Rom, Caput Mundi (Haupt der Welt) zur Zeit des Römischen Reiches, Wiege des Renaissance-Humanismus (zusammen mit Florenz), Goldmedaille für militärische Tapferkeit während des Widerstands, die Stadt, die die Europäische Gemeinschaft (später Europäische Union) ins Leben rief, rühmt sich heute einer weiteren ihrer vielen Pionierleistungen: Sie ist die erste Hauptstadt der Welt, die Julian Assange die Ehrenbürgerschaft verleiht.
Die Anerkennung des australischen Journalisten/Herausgebers, der immer noch in Großbritannien inhaftiert ist und dem die Auslieferung an die USA droht, wurde am Dienstag um 18.30 Uhr vom Stadtrat von Rom mit 22 Ja-Stimmen, keiner Gegenstimme und einem Dutzend Enthaltungen beschlossen – unter dem Applaus der vielen Pro-Assange-Aktivist:innen, die den Julius-Cäsar-Saal füllten und die, seit der Antrag auf Staatsbürgerschaft vor vier Monaten gestellt worden war, wegen ständiger Vertagungen bereits zum siebten Mal im Ratssaal anwesend waren, um Lobbyarbeit zu betreiben.
Die ersten Unterzeichnenden des Antrags 83/2023 sind Virginia Raggi (M5S), ehemalige Bürgermeisterin von Rom, und vier weitere Ratsmitglieder der Cinque Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung): Daniele Diaco, Linda Meleo, Antonio De Santis und Paolo Ferrari von der Bürgerliste Virginia Raggi. Nachdem die Versammlung zugestimmt hat, werden nun der Durchführungsbeschluss, die Stellungnahme der Räte und die Unterschrift des Bürgermeisters benötigt.
„Es ist eine große Freude für uns alle“, fügte einer der anwesenden Aktivist:innen sichtlich bewegt hinzu, „nicht nur, weil damit die Verdienste des Mitbegründers von WikiLeaks gewürdigt werden, der mit seiner Webseite den investigativen Journalismus neu erfunden hat, sondern auch, weil damit eine Lanze für den Schutz aller Journalisten auf der ganzen Welt gebrochen wird.“
Tatsächlich sind sich viele Beobachter einig, dass die Trump-Regierung mit der Anklage gegen Assange genau darauf abzielte, den investigativen Journalismus im In- und Ausland zu vernichten: „Schlag einen, um hundert zu belehren“. Diese Einschätzung wurde in einem offenen Brief an Bürgermeister Gualtieri bekräftigt, den der Präsident von Articolo 21 (der italienischen Vereinigung für Pressefreiheit), ein grosser Unterstützer von Assange, letzte Woche veröffentlichte.
Die Anerkennung durch Rom folgt auf die Verleihung des politischen Asyls an Julian Assange durch die Stadt Perugia und die Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch Neapel, die am 28. September von Bürgermeister Gaetano Manfredi durch seine Tourismusbeauftragte Teresa Amato im neapolitanischen Stadtrat angekündigt wurde. Auch Reggio Emilia hat Assange am 18. September zum Ehrenbürger ernannt, und viele kleine Gemeinden auf der ganzen Halbinsel haben die Ehrung bereits vorgenommen oder werden sie demnächst vornehmen. Die erste Gemeinde überhaupt war Lucera (Foggia) am 28. Juni 2022.
Übersetzung aus dem Italienischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!