Am späten Vormittag des 30. Juni gewährte Papst Franziskus der Anwältin und Ehefrau von Julian Assange, Stella Morris, in Begleitung ihrer Söhne Gabriel und Max eine Privataudienz. Zuvor hatte der Papst ihnen eine schriftliche Botschaft der Unterstützung geschickt.
Es sei daran erinnert, dass Julian Assange und Stella Morris im vergangenen Jahr im Belmarsh-Gefängnis geheiratet haben, da der WikiLeaks-Gründer auch bei dieser Gelegenheit nicht die Möglichkeit erhielt, das Gefängnis für ein paar Stunden zu verlassen.
Das Treffen mit dem Papst und Bischof von Rom ist eine wichtige Neuigkeit. Zu einer Zeit, in der die britischen Gerichte kurz vor dem negativen Abschluss der Berufungen gegen seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten stehen (dies befürchtet zumindest der WikiLeaks-Chefredaktor Kristinn Hrafnsson, der kürzlich Gast von Articolo21 in Assisi war), macht dieses Ereignis des 30. Juni Hoffnung, dass sich etwas bewegt.
Der Papst ist heute die einzige Persönlichkeit auf der Welt, die die Autorität hat, respektvoll und behutsam in den Lauf der Dinge einzugreifen. Ein moralischer Appell des Papstes könnte entscheidend sein. Schließlich war der Friedensnobelpreisträger Pérez Esquivel (ein enger Freund von Bergoglio) einer der ersten, der sich für den von den Mächtigen bedrängten Journalisten einsetzte und der zum Bezugspunkt für das Komitee „Meine Stimme für Assange“ wurde. Diese Initiative wurde in der Zentrale des Nationalen Presseverbandes Italiens ins Leben gerufen und von diesem, zusammen mit der Nationalen Journalistenkammer, anhand Hunderter von Beiträgen und Zeugnisvideos übernommen und weitergeführt.
Das Treffen im Vatikan markiert vielleicht den Beginn einer neuen Phase. Die außergewöhnliche berufliche und menschliche Beharrlichkeit von Stella Moris zeigt uns, dass das Böse nicht unbezwingbar ist.
Der Heilige Vater setzt sich intensiv für die Beendigung des Ukraine-Krieges und aller Kriege ein. Er hat sicherlich kein Verständnis für diejenigen, welche die schrecklichen Konflikte im Irak und in Afghanistan angezettelt hatten, die von Assange und seinen Mitstreitern aufgedeckt wurden. Und ebenso wird er keinesfalls damit einverstanden sein, dass derjenige, der seine Nase in die Geheimnisse von Staaten und Regierungen gesteckt hat, in einem Hochsicherheitsgebäude für die schlimmsten Verbrecher in Übersee langsam stirbt.
Wir werden sehen, was in den nächsten Tagen passiert. Ein Licht ist angegangen. Wie auch immer, egal ob wir Laien oder Gläubige sind, wir schließen uns dem Gebet von Franziskus an. Barabbas darf dieses Mal nicht wieder gewinnen.
Übersetzung aus dem Italienischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!