Carlos Fino (*), interviewt für Pressenza von Vasco Esteves
Carlos Fino wurde in Portugal geboren und arbeitete vier Jahrzehnte lang als Radio- und Fernsehreporter, Kriegskorrespondent, Moderator von Nachrichtendiensten und Medienberater. Er war in Osteuropa, im Nahen Osten und Brasilien. Er lebte in Lissabon, Moskau, Brüssel, Washington und Brasilia. Er war ein preisgekrönter Journalist, schrieb Bücher und hat einen Doktortitel in Kommunikationswissenschaften. Er ist in der Welt vielleicht der bekannteste portugiesische Reporter.
Im Jahr 2022 kehrte er nach Portugal zurück, um – wie er selbst sagt – „nicht mehr im Rampenlicht der internationalen Politik und des Journalismus zu stehen und mit meiner Frau ein ruhigeres Leben zu führen“, also zu versuchen, seine „aurea mediocritas“ auf die gute alte Art und Weise auszuleben.
Doch kaum war er 2022 in Portugal angekommen, brach der Krieg in der Ukraine aus, dessen Verlauf ihn zutiefst erschütterte. Er zögerte noch, sich einzumischen, aber jetzt hat er beschlossen, eine Ausnahme zu machen und dieses exklusive Interview für PRESSENZA zu geben über seine Erfahrungen in Osteuropa und die möglichen geopolitischen Schlussfolgerungen, die er aus seinen Erfahrungen ziehen kann.
Im ersten Teil des Interviews, der vor einigen Tagen veröffentlicht wurde, ging es um die Erfahrungen von Carlos Fino in Moskau und während des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der Zerschlagung Jugoslawiens. In diesem zweiten Teil spricht er über den aktuellen Krieg in der Ukraine, über Osteuropa im Allgemeinen sowie über die fortschreitende (De-)Globalisierung und die sich abzeichnende neue Weltordnung.
Der aktuelle Krieg in der Ukraine
Pressenza: Lassen Sie uns nun über den aktuellen Krieg in der Ukraine sprechen. Carlos, wo waren Sie und was war Ihre erste Reaktion, als Sie hörten, dass russische Truppen letztes Jahr, im Februar 2022, in die Ukraine einmarschiert waren?
Carlos Fino: Ich kehrte gerade aus Brasilien nach Portugal zurück. Ich kam mit der Entschlossenheit, nicht mehr auf der „Titelseite“ der internationalen Politik zu stehen und ein ruhigeres Leben zu führen. In dieser Hinsicht ist dieses Interview eine Ausnahme. Mein ganzes Leben war der internationalen Politik und dem Journalismus gewidmet, und ich wollte etwas Abstand davon halten und das tun, was die Alten „aurea mediocritas“ nannten, d. h. hier sein und die schönen Dinge des Lebens genießen, abseits der großen Szene. Aber ich war schockiert über die Entwicklung der Ereignisse.
Obwohl der Ausbruch von Feindseligkeiten in Wahrheit immer wahrscheinlicher wurde, denn die Ukraine befindet sich genau an der Grenze zweier großer geopolitischer Blöcke: dem Westen und Russland. Sie befindet sich daher in einer sehr heiklen Situation, die Politiker mit viel Wissen und Können erfordert, um zu verhindern, dass es bis zu diesem Punkt kommt.
Angesichts der Ereignisse seit 2014, zunächst die gewaltsame Absetzung des ukrainischen Präsidenten, der in einer von der OSZE bestätigten Wahl gewählt worden war, und dann die Schaffung eines offen antirussischen Regimes in Kiew, das militärische Angriffe gegen den Donbass (der sich dieser Veränderung von 2014 nicht unterwerfen wollte) durchführte – eine Situation, die acht Jahre andauerte und Tausende von Opfern forderte – war es daher zunehmend zu erwarten, ja sogar unvermeidlich, dass Russland irgendwann eingreifen würde, was es auch tat.
Hätte der Krieg in der Ukraine durch den Westen verhindert werden können?
Natürlich hätte er das gekonnt, es wäre ganz einfach gewesen: Man hätte nur keine große Sache aus dem NATO-Beitritt der Ukraine machen oder ihn verschieben und den neutralen Status des Landes garantieren müssen. Daran ist nichts Außergewöhnliches: Österreich ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs neutral geblieben und hat davon nur profitiert. Andererseits könnte Kiew innenpolitisch sehr wohl die Autonomie des Donbass anerkennen, so wie Portugal die Autonomie der Azoren oder Spanien die Autonomie Kataloniens anerkennt. Das hätte den Krieg verhindert.
Sie glauben also nicht, dass der Westen in der Ukraine die Demokratie gegen Diktaturen – oder zumindest gegen eine Diktatur – verteidigt, sondern vielmehr seine eigenen wirtschaftlichen, strategischen und geopolitischen Interessen…
… Ja, geopolitisch, zumindest so, wie sie von der derzeitigen westlichen Führung verstanden werden. Aber wir können uns auch eine andere Ausrichtung vorstellen, nämlich die Anerkennung der Legitimität der russischen Sicherheitsbedenken. Ich wüsste nicht, warum das nicht möglich gewesen sein sollte. Russland hat offensichtlich Sicherheitsbedenken, auf die man eingehen kann und die bis zu einem gewissen Grad legitim sind und zumindest Gegenstand von Verhandlungen sein können. Aber jetzt hat die in Washington vorherrschende neokonservative Strömung offenbar erkannt: Nein, dieser Krieg ist der Weg, Russland noch mehr zu schwächen; deshalb ist der Krieg praktisch unvermeidlich geworden.
