Der heutige 2. August ist Earth Overshoot Day. Die Menschheit hat bereits jetzt alle Ressourcen verbraucht, die die Erde ihr in einem Jahr bieten kann. Österreich ist sogar noch viel verschwenderischer. Hier war der Overshoot Day bereits im April. Das ist auch im EU-Vergleich sehr früh. Beim Bodenverbrauch ist Österreich Spitze und schafft es nicht, CO2 einzusparen. Reiche Menschen tragen besonders viel zur traurigen Bilanz bei. Wie sich das ändern lässt.

von Andreas Bachmann

Stell dir vor, du hast zu Beginn des Jahres einen vollen Kühlschrank. Und schieben wir jetzt einmal beiseite, dass die Lebensmittel darin ein Ablaufdatum haben. Du kannst dich aus dem Kühlschrank bedienen, solange bis du alle Vorräte darin verputzt hast. Wenn er leer ist, hast du ein Problem. Denn erst mit dem Jahreswechsel gibt es Nachschub. Was also tun, wenn am 2. August schon nichts mehr drin ist im Kühlschrank? Du wirst wahrscheinlich nervös.

So ähnlich verhält es sich mit dem Earth Overshoot Day oder auf deutsch: Erdüberlastungstag. Mit dem heutigen Tag haben wir weltweit alle Ressourcen verbraucht, die die Erde uns in einem Jahr zur Verfügung stellen kann. Das heißt zum Beispiel: Alles Holz, das innerhalb eines Jahres nachwachsen kann, haben wir bereits abgeholzt. Wir haben alle klimaschädlichen Treibhausgase, die von Pflanzen umgewandelt oder etwa in Böden gespeichert werden können, bereits ausgestoßen. Was jetzt an CO2-Äquivalenten noch hinzukommt, kann die Erde nicht mehr verkraften, ohne dass die Klimakrise weiter angeheizt wird.

Earth Overshoot Day: In Österreich schon viel früher

Die Umweltorganisation Global Footprint Network hat den Aktionstag ins Leben gerufen. Sie errechnet das Datum, indem sie gegenüberstellt, was die Menschheit in einem Jahr verbraucht und wie viel natürliche Ressourcen die Erde uns zur Verfügung stellt. Ab heute ist diese Bilanz negativ. Um unseren Hunger nach Ressourcen zu stillen, bräuchten wir 1,7 Erden. Es gibt aber nur eine.

Der globale ökologische Fußabdruck ist weit größer als die Schuhe, die uns die Erde bereitstellt. In Österreich passt es noch weniger. Denn der Overshoot Day hierzulande war schon am 6. April. Österreich verbraucht nicht nur verglichen mit ärmeren Ländern extrem viele Ressourcen. Das Land belegt auch innerhalb der EU einen der unrühmlichen “vorderen” Plätze, zeigt eine Analyse des Momentum Instituts. “Im internationalen Vergleich gibt Österreich eine noch schlechtere Figur ab”, sagt Alexander Huber, Ökonom beim Momentum Institut.

Würde die gesamte Menschheit so leben, wie wir in Österreich, bräuchten wir jährlich 3,7 Erden, um den Verbrauch an Ressourcen zu decken. “Unter den 159 vom Momentum Institut erhobenen Ländern belegt Österreich den 23. Platz jener, die den frühesten Earth Overshoot Day haben”, sagt Huber. Die größten Probleme hierzulande sind der CO2-Ausstoß und der hohe Bodenverbrauch. Hier ist Österreich Spitzenreiter in Europa. Täglich werden rund 13 Hektar Boden verbraucht. Das entspricht 18 Fußballfeldern. Die Hälfte davon wird versiegelt, also praktisch zubetoniert.

Österreich bringt CO2-Ausstoß seit 1990 nicht runter

Österreich stößt heute fast genauso viel an klimaschädlichen Treibhausgasen aus wie im Jahr 1990. “In der gesamten EU haben nur drei Länder weniger eingespart als Österreich”, sagt Huber. Dabei lautet der Plan eigentlich, massiv weniger CO2 in die Luft zu blasen. Bis 2030 soll Österreich seine Emissionen im Vergleich zum Jahr 2005 um 48 Prozent senken. Schafft Österreich das nicht, müsste das Land Milliarden an Strafen zahlen. Die Ziele betreffen nur die Sektoren, die nicht Teil des europäischen Handels mit Emissionszertifikaten (ECT) sind. Die Schwerindustrie wie die Hochöfen der Voestalpine und die Erzeugung von Energie sind deshalb gar nicht eingerechnet.

Besonders groß ist in Österreich der ökologische Fußabdruck von reichen Menschen. Das  oberste Prozent verursachte im Jahr 2019 um 45 Prozent mehr CO2 als noch 1990. In derselben Zeit habe die einkommensärmere Hälfte der Bevölkerung ihren Treibhausgasausstoß um neun Prozent gesenkt, erklärt Huber. Sie sind die einzige Gruppe in Österreichs Bevölkerung, die CO2 eingespart hat. “Diese Einsparungen werden durch das Konsumverhalten der reicheren Haushalte aber einfach aufgefressen”, sagt Huber. Die reichsten zehn Prozent stoßen fast ein Viertel mehr klimaschädliche Treibhausgase aus und auch die obere Mittelschicht fünf Prozent mehr.

Unter dem Strich verursachen die reichsten zehn Prozent der Haushalte knapp ein Drittel des CO2-Ausstoßes. Auf die Kappe der ärmsten Hälfte der Bevölkerung gehen nur 25 Prozent. Auch beim Boden sind die reichen Haushalte gefräßig. Sie wohnen häufiger in Einparteienhäusern, versiegeln also mehr Fläche. Sie besitzen anteilig mehr und größere Autos, die auch mehr Platz brauchen. „Diese massive Schieflage macht deutlich, dass Klimaschutz bei den Reichen ansetzen muss”, so Huber. Denn dort gebe es auch das größte Potenzial, Treibhausgase einzusparen.

Klimaschädliches Verhalten teuer machen, Böden schützen

Bei maßlosen und klimaschädlichen Verhalten gelte es anzusetzen, so das Momentum Institut. Flüge in Privatjets und auf Kurzstrecken zu verbieten und eine Abgabe für Vielflieger:innen, würden helfen, den CO2-Ausstoß der Luftfahrt zu senken. Parkgebühren könnten nach Gewicht und Größe von Fahrzeugen gestaffelt werden. Wer einen Kleinwagen fährt, zahlt weniger und SUV-Besitzer mehr. Dazu sollten reichere Haushalte motiviert werden, weniger Energie zu verbrauchen. Ein Grundbedarf an Strom und Gas sollte günstig und für alle leistbar sein. Wer darüber hinaus mehr und über die Maßen Energie verbraucht und dadurch mehr CO2 verursacht, zahlt dafür einen höheren Preis.

Um Österreichs hohen Bodenverbrauch in den Griff zu bekommen, sollten Böden nur dann neu versiegelt und zugebaut werden, wenn das notwendig ist und keine andere Lösung in Betracht kommt. “Viel eher sollten Böden wieder entsiegelt werden”, sagt Huber. Also statt eine Menge Asphalt für einen neuen Parkplatz in die Innenstadt zu schütten, vielleicht doch einen Park anlegen. Statt das größte Auto im Katalog zu bestellen, lieber eine Nummer kleiner wählen. Und für die kurze Strecke von Wien nach München die Bahn nehmen statt das Flugzeug. Dann müsste Österreich nicht schon am 6. April den Overshoot Day begehen – und damit vor einem leeren Kühlschrank stehen, was seine Ressourcen angeht.

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