Vier Mega-Rüstungskonzerne finanzieren Politiker, Think-Tanks und Kriegsfilme: Gegen China seien noch mehr Milliarden nötig.

Ben Freeman und William D. Hartung/INFOsperber

upg. Die beiden Autoren sind Wissenschaftler am Quincy Institute for Responsable Statecraft. Dieser Beitrag der Webseite TomDispatch wurde am 4. Mai von Scheerpost verbreitet.

Dem militärisch-industriellen Komplex (MIK), vor dem Präsident Dwight D. Eisenhower die Amerikaner vor mehr als sechzig Jahren gewarnt hatte, geht es besser denn je. Er verschlingt viel mehr Steuergelder und finanziert viel grössere Waffenproduzenten als zu der Zeit, als Eisenhower 1961 in seiner Abschiedsrede an die Nation den «ungerechtfertigten Einfluss» des MIK kritisierte.

Ein Budget von 886 Milliarden Dollar

Die Zahlen sind atemberaubend. Das für dieses Jahr vorgeschlagene Budget des Energieministeriums für das Pentagon und für Atomwaffen beläuft sich auf 886 Milliarden Dollar. Das sind – inflationsbereinigt – mehr als doppelt so viel wie zur Zeit von Eisenhowers Rede. Das Pentagon verschlingt inzwischen mehr als die Hälfte des US-Bundeshaushalts, so dass andere Bereiche wie Gesundheit, Umweltschutz, Berufsausbildung und Schulen um den verbleibenden Rest konkurrieren müssen. Im Jahr 2020 erhielt Lockheed Martin Pentagon-Verträge im Wert von 75 Milliarden Dollar. Das waren mehr als das gesamte Budget des Aussenministeriums und der Behörde für internationale Entwicklung zusammen.

Die diesjährigen Ausgaben allein für das überteuerte, leistungsschwache F-35-Kampfflugzeug von Lockheed Martin entsprechen dem gesamten Budget der US-Gesundheitsbehörde CDC. Und wie ein neuer Bericht des National Priorities Project am Institute for Policy Studies kürzlich aufdeckte, gibt der durchschnittliche Steuerzahler 1087 Dollar pro Jahr für Waffenlieferanten aus, hingegen nur 270 Dollar für Schulen und nur 6 Dollar für erneuerbare Energien.

Die Liste geht weiter – und weiter und weiter. Präsident Eisenhower charakterisierte solche Verhältnisse in einer weniger bekannten Rede mit dem Titel «Die Chance auf Frieden», die er im April 1953 zu Beginn seiner ersten Amtszeit hielt, folgendermassen: «Jedes Geschütz, das gebaut wird, jedes Kriegsschiff, das vom Stapel läuft, jede Rakete, die abgefeuert wird, bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die hungern und nichts zu essen haben, an denen, die frieren und nicht genügend gekleidet sind. Diese Welt in Waffen gibt nicht nur Geld aus. Sie gibt den Schweiss ihrer Arbeiter, das Genie ihrer Wissenschaftler, die Hoffnungen ihrer Kinder aus…»

Neue Begründungen, neue Waffen

Der erste und wichtigste Unterschied zwischen der Ära Eisenhower und der unseren ist vielleicht die schiere Grösse der Rüstungsunternehmen. Vor dem Fusionsboom nach dem Ende des Kalten Krieges in den 1990er Jahre gab es Dutzende von wichtigen Rüstungsfirmen. Heute gibt es nur noch fünf grosse – nein, riesige! – Konzerne: Boeing, General Dynamics, Lockheed Martin, Northrop Grumman und Raytheon. Bei so wenigen Unternehmen, die Flugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge, Raketensysteme und Atomwaffen herstellen, hat das Pentagon immer weniger Einflussmöglichkeiten. Diese Konzerne können die hemmungslos überhöhten Preise für Produkte verlangen, die dann nicht wie versprochen funktionieren. Allein die «Big Five» teilen sich routinemässig mehr als 150 Milliarden Dollar an Pentagon-Verträgen pro Jahr: Das sind fast 20 Prozent des gesamten Pentagon-Budgets.