Verteidigung der Demokratie, aber welche Demokratie? Das derzeitige Regime in Kiew hat mindestens 11 ukrainische Parteien verboten, erzwang den Gebrauch der ukrainischen Sprache sogar in russischsprachigen Regionen und hat Fernsehsender verboten: Die demokratischen Standards des ukrainischen Regimes sind weit von einer normalen europäischen Demokratie entfernt.
Dieser Krieg ist also auf ukrainischer Seite ein „Stellvertreterkrieg“ der USA gegen Russland, und die Ukraine wird irgendwie für Ziele geopfert, die nicht ihre eigenen sind?
… So scheint es. Letztlich handelt es sich um einen Krieg zwischen Vettern um das sowjetische Erbe. Er hätte sich auf einen regionalen Konflikt beschränken können und sich nicht in einen Grundsatzkonflikt von globaler Bedeutung verwandeln müssen, der sogar zum Dritten Weltkrieg und zu einer nuklearen Katastrophe führen kann. Das müsste aber nicht unbedingt der Fall sein. Es stecken andere Dinge dahinter. Zu sagen, dass es sich um einen Krieg der Demokratie gegen die Diktatur handelt, ist eine propagandistische Übertreibung. Offen gesagt, nach allem, was ich gelesen habe, scheint mir das ukrainische Regime weder demokratischer noch weniger korrupt zu sein als das russische.
Es handelt sich also um einen Krieg, der in gewisser Weise vom Westen und der NATO provoziert wurde?
Nun, sagen wir einfach, dass er vor allem durch den Regimewechsel in Kiew im Jahr 2014 ausgelöst wurde. Im Grunde genommen handelt es sich um einen Bürgerkrieg, zumindest war er das, bis er sich zu einem Konflikt mit Russland und möglicherweise zu einem globalen Konflikt entwickelte. Aber zunächst war es ein interner Krieg innerhalb eines Landes: Es gab einen Teil des Landes, der sich dem anderen Teil nicht unterordnen wollte. Es war also, wie gesagt, ein Kampf von Cousins und Cousinen um das sowjetische Erbe, mit dem erschwerenden Faktor, dass es auf russischer Seite das historische Argument gibt: Weil der Donbass seit dem 18. Jahrhundert russisch ist, da praktisch alle größeren Städte im Donbass mindestens seit dem 17. Jahrhundert von Russen gegründet wurden und Russisch sprechen, ist dort die Mehrheit der Bevölkerung russisch-orientiert.
Stellen Sie sich vor, Portugal hätte am Ende seiner imperialen Phase die Algarve verloren und die Algarve wäre in Spanien integriert worden: Spanien würde, anstatt die logische Autonomie der Algarve zu akzeptieren, der Algarve die spanische Sprache aufzwingen, portugiesischsprachige Sender in der Algarve verbieten und Armeen zum Angriff auf die Algarve schicken. Wie würden die Bewohner der Algarve reagieren, und was würde Lissabon in einer solchen Situation tun?
Ein weiteres Gebiet, das schon immer eine gewisse Autonomie wollte, welche aber von der Ukraine nie respektiert wurde, ist die Krim. Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass die Krim bei der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 noch vor der Ukraine ein unabhängiges Land wurde. Es war die Ukraine, als sie einige Monate später ebenfalls unabhängig wurde, die versuchte, die Krim in ihr Land zu integrieren. Die Krim trat dann ein, verließ es wieder, trat wieder ein und verließ es nochmal, weil es ihr nie gelang, wann immer sie sich innerhalb der Ukraine befand, ihre Autonomie tatsächlich zu bekommen, wie es ihr versprochen worden war…
Es gibt auch einen historischen Kontext: Es gibt einen jahrhundertealten Disput mit Russland und dem russischen Einfluss im Schwarzen Meer. Man muss sich nur daran erinnern, dass es im 19. Jahrhundert zwei Kriege auf der Krim gab, bei denen Frankreich und England sowie die Türkei gegen Russland wegen des Streits um den Einfluss in diesem Gebiet intervenierten. Auch das Asowsche Meer wurde zur Zeit Peters des Großen von den Russen erobert. Der russische Einfluss in diesem Gebiet kam und ging, und kam und ging, aber es blieb mehrheitlich russisch.
Das ist auch ein Faktor, der bei der Analyse dieses Problems berücksichtigt werden muss: Es gibt einen historischen Streit zwischen den Großmächten über ihre Präsenz im und die Kontrolle über das Schwarze Meer, das für die Russen der einzige Zugang zum Mittelmeer ist. Die Russen haben in diesem Gebiet immer eine Vormachtstellung gehabt. Der aktuelle Krieg in der Ukraine hat auch mit diesen strategischen Interessen einiger westlicher Länder und der USA an der militärischen Kontrolle des Schwarzen Meeres zu tun: Würde die Ukraine der NATO beitreten, hätten die Russen beispielsweise keinen freien Zugang mehr zum Schwarzen Meer.
