Donnerstag, 20. Juli 17:30 Uhr vor der US-Botschaft in Berlin, Pariser Platz am Brandenburger Tor

Eine rote Linie nach der anderen kippt!

Im Februar schrieben wir bei einer Auswertung zur Münchner Sicherheitsskonferenz: “Die ukrainische Regierung lässt derweilen ohne jede Scham ihre “menschenrechtlichen und moralischen Hüllen” fallen und fordert unverhohlen (die Kampfflugzeuge und Raketen sind noch nicht geliefert), die Lieferung und den Einsatz international geächteter Streumunition und Phosphorbomben (swp.de 19.2.2023 )[1]„.

Noch im Februar dieses Jahr gab es allgemein Kritik gegen dieses “unmenschliche Ansinnen” seitens der ukrainischen Regierung, das die eigene Bevölkerung hart treffen könne. Die Südwestpresse stellte die Frage: „Was sind der Ukraine westliche Werte wert?” Aber schon damals fiel die Kritik auf der Münchner Sicherheitskonferenz seitens der offiziellen westlichen Vertreter auffällig verhalten aus. Obwohl hier doch der Einsatz international geächteter Waffen gefordert wurde. Vom breitflächigen Einsatz solcher Waffen seitens Russlands war übrigens vor wenigen Monaten noch gar keine Rede. Berichte von Amnesty International und Fotos folgten inzwischen, dass wohl auch seitens Russland Streubomben im Kriegsgeschehen eingesetzt werden, aber von einem massiven Einsatz in den von der Ukraine kontrollierten zivilen Gebieten wurde bisher (zum Glück für die ukrainische Bevölkerung) nicht gesprochen. Nicht wenige Experten befürchten, dass sich dies nun als Reaktion auf die westliche Ankündigung ändern kann.

Am 7.Juli gab Präsident Joe Biden nach wochenlangen Spekulationen seine Entscheidung bekannt: Die USA werden der Ukraine die gewünschte Streumunition liefern.

In einem Interview mit dem Fernsehsender CNN sagte Biden, der Beschluss sei zuvor mit den Bündnispartnern abgestimmt. Der US-Präsident nannte offen den Grund für seine Entscheidung: »Der Ukraine geht die Munition aus!«

123 Staaten der Welt haben den Einsatz von Streubomben in einem internationalen Vertrag ausgeschlossen und ihre Produktion, aber auch die Weitergabe und Duldung verboten und sich verpflichtet, gegen den Einsatz dieser Waffen vorzugehen. Deutschland hat federführend mit dem heutigen Bundespräsidenten Steinmeier als Aussenminister diesen Verbotsvertrag ausgehandelt. Die aktuellen Reaktionen aus Berlin zur Ankündigung der USA sind aber nun, sehr moderat ausgedrückt, kleinlaut und opportunistisch. Die USA, die Ukraine und Russland fallen nicht unter die Vertragsbindung. Aber sogar Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan gab auf der Pressekonferenz im Weißen Haus zu, man wisse, dass von Streumunition ein Risiko ausgehe, dass Zivilistinnen zu Schaden kommen könnten.

Irmgard Schuster kommentiert die Haltung der Bundesregierung so: „Deutschland schweigt zu Lieferungen von geächteter Streumunition von den USA an die Ukraine. Offenbar gut vorbereitet, denn die Munition liegt bereits in Europa, eingeflogen über die Air Base Ramstein? Was nutzt eine Unterschrift, Streumunition nicht zu nutzen, wenn man unkommentiert zulässt, dass unser wichtigster Verbündeter USA und der Staat, den wir mit Millionen und Waffen unterstützen, sie im Krieg einsetzt?“

Wer Streubomben in einem Land einsetzt, dem ist das Wohl der dort lebenden Bevölkerung maximal gleichgültig!

Was ist eigentlich Streumunition? Man nimmt eine handelsübliche 500-Kilo-Bombe, packt dort 145 kleine Bomben hinein. Im Flug platzt die Bombe auf und verteilt sich auf eine Fläche von 150 x 60 Metern (Daten zur britischen Bombe BL755). Da lebt dann nichts mehr. Ein Teppich von 1-Kilo-Bomben vernichtet alles in einem noch größeren Umkreis – da sind erhebliche zivile Verluste unvermeidlich. Inzwischen haben die USA heute viel effektivere und wirkungsvollere Streubomben. Die konventionelle Tötungsmaschinerie wurde perfektioniert. „Eine einzige Clusterbombe deckt einen Bereich von minimal 120.000 m2 und maximal 240.000 m2 ab! Das ist ein Geländebereich von 240m Breite mal 1000m Länge! Ich bin mir nicht sicher, ob die Fantasie der meisten hier ausreicht, sich diesen Todesregen vorzustellen!” (Cornelia Warnke 12. Juli)