Zu Eisenhowers Zeiten wurde die Sowjetunion, die damalige Hauptgegnerin der USA, als Rechtfertigung für eine immer grössere und permanentere Aufrüstung herangezogen. Die heutige «schleichende Bedrohung», wie sie das Pentagon nennt, ist China, ein Land mit einer weitaus grösseren Bevölkerung, einer weitaus robusteren Wirtschaft und einem weitaus entwickelteren technischen Sektor als die Sowjetunion ihn je hatte. Doch anders als die UdSSR ist China für die Vereinigten Staaten vor allem eine wirtschaftliche und keine militärische Herausforderung.

Wie Dan Grazier in einem Bericht vom Dezember 2022 für das Project on Government Oversight feststellte, geht Washingtons immer stärkere Konzentration auf China mit einer erheblichen Inflation militärischer Bedrohungen einher. Während sich die China-Falken in Washington die Hände reiben, weil das Land mehr Marineschiffe als die USA hat, weist Grazier darauf hin, dass die US-Marine über eine viel grössere Feuerkraft verfügt. Auch das aktive amerikanische Atomwaffenarsenal ist etwa neunmal so gross wie das chinesische, und das Pentagon-Budget ist dreimal so hoch wie die Militärausgaben Pekings. Das geht aus den jüngsten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts hervor.

Doch für die Auftragnehmer des Pentagon hat Washingtons immer stärkere Fokussierung auf einen möglichen Krieg mit China vor allem einen Vorteil: Sie ist fabelhaft fürs Geschäft. Die reale oder eingebildete Bedrohung durch Chinas Militär wird weiterhin benutzt, um die Militärausgaben erheblich zu steigern, insbesondere für die nächste Generation von Hightech-Systemen, die von Hyperschallraketen über Roboterwaffen bis hin zu künstlicher Intelligenz reichen. Die Geschichte solcher potenziell dysfunktionalen High-Tech-Systeme – von Präsident Ronald Reagans «Star Wars»-Raketenabwehrsystem bis hin zur F-35 – verheisst jedoch nichts Gutes für die Kosten oder die Leistungsfähigkeit neuer Militärtechnologien.

Eines ist sicher: Dutzende, wenn nicht Hunderte von Milliarden Dollar werden zweifellos in die Entwicklung dieser Technologien fliessen. Zu bedenken bleibt ausserdem, dass sie gefährlich sind, und zwar nicht nur für irgendeinen Feind. Wie Michael Klare in einem Bericht der Arms Control Association hervorhob: «KI-gestützte Systeme können auf unvorhersehbare Weise versagen und ein unbeabsichtigtes Abschlachten von Menschen oder eine unkontrollierte Eskalationskrise verursachen.»

Bald ein Jahresbudget von einer Billion Dollar

Trotz einer scheinbar nicht enden wollenden Liste überteuerter, leistungsschwacher Waffensysteme, die für ein Pentagon entwickelt wurden, das als einzige US-Bundesbehörde nie eine Rechnungsprüfung bestanden hat, verfügt der militärisch-industrielle Komplex MIK über ein Arsenal an Einfluss, das es immer näher an ein Jahresbudget von einer Billion Dollar heranbringt. Kurz gesagt, es betrügt die Steuerzahler um mehr Geld als je zuvor, und so ziemlich jeder ist mit von der Partie – von Lobbyisten in Hülle und Fülle, unzähligen politischen Kampagnen und Denkfabriken bis hin zu Hollywood.

Die Dominanz einer Handvoll Megakonzerne in der Waffenproduktion bedeutet ausserdem, dass jeder der führenden Akteure mehr Geld für Lobbyarbeit und Wahlkampfspenden zur Verfügung hat. Sie haben auch mehr Produktionsstätten und Beschäftigte, oft in politisch wichtigen US-Bundesstaaten, auf die sie verweisen können, wenn sie Mitglieder des Kongresses davon überzeugen wollen, für noch mehr Geld für ihre Waffen zu stimmen.