Inzwischen denke ich, dass all diese Probleme auf eine sehr einfache Weise hätten gelöst werden können: wenn die Neutralität der Ukraine anerkannt worden wäre. Es tut mir persönlich sehr leid, ich habe mehrere ukrainische Freunde, das Land ist eine sehr schöne Region, vor allem im Süden und Westen, aber es gibt dort eine historische Zersplitterung: Der Westen hat hauptsächlich im westlichen Teil Einfluss, der traditionell enger mit Polen und Deutschland verbunden ist, während im Süden des Landes (zumindest seit dem 17. und 18. Jahrhundert) die russische Sprache und die russischen Traditionen dominieren. Unter den Bedingungen eines kulturell und auch sprachlich so zersplitterten Landes wäre die einzig mögliche Lösung neutral zu bleiben.
In dieser Hinsicht haben die Ukrainer meiner Meinung nach eine historische Chance verpasst. Schauen Sie: Die Ukraine hatte nie ein so großes Gebiet wie heute, weil ihr Land immer von den umliegenden Imperien beansprucht wurde, sei es vom polnisch-litauischen, vom russischen oder vom türkischen Imperium. Ein Teil des heutigen ukrainischen Landes war russisch und wurde der Ukraine von Lenin zugewiesen; später, am Ende des Zweiten Weltkriegs, sorgte Stalin dafür, dass auch der westliche Teil (das Gebiet um Lwiw, das früher zu Polen gehörte) in die Ukraine integriert wurde. Dann, bereits im 20. Jahrhundert, gab Chruschtschow die Verwaltung der Krim an Kiew ab. Aufgrund verschiedener historischer Umstände verfügte die Ukraine Ende des 20. Jahrhunderts, also nach dem Ende der Sowjetunion, über ein riesiges Territorium, war sogar das größte Land Europas. Hätte Kiew eine demokratischere und neutralere Politik verfolgt, hätte sie die historische Chance gehabt, sich als bedeutender europäischer Staat zu konsolidieren – eine Chance, die nun vertan ist! Wenn Russland nicht militärisch zusammenbricht, hat die Ukraine den Donbass und die Krim bereits verloren. Und, wenn sie den Krieg verliert, läuft sie auch Gefahr, den westlichen Teil des Landes zu verlieren, weil die Polen der Meinung sind, dass dieser historisch zu Polen gehört. Ich halte es daher für einen historischen Fehler, dass das neue ukrainische Regime, das aus der sogenannten „Maidan-Revolution“ hervorgegangen ist, auf Konfrontation statt auf Versöhnung gesetzt hat.
Nur noch zwei kurze Fragen zur Ukraine. Die erste: Wer hat Ihrer Meinung nach die Gaspipelines des Nord Streams gesprengt, und mit welcher Absicht?
Ich empfehle Ihnen ein Gespräch mit Seymour Hersh …
… Dieser amerikanische Enthüllungsjournalist sagte, es sei die CIA…
Ich glaube nicht, dass wir zu einer Wahrsagerin gehen oder uns in Vermutungen verlieren müssen: Das hat US-Präsident Biden auf einer Pressekonferenz versprochen, als er sagte, die USA würden Mittel und Wege finden, sie [die Pipelines] zu vernichten, falls die Russen [in die Ukraine] eingreifen würden…
Das bedeutet aber eine militärische Kriegshandlung gegen Deutschland und Russland!
Deutschland scheint nicht viel getan zu haben, um die Täter zu ermitteln.
Die Deutschen haben bereits geforscht, aber sie halten ihre Ergebnisse geheim…
Ja, aber „wer schweigt, stimmt zu“, nicht wahr?
Und die andere kurze Frage lautet: Wie wird dieser Krieg Ihrer Meinung nach enden? Welche Rolle könnten die Ukraine und Russland in einer Nachkriegszeit spielen?
Vorhersagen sind in der Regel falsch. „Erwarte das Unerwartete“. Wie jemand einmal sagte: „Das Wahrscheinlichste ist das, was niemand vorhergesagt hat“! Wie auch immer, es könnten mehrere Dinge passieren. Vorerst beschränken sich die Russen darauf, die ukrainischen Angriffe einzudämmen und so viele westliche Soldaten und Kriegsgeräte wie möglich in der Ukraine zu dezimieren. Inwieweit werden die Russen an dieser Taktik festhalten, oder warten sie auf den Zeitpunkt, den sie für geeignet halten, um eine Gegenoffensive zu starten, und wie weit könnte diese Gegenoffensive gehen? Ich denke, die Russen sind nicht daran interessiert, die gesamte Ukraine zu besetzen, sondern wollen die Kontrolle über den Donbass und die Krim behalten. Es wird sehr schwierig sein, sie aus diesen beiden Regionen zu vertreiben. Was wird nach dem Krieg vom ukrainischen Staat übrigbleiben? Inwieweit wird dieses Regime in der Lage sein, die enormen menschlichen Verluste und die Zerstörung der Infrastruktur zu verkraften? Wie lange wird die Bevölkerung dies noch hinnehmen, ohne dass es zu einem Politikwechsel in Kiew kommt? Inwieweit wird die westliche Unterstützung anhalten? Wie geht es nach den US-Wahlen im Jahr 2024 weiter? Viele Fragen, viele Zweifel, wenige Antworten, keine Gewissheit. Ich glaube jedenfalls nicht, dass eine Rückkehr zum Status quo der Vorkriegszeit möglich ist.
