Mit dem am Montag vom Fraktionsvorstand beschlossenen Positionspapier erscheint die Union zum wiederholten Mal mit dem Ruf nach dem Ende von Prostitution und der Bestrafung von Kund*innen in der Presse. Wir als Berufsverband für Sexarbeitende halten das Sexkaufverbot für nicht zielführend – die Kriminalisierung der Kundschaft geht an der Lebensrealität und den Bedürfnissen der betroffenen Menschen vorbei.

Das Leben von Menschen in der Prostitution verändert sich unter einem Sexkaufverbot zum Schlechten – das zeigen uns zahlreiche Evaluationen aus Ländern wie -> Frankreich und -> Irland. Seit Schweden vor 25 Jahren als erstes Land der Welt ein Sexkaufverbot eingeführt hat, gibt es keine Studien, die auf ein Gelingen des Nordischen Modells hinweisen.

In der Sexarbeit spiegelt sich analog zu anderen Bereichen der Gesellschaft soziales Ungleichgewicht wieder – zwischen Geschlechtern, zwischen Einkommensklassen, zwischen jenen mit einer Aufenthaltsgenehmigung und jenen ohne, zwischen Migrant*innen und Deutschen.

Hier die Kundschaft zu kriminalisieren bedeutet, die Arbeitsbedingungen von vielen bereits marginalisierten Menschen noch mehr zu verschlechtern. Umstiegsprogramme für Sexarbeitende mit dem Wunsch, sich beruflich zu verändern, sind wichtig, aber dafür braucht es kein Sexkaufverbot.

Folgende Organisationen positionieren sich gegen ein Sexkaufverbot:

Deutsche-Aidshilfe

„Internationale Studien und Erfahrungen in Ländern wie Schweden und Frankreich zeigen: Jede Form der Kriminalisierung von Prostitution schützt die Sexarbeiter_innen nicht, sondern erhöht das Risiko, dass sie Opfer von Gewalt oder anderen Straftaten werden und sich sexuell übertragbare Infektionen zuziehen.“ https://www.aidshilfe.de/sexkaufverbot-verhindern-unterstuetzung-statt-nordisches-modell

bufas e.V. (Bündnis d. Fachberatungsstellen f. Sexarbeiterinnen u. Sexarbeiter)

„… es wird häufig dargestellt, dass das Sexkaufverbot keine negativen Konsequenzen für Sexarbeiter*innen habe, oder deren Situation sogar noch verbessere. Dagegen positioniert sich der Bufas entschieden. Auch innerhalb Deutschlands hat man durch restriktive Verordnungen (…) nicht die Prostitution und die Nachfrage vor Ort verhindert, sondern lediglich bewirkt, dass die Arbeitsbedingungen sich verschlechtern und die Vulnerabilität durch Abhängigkeitsverhältnisse und Ausbeutung erhöht werden.“

http://www.bufas.net/stellungnahme-zu-den-politischen-forderungen-zur-einfuehrung-des-sexkaufverbots-in-deutschla nd/

Deutsches Institut für Menschenrechte

„Dieses sehr sichtbare und daher gut kontrollierbare Segment [der Straßenprostitution] wird weniger. Ob auch das gesamte Ausmaß von Prostitution durch ein Verbot abnimmt oder ob lediglich eine Verdrängung in andere, weniger sichtbare Bereiche der Prostitution stattfindet, ist umstritten. Aus menschenrechtlicher Perspektive entscheidender ist, dass diese Forschung deutlich unerwünschte Folgen einer Verbotslösung zeigt, nämlich ein erhöhtes Risiko sexuell übertragbarer Erkrankungen sowie von Gewalterfahrungen. Menschenhandel nimmt dadurch nicht ab.“ https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/prostitution-und-sexkaufverbot

Diakonie Deutschland

„Verbote verhindern weder Prostitution, noch dämmen sie ihre negativen Auswirkungen ein. Wo tatsächlich Zwang und Gewalt eine Rolle spielen, bieten Verbote keinen Schutz. Für die Wirksamkeit des Nordischen Modells gibt es keine sicheren Belege.“

https://www.diakonie.de/pressemeldungen/diakonie-fuer-mehr-unterstuetzung-statt-sexkaufverbot

Deutsche STI Gesellschaft

„In Nordirland wurden Daten von der Queen’s University Belfast vor und nach der Einführung eines Sexkaufverbots erhoben und erlauben somit einen Vergleich. Nach Einführung des so genannten Sexkaufverbots waren weder eine Reduktion der Nachfrage noch der Anzahl von Sexarbeitenden zu beobachten; auch ein Einfluss auf die Zahlen von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung war nicht feststellbar.“

https://www.stiftung-gssg.org/wp-content/uploads/2021/03/Statement-DSTIG-Doku-3SAT_210322_GS.pdf

Amnesty International

„Wenn nicht nur ihre Tätigkeit, sondern auch ihr Arbeitsumfeld entkriminalisiert ist, gibt das den oft marginalisierten und abhängigen Menschen im Sexgewerbe mehr Möglichkeiten, unabhängig zu arbeiten, sich zu organisieren und sich selber für ihre Rechte zu wehren.“

https://www.amnesty.ch/de/themen/frauenrechte/dok/2015/warum-amnesty-die-prostitution-entkriminalisieren-will

Der Originalartikel kann hier besucht werden