Über zwanzig Millionen an Parlamentarier

In den letzten beiden Wahlzyklen hat die Rüstungsindustrie insgesamt mehr als 83 Millionen Dollar an politische Kandidaten gespendet, wobei Lockheed Martin mit 9,1 Millionen Dollar an der Spitze liegt, gefolgt von Raytheon mit 8 Millionen Dollar und Northrop Grumman mit 7,7 Millionen Dollar. Es wird niemanden überraschen zu erfahren, dass sich diese Gelder stark auf die Mitglieder der Verteidigungsausschüsse im Repräsentantenhaus und im Senat konzentrieren.

So hat Taylor Giorno von OpenSecrets, einer Gruppe, die Wahlkampf- und Lobbying-Ausgaben verfolgt, herausgefunden:

«Die 58 Mitglieder des Ausschusses für Streitkräfte des Repräsentantenhauses gaben an, im Wahljahr 2022 durchschnittlich 79’588 Dollar aus dem Verteidigungssektor erhalten zu haben, dreimal so viel wie die durchschnittlichen 26’213 Dollar, die andere Abgeordnete im gleichen Zeitraum erhielten.»

Mehr als ein Rüstungs-Lobbyist pro Abgeordneter

Die Lobbying-Ausgaben aller Teilhaber des MIK sind sogar noch höher – mehr als 247 Millionen Dollar in den letzten beiden Wahlperioden. Mit diesen Geldern werden 820 Lobbyisten beschäftigt, das heisst mehr als einer für jedes Mitglied des Kongresses. Mehr als zwei Drittel dieser Lobbyisten sind durch die berüchtigte Drehtür in Washington gegangen, von Jobs im Pentagon oder im Kongress zur Lobbyarbeit für die Rüstungsindustrie. Ihre Kontakte in der Regierung und ihr Wissen über undurchsichtige Beschaffungsverfahren tragen dazu bei, dass das Geld für weitere Gewehre, Panzer, Schiffe und Raketen fliesst. Erst letzten Monat berichtete das Büro von Senatorin Elizabeth Warren, dass fast 700 ehemalige hochrangige Regierungsbeamte, darunter ehemalige Generäle und Admiräle, jetzt für Rüstungsunternehmen arbeiten. Während einige von ihnen Vorstandsmitglieder oder hochbezahlte Führungskräfte sind, wurden dem Bericht zufolge 91 Prozent von ihnen Pentagon-Lobbyisten.

Es winken lukrative Karrieren 

Diese fieberhaft rotierende Drehtür bietet den Mitgliedern des Kongresses, ihren Mitarbeitern und dem Personal des Pentagons einen starken Anreiz, sich mit diesen riesigen Auftragnehmern gut zu stellen, solange sie noch in der Regierung tätig sind. Schliesslich winkt nach dem Ausscheiden aus dem Staatsdienst eine lukrative Karriere als Lobbyist.

Aber es sind nicht nur Lobbyisten-Jobs in Washington, die diese Rüstungskonzerne ermöglichen. Sie bieten auch Arbeitsplätze in fast jeder Stadt in den USA an. Das Musterbeispiel dafür, wie Arbeitsplätze für den Verkauf eines ansonsten fragwürdigen Waffensystems benutzt werden, ist die F-35 von Lockheed Martin. Wegen zahlloser Konstruktionsfehler, darunter mehr als 800 ungelöste Mängel, die von der unabhängigen Prüfstelle des Pentagons festgestellt wurden, wird das System möglicherweise nie voll einsatzbereit sein. Aber das Unternehmen beteuert, dass sein Programm 298’000 Arbeitsplätze in 48 US-Bundesstaaten schaffe, auch wenn die tatsächliche Zahl weniger als die Hälfte davon beträgt.

Nicht mehr arbeitsintensiv

In Wirklichkeit ist der Rüstungssektor – was man im heutigen Washington nicht vermuten würde – ein rückläufiger Wirtschaftszweig, wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht, obwohl er fast rekordverdächtige Summen an staatlichen Mitteln verschlingt. Laut Statistiken der National Defense Industrial Association gibt es derzeit nur 1 Million direkte Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie, verglichen mit 3,2 Millionen in den 1980er Jahren.

