Ein Bild kann manchmal mehr sagen als 10.000 Worte. So ist es auch bei Weisheit und Klugheit. Wir können beide mit Krügen vergleichen. Ein Krug ist leer. Der andere ist voll. Falls du Lust hast, frag dich selbst: Welcher Krug symbolisiert die Weisheit? Welcher die Klugheit?
Wie lautet deine Antwort?
Es ist die Leere, aus der Klarheit aufsteigt, eine Transparenz, die Dinge sieht, die dem Klugen verschlossen bleiben. Dies ist Weisheit. Tatsächlich, und das ist ein offenes Geheimnis, ist das Herz die Wohnstätte der Weisheit. Die Weisheit des Herzens ist sprichwörtlich. Im Herzen anzukommen bedeutet, in der Weisheit des Herzens seinen inneren Mittelpunkt gefunden zu haben.
Das Herz ist so etwas wie – um es verwegen zu sagen – ist so etwas wie ein Nicht-Verstand, der ohne Vorurteil ist, ohne Wissen, ohne Inhalt. Nur Reinheit, einfache Stille. Der Nicht-Verstand wohnt im Herzen und zeigt sich als Weisheit.
Worin gründet diese Weisheit?
Weisheit wurzelt im Erleben deines Lebens. In dem, was du erlebt, reflektiert, verdaut, geknetet, gekostet, getrunken, inhaliert und verstanden hast. Zu diesem Erleben zählt auch das, was du gelesen, gesehen, in Dialogen mit anderen Menschen oder im Miterleben mit anderen aufgenommen und zu deinem gemacht hast. Die Quellen der Weisheit sind viele.
Weisheit ist aus dieser Sicht individuell und – wie paradox – gleichzeitig gültig auch für andere. Weisheit berührt unsere inneren Bezugspunkte. Füllt unsere Bedürfnisse mit nährender Stimmigkeit und ist gleichzeitig vollkommen befreit von missionarischem Eifer. Denn Weisheit drängt sich niemals auf.
Sie ruht im Herzen und ist wie der Duft einer Blume. Einer Rose. Weisheit ist schön aus sich heraus und ihr unverkennbares Merkmal … wie lautet es? Kennst du es?
Einfachheit. Weisheit hat immer eine berührende Einfachheit. Befreit von Schnörkeln, befreit von Koketterie, befreit von komplizierten Windungen offenbart sich Weisheit wie ein fein gesponnenes Linnen, dessen karge Schlichtheit unser Herz berührt.
Weisheit gründet also im Herzen und zeigt sich einfach. Sie zeigt sich, wenn du im Herzen einkehrst. So einfach? Ja. Denn das Wesen von Weisheit ist beherzte Einfachheit. So schwingt bei Weisheit immer Mitgefühlt mit. Ebenso Empathie. Hilfsbereitschaft. Lösungen. Liebe. Freude. Öffnungen zu anderen Horizonten. Verständnis. Hinweise auf mögliche Wege.
Weisheit kennt kein „du sollst“ oder „du musst“. Weisheit ist eine offene Hand, die einen Fingerzeig schenkt. Die dir ein Licht weist und gleichzeitig deine Freiheit adelt. Das Bild der Weisheit ist der leere Krug.
Klugheit
Es bleibt nur der volle Krug übrig. Wie klug, das zu sehen. Klugheit ist Wissen und Wissen kann wundervoll sein, wenn es nützlich ist. Wenn es uns hilft, unseren Lebensweg zu meistern. Wenn sich Klugheit mit der Erde gelebten Lebens verbindet, so transformiert sich Klugheit in Weisheit. Verbindet sich jedoch Klugheit mit der Luft, so bildet sich ein Dunst, der verdunstet. Der im Grunde für nichts gut ist. Der die Luft vernebelt. Manchmal, wenn wir uns in sicherer Runde wähnen, sprechen wir von Klugscheißern. Das mag nicht salonfähig sein, doch es trifft den Nagel auf den Kopf.
Diese Klugheit nervt. Sie wohnt im Verstand. Sie ist für nichts gut, außer für das Aufblähen des Egos, das wiederum ebenfalls für nichts gut ist. Diese Klugheit ist wie heiße Luft, die Lärm macht um nichts.
Der Charme der Klugheit liegt darin, dass sie weise werden kann. Den Fluch der Klugheit sehe ich darin, dass sie dich sicher zu machen scheint. Doch … der Schein trügt. Das Leben an sich ist unsicher. Dein Leben ist dein Weg, das Unbekannte bekannt zu machen.
Fazit
Für ein gut gelebtes Leben braucht es beide Krüge. Es ist klug, im rechten Moment weise zu sein und wer weise ist, ist ohnehin klug.