Auf dem Bundeskongress der ver.di wurde um den zukünftigen Weg der Gewerkschaften gestritten. Wir publizieren verschiedene kritische Beiträge zum Kurs der ver.di Führung und zum Verlauf des Kongresses. Siehe auch unseren Aufruf „Ver.di Bundeskongress -Sagt Nein gegen Krieg, Militarisierung und Burgfrieden“, die Beiträge „Interview mit einem Delegierten – nicht nach Schema F“, „Programm gegen die Krise ist nötig“ und „Ein Ukrainer auf dem Podium beim ver.di Bundeskongress – Wahrheit oder Dichtung?.

Immerhin hat eine deutlich sichtbare Minderheit von 20% der abstimmenden Delegierten dem (mit in Watte gepackten Formulierungen gespickten) Leitantrag zur Aufweichung des gewerkschaftlichen Antikriegskurses des Vorstandes NICHT zugestimmt! Nach einer umfassenden Aussprache stimmten 170 Delegierte dagegen. 26 Delegierte enthielten sich. 853 stimmten ab.

Hier der Leitantrag im Wortlaut!

Schon bei der Eröffnungsrede durch Bundeskanzler Scholz zeigte ein Teil der Delegierten seinen Unwillen gegenüber dem Kurs der Zeitenwende.

ABER ein JEIN bedeutet in letzter Konsequenz ein JA! Denn wenn die letzten 18 Kriegsmonate eines gelehrt haben, dann ist das Folgendes: Jedes nur halbherzige Nein hat noch jede Rote Haltelinie zum Einsturz gebracht. Wir berichten weiter.

Stellungnahme des Bündnisses “Sagt Nein -Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden” zum Delegiertenbeschluss auf dem ver.di Bundeskongress! [1]

Nach einem wochenlangen Kampf um die Beibehaltung unserer gewerkschaftlichen Grundsatzpositionen zu Krieg und Frieden war es soweit…

Die Diskussion um den Leitantrag E 84 wurde gegen 16:00 eröffnet durch die Beratung des ersten Änderungsantrags im Sinne des NEIN! gegen KRIEG, MILITARISMUS UND BURGFRIEDEN. Nach der Ablehnung des ersten Änderungsantrags wurde ein Geschäftsordnungsantrag eingebracht, der selbst erfahrene Kongressdelegierte fassungslos machte – so etwas hatten sie noch nie erlebt: Über sämtliche Änderungsanträge sollten ohne Diskussion und ohne Einzelabstimmung im Block abgestimmt werden. Zurecht kann bezweifelt werden, dass dies überhaupt mit der aktuellen satzungsmäßigen Rahmen-Verfahrensordnung vereinbar war, und für deren Änderung nicht eine 2/3-Mehrheit erforderlich gewesen wäre. Doch die Kongressleitung ließ eine einfache Mehrheit reichen – nachdem sie zunächst davon ausgegangen war, dass dies nicht reichen würde…, mit der dann dieser putschartige Antrag auch tatsächlich angenommen wurde.

Doch nach einem ersten Entsetzen schlugen sich die Unterstützer:innen des SAGT NEIN!, des ver.di-Friedensnetzwerkes und andere Kolleg:innen weiter wacker und aufrecht. Sie brachten sich in die nachfolgenden Diskussion um den Leitantrag weiter konstruktiv mit allen relevanten Argumenten gegen Waffenlieferungen, gegen Burgfrieden und Kriegspolitik ein und mit den Hinweisen darauf, dass das erste Opfer des Krieges immer die Wahrheit ist (Vietnam, Irak, Jugoslawien etc.) und auch darauf, dass der Klimakiller #1 der Krieg ist (ver.di im Schulterschluss mit FFF…? LOL!!!!); gegen Dämonisierung, Kriegshetze und Tränendrüsensolidaritätserklärungen

So sah sich zum Schluss der alte und neue Vorsitzende, Frank Werneke selbst genötigt ans Podium zu treten und sich zu stellen, um den Leitantrag seines ehemaligen Vorstandes und Gewerkschaftsrates gerade noch einmal so ins Ziel zu bringen. Das gelang dann nur mit deutlichen Blessuren:

Von 1.009 Delegierten nahmen 853 an der Abstimmung teil, davon stimmten lediglich 657 für den Leitantrag (gerade einmal 65%), 170 mit NEIN! – 26 Delegierte enthielten sich. Und DAS bei einem Leitantrag des Bundesvorstands und Gewerkschaftsrats…

Die Delegierten, die für den Leitantrag gestimmt haben, erinnern wir an die Worte von Erich Kästner:

«Was immer auch geschieht,
nie sollt ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!»

Festzustellen ist:
Mit diesem Beschluss wurde faktisch Satzungsbruch beschlossen, denn § 5, Ziff. 3, lit i. der ver.di-Satzung verpflichtet die Organisation darauf, „militaristische Tendenzen zu bekämpfen“. Für einen solchen satzungsändernden Beschluss hätte es einer qualifizierten 2/3-Mehrheit des Kongresses bedurft. Diese wurde aber gar nicht abgefragt.

Festzustellen ist weiter:
ver.di hat eine historische Entscheidung in Abkehr von den bisherigen wertvollen, historisch begründeten und schützenswerten antimilitaristischen Grundsätzen getroffen, und diese Entscheidung wird den heute Verantwortlichen und der gesamten Organisation eher früher als später auf die Füße fallen. Der Krieg wird weiter eskalieren und sie werden noch ganz anderen Dingen zustimmen müssen. Der Krieg wird das in Fortsetzung ihrer heutigen `Logik` verlangen.

Dem stellen wir entgegen:
Unser gemeinsamer Kampf „SAGT NEIN! Gewerkschafter:innen gegen Militarismus, Krieg und Burgfrieden“ hat heute erst richtig begonnen.
Denn wie wichtig es ist, um unsere Gewerkschaft zu kämpfen, das hat sich gerade heute gezeigt, und das ist keine Sache von fünf Wochen, in denen wir jetzt erst mit SAGT NEIN! aktiv waren – mit mehr als 13.000 (!!!) Unterstützer:innen.

Unser erreichter Zusammenschluss und unsere Vernetzung sind das eigentlich wichtige Ergebnis, das es fortzusetzen gilt. Deswegen werden wir uns nun an die Vorbereitung von regionalen Konferenzen machen – ihr hört von uns! 

Gewerkschaft, das sind wir!
NEIN! ZU KRIEG, MILITARISMUS UND BURGFRIEDEN!

Und in Anlehnung an Rosa Luxemburg rufen wir Euch zu:

Wir waren. Wir sind. Wir werden sein!
BUNT und INTERNATIONAL

für den Initiator:innenkreis
Hedwig Krimmer und Andreas Buderus

Weitere Verlautbarungen zum Leitantrag:


Quellen:

[1] https://www.change.org/p/sagt-nein-gewerkschafter-innen-gegen-krieg-militarismus-und-burgfrieden/u/31931958

Der Originalartikel kann hier besucht werden