Bernie Sanders ist den meisten wohl als Meme bekannt. Wie er bei Bidens Inauguration mit seinen dicken Wollfäustlingen auf dem Stühlchen sitzt.
Tatsächlich ist der 1941 geborene Politiker Senator von Vermont. Gewählt seit 2007. Ein bei den demokratischen Politikern, zumindest jenen, die mit der Wirtschaft kungeln nicht sehr geschätzter Außenseiter, der bereits zweimal für die Präsidentschaft kandidierte.
„Billionaires shouldn’t exist“ also MilliardärInnen sollte es nicht geben, ist eine seiner Wahlkapfaussagen gewesen, die er ethisch sehr profund vertritt. Apropos profund, Sanders verwendet in seinem Buch eine sehr einfache Sprache, erklärt all seine Forderungen, Gesetzesvorhaben und Gedanken zu den Themen wie warum er der Ansicht ist und mit ihm viele andere, es keine Milliardäre geben sollte. In seinem Buch wird auch sehr klar deutlich, weshalb diese Forderung nicht als „Neiddebatte“ abgetan werden kann.
Sanders berichtet von seinen Wahlkämpfen, die Demokraten, die übrigens nicht von Big Money gesponsert wurden und er prangert den absolut undemokratischen Wahnsinn an, der es nur sehr reichen oder von Lobbyinteressen gepamperten Menschen erlaubt sich in diesen Wahlkampf zu begeben. Da beschleicht einen das ungute Gefühl, dass auch in Europa, speziell Deutschland nicht alles zum Besten steht in Hinblick auf Lobbyismus und Politik (Lobbycontrol einfügen!). Die USA sind uns da weit voarus, aber wir sind dabei sie einzuholen, zum Unglück des Großteils der Menschen die in Europa, wohnen. Ich verweise da nur auf den Cum-Ex-Skandal und unseren Bundeskanzler, auf die Steuergesetzgebung, auch unser Gesundheitssystem ist am bröckeln, wobei wir, im Gegensatz zu den US-Amerikanern uns wirklich glücklich schätzen können. Dieses Kapitel in Sanders „Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein“ ist schockierend! Wer sich ein wenig mit den USA beschäftigt, wird sich auch an der Waffenlobby, die täglichen Amokläufe und Tötungen, die fehlenden Gesetze erinnern, doch das ist nicht Thema des Buches. Hier geht es um die Auswirkungen des ungezügelten Kapitalismus, die Verarmung der Mittelschicht, das Elend der Arbeiter, den Wegen die dahinführten und welche Mittel der Staat in der Hand hat, es gibt sie, um das zu ändern, zum Wohle vieler Millionen US AmerikanerInnen.
Tatsächlich hat mich Bernie Sanders, mit seinen Visionen und Gesetzentwürfen zur Einhegungung der Bereicherung einiger weniger, abgeholt und überzeugt. Es ist möglich, eine bessere Welt zu erschaffen, und er zeigt auf wie. In Worten und mit einem Background (Sanders entstammt selbst der Arbeiterklasse) die viele Millionen UnterstützerInnnen finden sollten. Weshalb dann Biden und davor Trump die Präsidentschaft errangen wird auch sehr deutlich klar. Sanders benennt die üblichen Verdächtigen und belegt wie sie vorgingen. Er zeigt, wie die Demokraten die Arbeiterschaft im Stich gelassen haben. Und die Kranken, die Armen, die People of Colour, die Behinderten, und die öffentliche Bildung. Und damit die Demokratie! (Den meisten Repubikanern ist die ja eh schon egal.) Was nützt es, alle 4 Jahre eventuell wählen zu dürfen, was man sich übrigens in den USA längst nicht so komfortabel wie bei uns vorstellen darf, denn wer kann es sich leisten einen Tag freizunehmen um dann stundenlang an seinem Wahllokal anzustehen und, laut einem Urteil des Suprme Courts dann nicht mal Wasser gereicht bekommen zu dürfen. Aber ich schweife ab. Die USA sind keine Demokratie mehr, sie sind eine Plutokratie(wiki)! Sanders drückt das nicht so aus, aber er erklärt in seinem Buch sehr genau, warum es so ist und teils auch wie es dazu kam. Schließlich lebt er lange genug um diese fortschreitende Entwicklung zu beobachten. Sie werden vom großen Geld regiert und von der Gier nach immer mehr. Ein kapitalistisches Grundproblem. Ebenso wie die Mär vom immerwährenden Wachstum in einer ressourcenbeschränkten Welt.
