Theodora war eine bemerkenswerte Frau, die sich von einer einfachen Prostituierten zu einer mächtigen Kaiserin hocharbeitete. Sie wurde im 6. Jahrhundert geboren und begann ihre Karriere als Tänzerin in einem Theater in Konstantinopel. Dort traf sie den späteren Kaiser Justinian I., der sich sofort in sie verliebte. Zusammen mit Justinian regierte Theodora das byzantinische Reich und kämpfte für Frauenrechte sowie gegen Korruption und Ungerechtigkeit innerhalb des Staates.
von Angelika Klatte
Doch nicht nur politisch war Theodora aktiv: Sie setzte sich auch für sozial Benachteiligte ein, gründete Waisenhäuser und Hospize sowie Schulen für Mädchen. Ihr Einfluss auf das kulturelle Leben ihrer Zeit ist ebenfalls nicht zu unterschätzen – unter anderem förderte sie Kunst- und Architekturprojekte wie zum Beispiel den Bau der Hagia Sophia. Insgesamt hinterließ Theodora ein bleibendes Erbe – sowohl als starke Herrscherpersönlichkeit als auch durch ihre zahlreichen wohltätigen Projekte während ihrer Regentschaft bis zu ihrem Tod im Jahre 548 n.Chr.
Theodoras Mutter war eine Tänzerin und Schauspielerin, während ihr Vater ein Bärenwärter der Grünen Fraktion des Hippodroms in Konstantinopel war. In ihrer Jugend verdingte sich Theodora als „Schauspielerin“ bzw. Prostituierte, was ihr Kontakte zu Edelmännern und Senatoren ermöglichte. Während dieser Zeit erlangte Theodora Kenntnisse im Lesen, Schreiben sowie in Latein und Griechisch. Sie widmete sich dem Studium alter und neuer Werke und erwarb sich den Ruf einer intelligenten und ebenbürtigen Gesprächspartnerin.
Als Theodora etwa 20 Jahre alt war, wurde sie von einem Liebhaber nach Alexandria mitgenommen, der sie dort mittellos zurückließ. Auf sich allein gestellt reiste sie nach Alexandria in Ägypten und fand Unterstützung in einer christlichen Gemeinde, die dem Monophysitismus angehörte. Theodora bekehrte sich zu dieser Glaubensrichtung.
Nach ihrer Rückkehr nach Byzanz begegnete Theodora Justinian, dem Neffen des regierenden Kaisers Justin und dem zukünftigen Kaiser. Justinian war von Theodora tief beeindruckt und verliebte sich in sie. Theodora war seine große Liebe und gleichwertige Partnerin. Um ihre Heirat zu ermöglichen, änderte Justin, der Onkel von Justinian und amtierende Kaiser, sogar das Gesetz. Im Jahr 527 wurde Justinian Kaiser des römischen Reichs und eine Woche später wurde auch Theodora zur Kaiserin gekrönt.
Justinian legte großen Wert darauf, dass Theodora nicht nur formal als Mitkaiserin galt, sondern gleichberechtigt mit ihm regierte. Er betrachtete sie als seine von Gott gegebene Partnerin. Gemeinsam brachten Justinian und Theodora entscheidende Veränderungen voran.
Theodora setzte sich für die Verbesserung der Lage der Frauen ein. Sie sorgte dafür, dass die Scheidungsgesetze geändert wurden und Frauen eigenes Eigentum erwerben durften. Zudem wurden Schauspielerinnen (Prostituierte) nicht mehr geächtet. Neue Gesetze regelten die Prostitution, und der Mädchenhandel wurde für illegal erklärt.
Auch die Religionsfreiheit war Theodora wichtig, da es im Christentum Streitigkeiten, Verfolgung und Diskriminierung aufgrund unterschiedlicher ideologischer Ansichten gab. Theodora schützte vor allem die Monophysiten, eine christliche Glaubensgruppe, die im 5. Jahrhundert entstand. Die Monophysiten glaubten, dass Jesus Christus nur eine göttliche Natur hatte und keine menschliche Natur. Dieser Glaube steht im Zusammenhang mit der Verehrung Marias als „Theotokos“ oder „Gottesgebärerin“, da sie als Mutter Gottes angesehen wurde. Die Monophysiten argumentierten, dass die göttliche Natur Jesu die menschliche Natur überwältigte und dass Maria daher nicht nur die Mutter Jesu, sondern auch die Mutter Gottes war. Dies führte zu Kontroversen innerhalb der Christlichen Kirche und zur Entstehung unterschiedlicher theologischer Strömungen.
Dies führte zu einem Anstieg der Verehrung der Gottesmutter Maria. Zu Theodoras Zeit erlebte die Tradition der altorientalischen Mutter-Kind-Mythen und des Mythos der „ewigen Jungfrau“ eine enorme Popularität. Überall wurden Kirchen zu Ehren Marias gebaut und beeindruckende Prozessionen mit riesigen Marienstatuen abgehalten, da man glaubte, dass von ihnen eine schützende Energie ausging.
Theodora ließ zahlreiche Kirchen und Klöster bauen. Sie beherbergte Massen von Mönchen und Gläubigen im Hormisdas-Palast, einmal sogar so viele, dass der Boden des Palastes einbrach. Sie nahm auch Flüchtlinge aus verschiedenen kriegerischen Konflikten im Palast auf und machte Konstantinopel zu einer wahren kosmopolitischen Stadt.
Die vielen neuen Bauprojekte und die Eroberungen Justinians wurden durch immer höhere Steuereintreibungen finanziert, was letztendlich zum sogenannten Nika-Aufstand führte, einem Volksaufstand. Als Justinian sich geschlagen geben und fliehen wollte, rettete Theodora mit einer eindrucksvollen Rede den Thron. Justinian entschied sich daraufhin, nicht aufzugeben, sondern trotz aussichtsloser Lage zu kämpfen, und es gelang ein blutiger Sieg gegen die Aufständischen.
Theodora war somit eine der mächtigsten Frauen, die die europäische Geschichte maßgeblich geprägt hat. Obwohl es nur wenige Berichte über ihr Leben gibt, prägte der parteiische Historiker Prokop für lange Zeit das Bild von ihr in der Geschichtsschreibung. Er schildert die Kaiserin ausgesprochen negativ und liefert wenig Substanzielles. In späteren orientalischen Überlieferungen dagegen wird Theodora zur Heiligen erklärt, was die Aussagen von Prokop nahezu komplett entwertet.
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