Outsourcing, Automatisierung und die Produktion von weniger Einheiten in komplexeren Systemen haben zu einer Verschiebung der Arbeitskräfte hin zu besser bezahlten Ingenieursberufen und weg von der Produktion geführt – eine Verschiebung, die mit einem hohen Preis verbunden ist. Das Absaugen technischer und wissenschaftlicher Talente durch die Waffenhersteller bedeutet, dass weniger qualifizierte Menschen zur Verfügung stehen, um dringende Probleme wie die öffentliche Gesundheit und die Klimakrise anzugehen. Schätzungen zufolge könnten durch Ausgaben für Bildung, grüne Energie, Gesundheitsfürsorge oder Infrastruktur 40 bis 100 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als durch Ausgaben für das Pentagon.

Der militärisch-industrielle Komplex und seine Denkfabriken formulieren das Narrativ der Elite

Eines der mächtigsten Instrumente des MIK ist seine Fähigkeit, Elitediskussionen über Fragen der nationalen Sicherheit zu beeinflussen: Er finanziert aussenpolitische Denkfabriken sowie dort beschäftigte Analysten. Diese Leute sind dann allzu oft die Experten der Wahl, wenn es um die Berichterstattung der Medien über Fragen von Krieg und Frieden geht. Ein demnächst erscheinender Bericht des Quincy Instituts zeigt, dass mehr als 75 Prozent der führenden aussenpolitischen Think Tanks in den Vereinigten Staaten zumindest teilweise von Rüstungsunternehmen finanziert werden.

Einige, wie das Center for a New American Security und das Center for Strategic and International Studies, erhalten jedes Jahr Millionen von Dollar von solchen Auftragnehmern und veröffentlichen dann Artikel und Berichte, in denen sie der Finanzierung der Rüstungsindustrie weitgehend zustimmen.

Manche Denkfabriken bieten sogar Unterstützung für die von ihren Geldgebern hergestellten Waffen an, ohne diese eklatanten Interessenkonflikte offenzulegen. Eine Wissenschaftlerin des American Enterprise Institute (AEI) beispielsweise kritisierte den diesjährigen – fast historisch hohen – Budgetantrag des Pentagons, der ihrer Meinung nach «deutlich unter der Inflation» lag. Sie unterstützte gleichzeitig eine Aufstockung der Mittel für eine Reihe von Waffensystemen wie der LRASM-Antischiffsrakete, dem JASSM-Marschflugkörper, dem B-21-Bomber und der Interkontinentalrakete Sentinel.

Was wird in dem Beitrag nicht erwähnt? Die Unternehmen, die diese Waffen herstellen, Lockheed Martin und Northrop Grumman, waren AEI-Geldgeber. Obwohl es sich bei diesem Institut um eine Denkfabrik handelt, die ihre Geldgeber nicht öffentlich bekannt gibt, liess ein Mitarbeiter bei einer Veranstaltung im vergangenen Jahr durchblicken, dass die Organisation Geld von diesen beiden Auftragnehmern erhält.

Leider stützen sich die Mainstream-Medien überproportional auf Kommentare von Experten genau solcher Denkfabriken. Laut einem demnächst erscheinenden Bericht des Quincy Institute ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Experten in Artikeln der New York Times, der Washington Post oder des Wall Street Journal zum Ukraine-Krieg zitiert werden, mehr als viermal höher als bei jemandem ohne MIK-Finanzierung. Kurz gesagt: Wenn ein Experte einer Denkfabrik zu Fragen von Krieg und Frieden zitiert wird, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sein Arbeitgeber Geld von der Rüstungsindustrie erhält.

Darüber hinaus verfügen solche Denkfabriken über ihre eigene Version einer sich fieberhaft drehenden Drehtür, was ihnen den Beinamen «Warmhaltetanks»  für künftige Regierungsbeamte eingebracht hat. Das Center for a New American Security beispielsweise erhält jedes Jahr Millionen von Dollar von Rüstungsunternehmen sowie dem Pentagon und weist stolz darauf hin, dass eine Reihe seiner Experten und Alumni der Biden-Regierung beigetreten sind, zum Beispiel als hochrangige Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums und der CIA.