Glauben Sie, dass der Krieg in der Ukraine schnell beendet sein wird, wenn Trump die nächsten Wahlen in Nordamerika gewinnt?
Zuerst müssen wir wissen, ob er wieder kandidieren kann. Und wenn ja, ob er gewinnen wird. Das ist eine Unbekannte. Und Trump selbst ist eine Unbekannte. Obwohl es wahr ist, dass während seiner Amtszeit keine Kriege begonnen wurden…
… Er hat keine neuen Kriege begonnen, aber andere fortgesetzt, zum Beispiel die Militärintervention in Syrien. Und er hat einen Handelskrieg gegen China begonnen. Kurzum, er hat andere Kriege angefangen…
Dies hängt von den strategischen Interessen der USA ab, die jetzt vielleicht eher an einer Konfrontation mit China interessiert sind. Diese Sackgasse in der Ukraine wird immer teurer…
Osteuropa
Ich würde Ihnen jetzt gerne ein paar Fragen zu Osteuropa im Allgemeinen stellen. Welche anderen osteuropäischen Länder haben Sie in Ihren Berichten behandelt?
Ich war in praktisch allen Ländern des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“, in kritischen Momenten und/oder während des Übergangs: Rumänien, Tschechoslowakei, Polen, DDR, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien, Moldawien, Litauen, Estland, Lettland, aber auch Albanien, Georgien, Ukraine, Armenien, Aserbaidschan, Berg-Karabach, Tschetschenien und sogar Afghanistan (nach den Anschlägen auf die Twin Towers). Und ich war mehr als einmal im ehemaligen Jugoslawien, allerdings nicht während des [NATO-]Krieges – da war ich bereits RTP-Korrespondent in Washington (1998-2000).
Was waren die aufregendsten Momente oder Erlebnisse, die Sie in dieser Zeit hatten?
Für mich persönlich und in positiver Hinsicht bedeutsamer waren sicherlich die Solidarność -Bewegung in Polen und die Samtene Revolution in der Tschechoslowakei. Ich bedaure sehr, dass ich beim Fall der Berliner Mauer nicht dabei sein konnte – ich war damals auf einer Reise nach Moskau, und RTP beschloss, einen anderen Journalisten nach Berlin zu schicken. Ich hätte diese Momente der Freude und der Befreiung gerne miterlebt. Aber die Solidarność -Bewegung in Polen, mit dem großen Einfluss der katholischen Kirche und des damaligen polnischen Papstes [Papst Johannes Paul II] Wojtyła, und dann auch die Veränderungen in der Tschechoslowakei waren die Momente, die mir am meisten in Erinnerung geblieben sind.
Der Fall der Tschechoslowakei ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, wie ein Land ohne Krieg oder Konflikte in zwei Teile geteilt werden kann: Tschechien und die Slowakei.
Ja, das hätte auch in der Ukraine passieren können. Aber so weit hätte es gar nicht kommen müssen, denn der Donbass war ursprünglich Teil der Ukraine und es bestand keine Notwendigkeit, sich von ihr zu trennen. Aber das vielleicht düsterste Beispiel war Rumänien und die Zweifel daran, wie das alles inszeniert wurde. Ich spreche über den Fall von Ceaușescu und die Liquidierung von ihm und seiner Frau. Ich war zu dieser Zeit in Rumänien.
Als die Berliner Mauer fiel, waren wir alle sehr glücklich. Aber in Deutschland wurde uns klar, dass dies nur der Anfang großer Veränderungen in ganz Osteuropa war, dass es sich nicht nur um ein lokales Phänomen handelte…
Gorbatschow hat Honecker den Boden unter den Füßen weggezogen! Und für eine Handvoll Mark handelte er mit Helmut Kohl den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland aus und ermöglichte so die Wiedervereinigung Deutschlands, und das gegen das Versprechen – das vom Westen nie eingehalten wurde! -, dass es keine Ausweitung der NATO nach Osteuropa geben würde.
Später machte Gorbatschow eine Ausnahme: Er genehmigte die Ausdehnung der NATO auf das gesamte Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands nur unter der Bedingung, dass im östlichen Teil des Landes keine Atomwaffen stationiert werden dürften…
Doch nun zu den geostrategischen – demografischen und wirtschaftlichen – Auswirkungen dieser Öffnung nach Osten, d. h. dem Ende des so genannten „Eisernen Vorhangs“. Uns war schnell klar, dass es mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu einer massiven Migration von Arbeitskräften von Ost nach West kommen würde, von Menschen, die mehr Geld oder bessere Lebens- oder Arbeitsbedingungen wollten; und gleichzeitig zu einer massiven Migration von finanziellen und wirtschaftlichen Ressourcen vom westlichen Kapitalismus nach Osteuropa. Osteuropa verfügte über billigere Arbeitskräfte, westliche Firmen kauften Fabriken und Infrastrukturen in östlichen Ländern, investierten in sie, wollten aber auch die totale Kontrolle behalten.
