-Regel gilt für Produkte, die im Grosshandel über 100 US-Dollar kosten. Sie läuft ab dem letzten Produktionstag eines Geräts. Bei Geräten, die im Grosshandel weniger als 100 Dollar kosten, beträgt die Frist drei Jahre. Geräte, die im Grosshandel weniger als 50 Dollar kosten, sind von der Regelung ausgenommen. Ebenfalls ausgenommen sind beispielsweise Spielkonsolen.
Auswirkungen auf uns
Das neue Gesetz könnte auch Auswirkungen auf uns in der Schweiz haben. Denn Anbieter elektronischer Geräte wie HP oder Apple haben ihren Hauptsitz in Kalifornien. Es ist anzunehmen, dass sie Ersatzteile auch ins Ausland liefern werden, wenn sie diese in Kalifornien anbieten müssen. Lange hatte sich Apple gegen das Gesetz gewehrt. Doch inzwischen bietet der amerikanische Hersteller freiwillig Ersatzteile an – allerdings zu hohen Preisen.
Auch in anderen US-Staaten
Gesetzesanträge für ein «Right to repair» sind in rund 20 US-Staaten hängig. Beschlossene Sache sind sie in Colorado, Minnesota und New York. Aber nirgends geht das Gesetz so weit wie in Kalifornien. Überall gibt es mehr Ausnahmen.
Hilfe aus dem Internet
Wer Geräte selber flicken möchte, wird häufig im Internet fündig. Auf ifixit.com haben sich Leute zusammengeschlossen, die sich für ein Recht auf Reparatur einsetzen. Zu finden sind Anleitungen, ein Shop mit Werkzeug und Ersatzteilen und ein Forum, in dem Interessierte ihre Fragen stellen können. Eine Fundgrube für Reparaturtipps ist auch youtube.com.
Diskussionen in der EU
Ähnliche Bemühungen wie in den USA gibt es auch in der EU. Hersteller sollen verpflichtet werden, ein Produkt auch noch Jahre nach dem Verkauf zu reparieren. Zur Diskussion steht eine Frist von fünf oder zehn Jahren. Bereits 2025 tritt eine Regelung für Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Tablets in Kraft. Hersteller müssen während sieben Jahren Ersatzteile liefern können sowie Reparatur- und Wartungsanleitungen zur Verfügung stellen. Sieben Jahre sind zwar keine lange Zeit — aber immerhin.
Reparatur-Index in Frankreich
Frankreich ist selber aktiv geworden – wenn auch auf eine andere Art. Per Gesetz sind Hersteller elektrischer Geräte verpflichtet, einen Reparatur-Index anzubringen. Und zwar an Geräten wie Smartphones, Laptops, Fernsehern, Waschmaschinen, elektrischen Rasenmähern, Abwaschmaschinen, Staubsaugern und Hochdruckreinigern.
Hersteller bewerten selber
Kriterien sind:
- Wie gut sind Reparaturanleitungen und technische Handbücher? Wie lange sind sie verfügbar?
- Wie leicht lässt sich ein Gerät demontieren? Wie gut lassen sich Teile austauschen?
- Wie lange sind Ersatzteile erhältlich?
- Wie viel kosten sie im Vergleich zum Neupreis?
Die Hersteller bewerten ihre Geräte auf einer Skala von 1 bis 10 selber. Die Kennzeichnung reicht von rot (schlecht) bis grün (gut). Für falsche Angaben sind Bussen vorgesehen.
Interessierte können sich nicht nur über die Gesamtbewertung informieren, sondern auch über Details. Auf der entsprechenden Website lassen sich Geräte leicht finden.
Auch Zuverlässigkeit
Frankreich plant, den Reparatur-Index sogar noch auszubauen. Künftig sollen auch die Robustheit und die Zuverlässigkeit von Geräten in die Bewertung einfliessen. Immer wieder kursieren nämlich Gerüchte darüber, dass Hersteller ihre Geräte so bauen, dass sie nach einer gewissen Zeit den Geist aufgeben. «Geplante Obsoleszenz» heisst das im Fachjargon. Frankreich betrachtet das als Konsumententäuschung. Darauf stehen Bussen bis 300’000 Euro und bis zu zwei Jahren Haft.
Prämien für Reparaturen
Sogar eine Reparatur-Prämie gibt es in Frankreich. Wer ein Gerät in einem Geschäft mit dem «Quali-Répar»-Label flicken lässt, bekommt eine Prämie. Deren Höhe reicht von 10 Euro für einen Toaster bis zu 30 Euro für einen Fernseher.
Und in der Schweiz?
In der Schweiz läuft diesbezüglich noch nicht viel. Immerhin gibt es inzwischen landauf, landab so genannte «Repair-Cafés». Konsumenten und Konsumentinnen können diese mit ihren defekten Geräten, Kleidern, Möbeln oder Velos aufsuchen. Werkzeug steht zur Verfügung. Ehrenamtliche helfen mit Rat und Tat. Die Reparaturen sind kostenlos. Allfällige Ersatzteile müssen bezahlt werden. Spenden sind willkommen. Wer will, kann danach bei Kaffee und Kuchen noch ein bisschen verweilen. Orte und Daten hat die Stiftung für Konsumentenschutz auf einer Website zusammengestellt.