Das Geld ist nicht weg, es ist nur woanders.
Bei den Superreichen, den popeligen Millionären und den Politikern, die zuerst ihren Wahlkampf mit den Geschenken der Reichen führen sich ihre Verdienste sehr gut bezahlen lassen und sich dann bereitwillig revanchieren. Die unkorrumpierbaren, die nicht Gierigen werden mittels des Geldes das in die Medien aller Arten fließt erfolgreich diskreditiert.
Das Wahlvolk, dumm oder so arm gehalten, dass es nicht oder zu seinen eigenen Ungunsten wählt, mittels Wahlkreiszuschnitts (gerrymandering) entmündigt und um seine Stimmen betrogen.
Auch in Deutschland ist es mittlerweile nicht einfach zu studieren, wenn man Eltern hat die einen nicht unterstützen können, dazu gibt es genug Studien. Unser System wird immer undurchlässiger. Die PolitikerInnen haben sich jahrzehntelang nicht um Infrasturktur, Klimawandel, Bildungs- und Gesundheitswesen gekümmert. Immer noch gibt es das Narrativ von „Du kannst alles schaffen, du musst dich nur anstrengen“, derweil sind Menschen in Arbeit, die aufstocken müssen (von Steuergeldern!) sprich, anstatt den Mindeslohn so anzuheben, dass Menschen davon auskömmlich leben können wird mit öffentlichen Mitteln von Staats wegen die Wirtschaft subventioniert die damit Gewinne einfährt, die den Besitzeren der Arbeitsverhältnisse, und/oder den Aktionären das Geld zuschffellt. Das ist falsch und Sanders spricht solche und andere Wahrheiten deutlich aus. Wir reden jetzt natürlich von Deutschland, in den USA muss man halt das Schlafen reduzieren um drei Jobs zu machen damit was zu essen da ist und Miete gezahlt werden kann.
Fazit:
Das große Verdienst dieses Buches ist es, uns als Warnung zu dienen so weiter zu machen wie bisher, mit sehr deutlichen Erklärungen warum. „Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein“ ist ein wichtiges Buch. Denn dieser zerstört Demokratien, leider weltweit zu beobachten gerade, wie Populisten die Macht übernehmen, aktuell statet Italiens Regierungschefin eine Verfassungsänderung um sich selbst mehr Macht zuzuschanzen. Millionen TürkInnen wissen mittlerweile wohin das führt.
Die einfache Ausdrucksweise, die es einer großen Menge an Menschen erlaubt den Inhalt zu verstehen. Die freundlich, lockere Erzählweise von Sanders und ihn selbst als Sympathieträger zu erleben. Sanders wirkt locker, humorvoll und es schwingt durch, weshalb er gerade bei jungen Menschen in den USA so viele UnterstützerInnen hat. Obwohl er sich nicht als populistischer Guru präsentiert.
Interessante Einblicke in die USA und Hintergründe zu Politikern, Wahlen, der dort praktizierten Demokratie und Gesetzgebung.
Die Deutlichkeit was Lobbyismus anrichtet in Demokratien.
Die Warnung, ja der Aufruf dazu zu verhindern, dass so es so, auch bei uns immer weiter um sich greift.
Der Aufruf Demokratie zu stärken, lebendig zu halten, ihre Feinde zu stoppen.
Umverteilung, genauer gerechte Besteuerung, ist der Schlüssel dazu.
Wer jetzt noch mehr Informationen haben möchte dem empfehle ich zusätzlich zum unabdingbaren Buch folgende Podcasts von Jung & Naiv (eigentlich sind alle Interview Folgen empfehlenswert, aber diese hier passen inhaltlich: Folge #670 und Folge #668
Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein von Bernie Sanders ist im Oktober 2023 als Hardcover bei Tropen erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.
Rezension von thursdaynext