In Ostdeutschland, das sich zu 100 Prozent an Westdeutschland angepasst hat, verlief dieser Integrationsprozess schneller und einfacher – aber auch schmerzhafter für die betroffene Bevölkerung; in den anderen osteuropäischen Ländern, die ihre Unabhängigkeit bewahrt hatten, verlief die kapitalistische Integration langsamer, aber auch weniger schmerzhaft, da diese Länder immer eine gewisse Entscheidungsmacht und damit eine gewisse Kontrolle über das Geschehen behielten.
Waren sich damals die Menschen, die Sie in Osteuropa getroffen haben, bewusst, dass sie diesen beiden großen „Erdbeben“ – dem der Migration und dem der Wirtschaft – ausgesetzt waren oder eher mehr mit ihrem täglichen Leben, ihrem Überleben oder sogar dem Genuss ihrer neuen Freiheiten beschäftigt?
Der Aspekt der Freiheit ist sehr wichtig. Nun, ich glaube nicht, dass die Menschen eine Vorstellung von den tektonischen Bewegungen hatten, die folgen würden. Sie waren natürlich mehr mit ihrem alltäglichen Leben und ihren unmittelbaren Angelegenheiten beschäftigt. Nur die Politiker konnten eine Vorstellung von den Prozessen und ihren möglichen Folgen haben. Aber auf der Ebene des einfachen Bürgers wurde der freien Meinungsäußerung, der endlich wiedergewonnenen politischen Unabhängigkeit, der Sorge um das eigene Wohlergehen, um das, was man kaufen konnte und was nicht, mehr Bedeutung beigemessen.
Es gab schon immer eine große Faszination für den Konsum, man denke nur an das alte Bild der Bewohner von Osteuropa, die ihre Gesichter an die Scheibe eines westlichen Schaufensters pressen… Diese Faszination besteht auch heute noch und sie treibt bestimmte politische Umwälzungen an, zum Beispiel in Moldawien, Georgien usw. Diese manchmal übertriebene Vorstellung vom westlichen Wohlstand und dessen Verlockungen. Dieser Wohlstand ist nicht so blendend, wie die Leute manchmal denken, er ist fast immer schwieriger zu erreichen, als es auf den ersten Blick scheint.
Die fortschreitende (De-)Globalisierung, eine neue Weltordnung
Das ist es, was gerade in Ostdeutschland abläuft. Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind viele Menschen von ihren Erfahrungen enttäuscht, weil sich die Versprechen des Westens oft nicht erfüllt haben.
Aber schauen wir uns an, was 20 Jahre später passiert ist: Diese Öffnung nach Osten hat sich inzwischen auf andere Länder ausgeweitet, diesmal auf asiatische Länder wie China oder Indien. Wir befinden uns bereits in einer späteren Phase, in der billige Arbeitskräfte in China oder Indien gesucht werden, und auch die westlichen Investitionen beginnen sich stärker nach Asien zu verlagern. Die Globalisierung hat also eindeutig zugenommen. Aber – und das ist etwas, das mich wirklich fasziniert! – nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine scheint sich vieles plötzlich zurückzubewegen: Die Expansion der Globalisierung geht zu Ende oder sie schrumpft zumindest, es gibt einen Rückgang des Welthandels, eine De-Globalisierung und sogar einen gewissen Bedarf an Reindustrialisierung seitens der reichen Länder (im Fall der USA zum Beispiel). Zugleich entstehen neue Blöcke und einen neuen Kalter Krieg. Überall auf der Welt erleben wir ein Erstarken des Nationalismus, z. B. durch Boykotte gegen andere Länder, Protektionismen oder die Schwächung internationaler Organisationen: Russland wurde aus der G8 ausgeschlossen, die Vereinten Nationen verlieren an Bedeutung, die Europäische Union ist gespalten und teilweise gelähmt… Was ist also durch den Krieg in der Ukraine passiert, was steckt hinter all dem, was diesen großen Wendepunkt erklärt?
Befinden wir uns, wie viele westliche Medien behaupten, in einem Kampf zwischen Demokratien und Diktaturen, oder ist das alles die Schuld von Trump, der als Präsident Handels- und Finanzkriege gegen China und Europa begonnen hat? Was denken Sie darüber?
Nun, das ist eine sehr globale Frage, ich habe mich nie als Analyst für internationale Politik hervorgetan, ich bin – ich war – in erster Linie ein Reporter und Journalist. Mit einer so weit gefassten Frage erteilen Sie mir eine Anerkennung, die ich nicht verdient habe. Ich kann hier nur ein paar Plattitüden wiederholen, zum Beispiel über die Sorge der USA im Besonderen – und des Westens im Allgemeinen -, dass Chinas Macht eine Beschneidung, einen Rückzug der westlichen Macht und Interessen bedeuten könnte, und letztlich die Sorge um die Aufteilung der Welt, das heißt, wie sie von nun an aufgeteilt sein wird – und wer was kontrollieren wird. Das ist es, was die Politik antreibt.