Blindgänger gibt es ebenfalls in Massen. Nach vorliegenden Erfahrungen bis zu 30 Prozent. Diese “Blindgänger” bleiben noch jahrzehntelang gefährlich. Nicht explodierte Sprengkörper aus Streubomben, die die USA vor Jahrzehnten in Vietnam, Laos und Kambodscha und später im Irakkrieg und in Serbien gemeinsam mit der Nato eingesetzt hatten, fordern nach wie vor jährlich Hunderte Todes- und Verstümmelungsopfer unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder. Humanitäre Hilfsorganisationen rechnen mit bis zu weiteren 50 Jahren bis zur vollständigen Räumung dieser Munition. Darum sind diese konventionellen Massenvernichtungswaffen geächtet, weil die Gefahren und Grausamkeiten für die Zivilbevölkerung maximal ist.

Kriegsverbrechen auf allen Seiten des Militarismus und Kriegsgeschehens!

Die Eskalation von Grausamkeiten, Kriegs- und Menschenrechtsverletzungen wird von allen Kriegsparteien auf die Spitze getrieben und auf den Schlachtfeldern der Ukraine ausgetragen. Die Streubomben der USA werden aus der Ukraine für Jahrzehnte ein verseuchtes Land machen! Alle Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die USA nicht vor einem massenhaften Einsatz solcher Waffen zurückscheuen[2][3]. Die Verletzungen der sich in die Knochen von Menschen bohrenden Splitter und Nägeln sind barbarisch.

Es ist zynisch, hier noch von Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu sprechen. Es ist eine verlogene Moral: “Streubomben aus den USA sind gut und nützlich. Streubomben aus Russland böse und ein Verbrechen”. Die Kriegspropaganda eines großen Teils der Presse läuft auf Hochtouren. Schon letztes Jahr haben wir zur Debatte “Gute Drohnen – Schlechte Drohnen” geschrieben: “Die von Drohnen zerfetzten Leiber von Menschen sind entsetzlich – gleichermaßen ob von Russland oder den USA eingesetzt. Nur haben die USA diese Art des Killings weltweit erst hoffähig gemacht.” Was kommt als nächstes? In der Diskussion sind bereits kontaminierte Uranmunition und Napalm. Natürlich nur „wenn sie militärisch notwendig sind!“ In Talkshows gehen Worte wie „Fleischwolf“ und „totaler Krieg“ wie Selbstverständlichkeiten über die Lippen. Wer nur noch nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ verfährt, stellt in letzter Konsequenz alle Werte von Menschenrecht und Menschenleben auf dem Altar des Krieges zur Disposition und unterscheidet sich nicht mehr vom noch so verbrecherischsten Feind. Und in einem Facebook Kommentar heisst es: „Wie glaubwürdig kann man noch der AFD gegenübertreten, wenn man zu diesem Kriegsgemetzel nicht nur schweigt, sondern dessen Eskalation auch noch vorantreibt?“

Unsere Vietnam Korrespondentin Cathrin Karras gibt aus Sicht eines betroffenen asiatischen Landes ein vernichtendes Urteil: „Stand der Vernichtungskrieg gegen Nordvietnam für den ‚Kampf gegen den Kommunismus‘ und dessen Vormarsch in Asien, so galten die Feldzüge mindestens gleicher Intensität gegen Afghanistan, Irak, Libyen usw. dem weltweiten ‚Kampf gegen den Terrorismus‘. Die Parolen haben sich geändert, nicht aber die Methode und auch nicht die mit brutaler militärischer Gewalt demonstrierte Überzeugung Washingtons, auserkoren zu sein, den Lauf der Welt zu bestimmen.“

Seien wir solidarisch mit den Menschen in der Ukraine! Verteidigen wir Menschenrecht!
Am 20. Juli 17:30 Uhr Berlin, Pariser Platz, Brandenburger Tor zur Mahnwache!
Gegen die Kriegseskalationsspirale mit Streubomben!
Gegen den totalen Krieg!
Weltweites Verbot von Streubomben!


Quellen:

[1] Forderung der Ukraine nach Streubomben: Geächtete Waffen gegen Russland – Was sind der Ukraine westliche Werte wert? | Südwest Presse Online (swp.de)
[2] Vietnam Folgen der US Kriegsverbrechen! Auch nach 47 Jahren Leiden ohne Ende
[3] Hanoi vor 50 Jahren im Bombenhagel. Tödliche Weihnachtsgrüße aus den USA!

Der Originalartikel kann hier besucht werden