Aktuell wird zwischen Bundesregierung und Opposition diskutiert, ob und wie geltende Arbeitsverbote für nach Deutschland geflüchtete Menschen aufgehoben werden sollen. PRO ASYL begrüßt, dass endlich wieder pragmatische Vorschläge in der Flüchtlingspolitik aus Regierungskreisen eingebracht werden.
Laut Medienberichten könnte als Teil eines Deutschland-Paktes zwischen Bundesregierung und der Oppositionsfraktion CDU/CSU auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete kommen.
„Die Abschaffung von Arbeitsverboten für nach Deutschland geflüchtete Menschen ist überfällig, so wie andere positive Versprechen des Koalitionsvertrags. Arbeitsverbote sind nicht zeitgemäß, grenzen Menschen aus der Gesellschaft aus und sind angesichts des Arbeitskräftemangels in Deutschland auch der Bevölkerung nicht vermittelbar. Um das Problem richtig anzugehen, sollte die Bundesregierung auch direkt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtern und die diskriminierende Duldung light abschaffen, die stets mit einem Arbeitsverbot einhergeht“, fordert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Insgesamt ist PRO ASYL angesichts der aktuellen Debatte und Vorschläge aber extrem besorgt, zielen sie doch überwiegend auf Abwehr und Abschottung. Grundrechtliche und menschenrechtliche Standards zählen fast nichts mehr. Das zeigt sich von der Zustimmung der Bundesregierung zur Krisenverordnung, über die Bestimmung weiterer angeblich sicherer Herkunftsländer, bis hin zu den Vorschlägen zu mehr Abschiebungen oder der Forderung nach Sachleistungen für Geflüchtete.
Arbeitsverbote reduzieren, Fachkräfte anerkennen
Arbeitsverbote sind kompliziert gestaffelt: Vollständige Arbeitsverbote bestehen für alle Asylsuchende in jedem Fall während der ersten drei Monate im Asylverfahren. Sie bestehen dann weiter bis zu insgesamt sechs Monaten (für Menschen mit Kindern) bzw. bis zu neun Monaten (ohne Kinder), solange die Betroffenen noch in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen – was bei vielen derzeit der Fall ist. Erst nach Ablauf dieser Fristen oder mit dem Auszug aus der Erstaufnahmeeinrichtung ist für Asylsuchende der Zugang zum Arbeitsmarkt theoretisch offen – außer für Menschen aus den zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärten Ländern. Für sie gilt dauerhaft ein Arbeitsverbot – während des Asylverfahrens und auch nach einer Ablehnung.
Für geduldete Menschen generell gilt eine Frist von sechs Monaten, danach kann die Arbeit erlaubt werden – ein Arbeitsverbot wird aber oft noch individuell als Sanktionsmaßnahme der Behörden ausgesprochen, zum Beispiel bei fehlendem Heimatpass. Es wird statistisch nicht erfasst, wie viele Menschen mit Arbeitsverbot in Deutschland leben. Insgesamt ist aber mindestens von einer Zahl im hohen fünfstelligen Bereich auszugehen.
Die Aufnahme einer Arbeit scheitert dabei nicht nur an der fehlenden Arbeitserlaubnis. Auch Geflüchtete, die bereits eine Arbeitserlaubnis besitzen können häufig nicht in dem Bereich tätig sein, für den sie ausgebildet wurden. Dies liegt an den langjährigen und restriktiven Anerkennungsprozessen ausländischer Schul‑, Ausbildungs- und Studienabschlüsse. Hier braucht es ein Umdenken und eine kreative Struktur, um ausländische Fachkräfte – zum Beispiel auch ohne Ausbildungszertifikat – den Zugang zum Fachkräfte-Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Beispielsweise könnte unter anderem die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Ärztekammer oder zentrale Stellen des Bundes Fachkräfte durch Praxisprüfungen anerkennen. Gerade im Handwerk und im Gesundheits- und Bildungsbereich würde dies nicht nur den geflüchteten Menschen zu Gute kommen, sondern auch dem Fachkräftemangel in diesen Bereichen massiv entgegenwirken.