Sie haben den Rückzug der Globalisierung und das Wiederaufleben nationalistischer Gefühle erwähnt. Ich denke, das ist logisch, denn es hat sich gezeigt, dass die Globalisierung eher den Interessen des internationalen Finanzkapitals befriedigt, ohne Rücksicht auf nationale Traditionen und Interessen zu nehmen. Es ist daher nur natürlich, dass diese globalisierende Bewegung, die in den 90er Jahren begann, eingedämmt werden muss. Und, was wir wahrscheinlich erleben werden, ist die Bildung von Gruppierungen, die die aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangene internationale Ordnung in Frage stellen, einschließlich ihrer wichtigsten Institutionen, von der UNO über die Weltgesundheitsorganisation bis hin zum Internationalen Strafgerichtshof usw. Alle diese Institutionen sind durch eine sehr pro-westliche Ausrichtung gekennzeichnet. Und mit dem Wiedererstarken der nationalen Interessen anderer Großmächte wie China, Indien, Indonesien, Brasilien, Venezuela… ist es nur natürlich, dass die gesamte bisherige Weltordnung auf den Prüfstand kommt: Fragen des Handels und der Gesetze, die den internationalen Handel regeln, die längst überfällige Überprüfung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen selbst. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist hier also eine Menge Wasser den Bach hinuntergeflossen. Und mit den – in vielerlei Hinsicht negativen – Erfahrungen der Globalisierung der 1990er Jahre, sowie dem Aufkommen neuer Mächte, ist es nur natürlich, dass diese internationale Ordnung in Frage gestellt wird. Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln… Sicher ist jedoch, dass die Dinge in Bewegung geraten sind!
Was halten Sie von dem BRICS-Block? Kann er einen sinnvollen Beitrag zu einer neuen, gerechteren Weltordnung leisten?
Das ist noch ergebnisoffen, es ist alles noch sehr früh. Aber eine Sache, die wir noch nicht angesprochen haben, ist die Rolle des Dollars. Wenn große Länder wie China, Indien, Brasilien, Indonesien, die demografisch und territorial sehr wichtig sind, und auch andere wie Venezuela oder Saudi-Arabien, die über große Ölreserven verfügen, die Rolle des Dollars im Handel in Frage stellen, ist es nur natürlich, dass auch diese globale Ordnung in Frage gestellt wird, und dass neue Regeln entstehen können. Die BRICS-Gruppe ist immer noch mehr ein Versprechen als eine Realität, aber ihr Trend geht in Richtung Erweiterung und schließlich Konsolidierung. Ich weiß nicht, wie die BRICS mit der G20 – die jetzt die G21 ist – interagieren werden: Wie wird ihre Verflechtung in Zukunft aussehen, was wird für die einen übrigbleiben und was für die anderen? Kurz gesagt, ich denke, es wurden bereits eine Reihe von Veränderungen eingeleitet, deren endgültiges Ergebnis aber noch unbekannt ist.
Wir scheinen Zeugen des Rückzugs des US-Imperiums und seiner Fähigkeit zu intervenieren zu sein. Was in Syrien geschah (und immer noch geschieht), ist aufschlussreich: Es war dem Westen, und insbesondere den USA nicht möglich, den Wandel herbeizuführen, den sie in Syrien herbeiführen wollten. Dieser Wandel wurde abgebrochen, das ist ein Indiz. Auch der Niedergang des Dollars als Währung im internationalen Handel ist ein weiteres Indiz für Trends, die im Gange sind. Wir wissen noch nicht, wie schnell und wie tiefgreifend diese Veränderungen kommen, aber die Dinge sind bereits in Bewegung.
Über die Umweltproblemen haben wir noch gar nicht gesprochen. Wir stehen am Rande eines Abgrunds, eines „point of no return“ im Bezug auf die globale Erwärmung, aber die Welt scheint nur mit Kriegen untereinander, mit der Eroberung von Einflussgebieten, mit der Bildung von Blöcken beschäftigt zu sein. Nicht mit Blöcken zum Schutz der Natur und der Menschen, sondern nur der Interessen einiger Länder oder Wirtschaftsgruppen.
Ja, aber auf der anderen Seite gibt es auch eine gewisse wissenschaftliche Unsicherheit, die die Möglichkeiten für Veränderungen in diesem Bereich etwas einschränkt. Manchmal ist das, was als Wissenschaft bezeichnet wird, nichts anderes als eine Ideologie. Es werden zwar einige Fortschritte gemacht, aber gleichzeitig finden eine Reihe von Treffen statt, die zu nichts führen und nur dazu dienen, dass ein paar hundert “Habitués” sich hier und da in der Welt treffen, ohne nennenswerte Fortschritte zu erzielen.
Nachdem ich das Ende der Sowjetunion als Journalist miterlebt habe, erleben wir jetzt, dass sich die großen Hoffnungen von damals nicht erfüllt haben.
Genau zu jener Zeit gab es die Vorstellung, dass der „Kalte Krieg“ vorbei sei, dass die globale Konfrontation zwischen den Blöcken enden würde, dass eine neue Ära möglich wäre, in der die Menschen einander besser verstehen würden, um die Probleme zu lösen, die die Menschheit schon so lange beschäftigen wie Hunger, Klimawandel, etc., und das alles mit weniger Konfrontationen und weniger Kriegen, weniger Verschwendung. Wir erleben eine große Enttäuschung. Wird es jemals möglich sein, sie zu überwinden? Wir sind immer zwischen hier und dort. Im Allgemeinen kommen die Menschen nicht zusammen, um große positive Anstrengungen zu unternehmen, außer nach einer Tragödie: erst die Tragödie, dann der Kampf gegen die Folgen. Und dann wieder eine Tragödie! Es scheint ein tragisches Schicksal in unserem menschlichen Wesen zu geben!
Kennen Sie die Positionen von Robert Francis Kennedy Jr., der jetzt für das Amt des US-Präsidenten im Jahr 2024 kandidiert? Er sagt, dass er, falls er gewählt wird, die Kriege der USA beenden und das US-Militärimperium von innen heraus auflösen und nur in die Entwicklung des Landes sowie in Frieden und Gleichheit zwischen den Völkern investieren wird.
Ja, mit diesem Programm ist er ein Kandidat für dasselbe Schicksal wie sein Onkel [John Fitzgerald Kennedy, US-Präsident, und sein Vater, Robert Francis Kennedy, beide in den 1960er Jahren ermordet].
Die Gefahr, die von internen Kräften ausgeht, insbesondere vom militärisch-industriellen Komplex der USA, vor dem Eisenhower die Welt am Ende seiner Amtszeit warnte, ist real: Diese Kräfte sind sehr mächtig und dominant. Der so genannte „tiefe Staat“, der die Vereinigten Staaten von Amerika kontrolliert, ist sehr mächtig, und in der Tat sehe ich unter den gegenwärtigen internationalen Umständen keine unmittelbare Möglichkeit für eine friedlichere Entwicklung, die den wirklichen Interessen der Menschheit mehr entspricht. Dazu müsste es in den USA selbst einen tiefgreifenden Wandel geben. Wann dies der Fall sein wird, wenn überhaupt, ist unbekannt.
Der Niedergang des US-Imperialismus, den wir gerade erleben, erklärt viele der heutigen Übel und Widersprüche…
Was wir dazu sagen können – wie Mark Twain zu den Gerüchten über seinen Tod sagte – ist, dass die Nachrichten über den Tod des amerikanischen Imperiums „etwas übertrieben sind“!
Das amerikanische Imperium, seine Stärke und Interventionsfähigkeit, seine physische Präsenz durch Hunderte von Militärbasen in der ganzen Welt, seine Männer, sein Einfluss, sein Reichtum, seine Interventionsmittel und – nicht zuletzt – seine Satellitennetze und seine Medieneinflussmöglichkeiten sind immer noch enorm.
Carlos, Sie haben gerade ein eher pessimistisches Schlusswort gesprochen. Aber die Hoffnung ist zumindest noch nicht tot. Und wir werden weiter für eine bessere, menschlichere Welt kämpfen.
Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Das Problem ist, dass unser Kampf für eine bessere Welt, wie beim Kommunismus, leider auch mit enormen Verbrechen behaftet ist. Auch die Kommunisten kamen mit diesen Versprechen: Frieden, Entwicklung, Brüderlichkeit. Und wir sind immer noch nicht über die allgemeinen Slogans der Französischen Revolution hinausgekommen: „Liberté, Égalité, Fraternité“: Wir haben, zumindest teilweise, Freiheit, auch wenn sie heute sehr stark kontrolliert wird.
Und wir haben auch noch nicht über die Medien gesprochen, über die außerordentliche Macht, die die Medien haben – und die niemand kontrolliert. Bei allen Versuchen, diese Macht zu überdenken, seit dem berühmten McBride-Bericht der UNESCO in den 1980er Jahren, der von den Vereinten Nationen gesponsert wurde, hat sich in diesem Bereich noch nichts geändert, und die Macht der Medien ist immer stärker geworden. Nach diesem Bericht zogen sich die USA aus der UNESCO zurück, boykottierten sie vollständig, und nichts ist bis heute passiert! Dieser Bericht prangerte bereits die außerordentliche Macht einer Handvoll Nachrichtenagenturen an, die alle Informationen kontrollieren. Und wer Informationen kontrolliert, kontrolliert die Welt. Und diese Agenturen sind immer dieselben, einige gehen auf das 18. oder 19. Jahrhundert zurück: Reuters, France Press, usw. Und die Zeitungen, die großen Radio- und Fernsehnetzwerke, einige davon weltweit, werden von einer Handvoll großer Oligarchen beherrscht. Sie sind es, die „den Regen und das gute Wetter machen“, wie die Franzosen sagen. Sie sind es, die immer die Botschaften übermitteln, die bestimmen, worüber es sich zu reden lohnt. Die Journalisten machen diesen Job heutzutage nicht mehr, obwohl sie die Mittel dazu haben: Wer in den Redaktionen widerspricht heutzutage der Agenda, die von den großen Agenturen vorab bereits festgelegt wurde? Wer macht sich die Mühe, nach anderen Themen zu suchen? All dies wäre technisch möglich, aber es gibt nur wenige, die sich die Mühe machen, oder es sind sehr gelegentliche Bemühungen, es wird nicht systematisch gearbeitet. Der McBride-Bericht hat diese Agenturen bereits in den 1980er Jahren in Frage gestellt, und heute sind sie immer noch die gleichen.
Und die Linke ist auch von Verbrechen geprägt, das ist das Problem: Der Gulag, die Ermordung von Trotzki usw.
Genau das ist in Deutschland passiert: Es ist direkt vom Hitler-Nazismus zum Kommunismus sowjetischer Prägung (im Falle Ostdeutschlands, der früheren DDR) und damit zu einer neuen Diktatur übergegangen. Deshalb sind die Deutschen jetzt „ausgebrannt“, sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite, und wissen nicht, wohin sie gehen sollen.
Und wo ist heute die Friedensbewegung, die damals den Vietnamkrieg beendet hat? Wo ist sie heute, um den Krieg in der Ukraine zu beenden? Niemand hisst die Fahne des Friedens!
In Deutschland wurde die Friedensbewegung in den 1960er und 80er Jahren vor allem mit der Jugendrevolte und mit den heutigen Grünen in Verbindung gebracht, die ebenfalls gegen Atomenergie und Atomwaffen waren…
… Und die jetzt von diesem Mädchen, der deutschen Außenministerin [Annalena Baerbock], geführt werden, die viel zu kriegerisch ist.
Ja, jetzt sind die Spitzenpolitiker der Grünen in Deutschland mit überwältigender Mehrheit dafür, die Ukraine mit immer tödlicheren Waffen zu beliefern, um Russland zu bekämpfen. Sie haben keine pazifistische Position mehr, nicht einmal, um Verhandlungen zu fordern! Oder zumindest neutral zu bleiben und Druck auf die Konfliktparteien auszuüben, damit sie „damit aufhören!“
Vielen Dank, Carlos, für dieses Interview!
Ich danke für Ihre Initiative und Ihr Interesse.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews: Moskau und der Zusammenbruch der UdSSR und Jugoslawiens
Übersetzt aus dem Portugiesischen von Vasco Esteves und lektoriert von Evelyn Rottengatter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!
* Carlos Fino:
1948: Geboren in Lissabon, lebt und wächst aber in Alto-Alentejo (Portugal) auf.
1967: Studiert Jura in Lissabon, ist Studentenführer und Mitglied der Kommunistischen Partei im Untergrund und wird als solcher von der PIDE, der politischen Polizei des Faschismus, verfolgt.
1971: Überquert illegal die Grenzen bis Paris und von dort nach Brüssel, wo er bei den Vereinten Nationen den Flüchtlingsstatus erhält.
1973: Übersiedlung in die Sowjetunion, wo er als Sprecher von Radio Moskau für Portugal und die portugiesischsprachigen Länder in Afrika arbeitet.
1974: Ende des Jahres, nach der Nelkenrevolution, kehrt er nach Portugal zurück und arbeitet mit mehreren Zeitungen und der ehemaligen „Emissora Nacional“ (EN) zusammen.
1975: Ende des Jahres kehrt er nach Moskau zurück, diesmal jedoch als internationaler Korrespondent für EN und später für „Rádio Televisão Portuguesa“ (RTP).
1982-1989: Arbeitet für RTP in Lissabon als Reporter, Moderator und Kommentator.
1989-1995: Zurück in Moskau, berichtet als Journalist über den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Demokratisierung Osteuropas: in Russland, Rumänien, Bulgarien, Tschechoslowakei, DDR, Polen und Ungarn, sowie über die Konflikte in Abchasien, Georgien, Berg-Karabach, Moldawien, Tschetschenien und Afghanistan.
1995- 1998: RTP-Korrespondent in Brüssel.
1998-2000: RTP-Korrespondent in Washington.
2000-2004: Berichterstattung über verschiedene Kriege und Konflikte: Albanien, Palästina, Afghanistan, und auch über den Einmarsch der amerikanischen Truppen in den Irak im Jahr 2003, wo er als erster internationaler Reporter Live-Bilder vom Beginn der amerikanischen Bombardierung Bagdads sendete.
2003: Veröffentlichung des Buches „A Guerra em Directo“, herausgegeben von Verbo.
2004-2012: Diplomatische Tätigkeit als Pressereferent der portugiesischen Botschaft in Brasilien während der ersten beiden Amtszeiten von Präsident Lula da Silva.
2013: Er zieht sich aus dem beruflichen Leben zurück und bleibt in Brasilien.
2019: Promotion in „Kommunikationswissenschaften“ an der „Universität do Minho“ in Braga mit einer Arbeit, die später als Grundlage für sein neues Buch „Portugal-Brasilien: Wurzeln der Entfremdung“ diente, das 2021 veröffentlicht wird.
2022: Er kehrt nach Portugal und in „sein“ Alto Alentejo zurück.
Im Laufe seiner Karriere als Journalist hat Carlos Fino zahlreiche nationale und internationale Preise und Auszeichnungen erhalten. Auf Facebook hat er rund 37.000 Follower, Tendenz steigend.