Der militärische Unterhaltungskomplex gestaltet das öffentliche Narrativ

Der Actionfilm «Top Gun: Maverick» war ein Blockbuster, dem das begeisterte Publikum eine erstaunliche Punktzahl von 99 Prozent bei der Film-Webseite Rotten Tomatoes bescherte – und dieser grosse Erfolg trug dazu bei, dass der Film eine Oscar-Nominierung für den besten Film erhielt. Es war auch ein voller Erfolg für das Pentagon, das eng mit den Filmemachern zusammenarbeitete, «Ausrüstung – einschliesslich Jets und Flugzeugträger –, Personal und technisches Fachwissen» zur Verfügung stellte und laut der Washington Post sogar die Möglichkeit hatte, das Drehbuch zu überarbeiten. Rüstungsunternehmen waren ebenfalls ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieses Films. Tatsächlich prahlte der CEO von Lockheed Martin damit, dass sein Unternehmen «mit den Produzenten von Top Gun zusammengearbeitet habe, um modernste, zukunftsweisende Technologie auf die grosse Leinwand zu bringen».

Auch wenn «Top Gun: Maverick» das erfolgreichste aktuelle Produkt des militärischen Unterhaltungskomplexes war, handelt es sich doch nur um den neuesten Teil einer langen Geschichte der Verbreitung militärischer Propaganda in Hollywood. «Das Pentagon und die CIA haben die direkte redaktionelle Kontrolle über mehr als 2500 Filme und Fernsehsendungen ausgeübt», so Professor Roger Stahl, der an der University of Georgia Propaganda und staatliche Gewalt erforscht.

«Das Ergebnis ist eine Unterhaltungskultur, die dahingehend manipuliert wird, relativ wenige Antikriegsfilme und Dutzende das Militär verherrlichende Blockbuster zu produzieren», erklärte der Journalist David Sirota, der wiederholt auf die Gefahren des militärischen Unterhaltungskomplexes aufmerksam gemacht hat. «Und abgesehen von dem obligatorischen Dankeschön der Filmemacher an das Pentagon im Abspann», fügte Sirota hinzu, «merken die Zuschauenden selten, dass sie möglicherweise staatlich subventionierte Propaganda sehen».

Was kommt als nächstes für das MIK? 

Mehr als 60 Jahre, nachdem Eisenhower das Problem identifiziert und ihm einen Namen gab, nutzt der militärisch-industrielle Komplex weiterhin seinen beispiellosen Einfluss, um Budget- und Politikprozesse zu korrumpieren, die Finanzierung nichtmilitärischer Lösungen für Sicherheitsprobleme zu behindern und dafür zu sorgen, dass Krieg immer die wahrscheinlichste «Lösung» für die Probleme der USA bleibt. Die Frage ist: Was kann getan werden, um seine Macht über unser Leben, unsere Lebensgrundlagen und letztendlich die Zukunft des Planeten zu verringern?

Um den modernen militärisch-industriellen Komplex zu bekämpfen, muss man alle wichtigen Säulen demontieren, auf denen seine Macht und sein Einfluss beruhen. Im Einzelnen würde das bedeuten:

  • Die Wahlkampffinanzierung reformieren;
  • die Drehtür zwischen Rüstungsindustrie und Regierung stoppen;
  • mehr Licht auf die Finanzierung politischer Kampagnen, Denkfabriken und Hollywoodfilme werfen;
  • in die Arbeitsplätze der Zukunft in den Bereichen grüne Technologie und öffentliche Gesundheit investieren, anstatt immer mehr Waffensysteme anzuhäufen.

Am wichtigsten ist vielleicht eine breit angelegte öffentliche Aufklärungskampagne, um realistischere Perspektiven auf die angebliche chinesische Bedrohung zu öffnen und dem aktuellen Klima der Angst entgegenzuwirken, das den Interessen des Pentagons und der riesigen Rüstungsindustrie dient und dabei die Sicherheit von uns allen gefährdet.

Das wäre natürlich kein kleines Unterfangen, aber die Alternative ist ein immer weiter ausuferndes Wettrüsten, das einen apokalyptischen Konflikt auslösen oder uns daran hindern könnte, existenzielle Bedrohungen wie Klimawandel und Pandemien anzugehen. Und dies ist inakzeptabel.

______________
Übersetzung von Klaus Mendler


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Ben FreemanStammautor bei TomDispatch, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Quincy Institute for Responsible Statecraft und Autor eines demnächst erscheinenden Berichts über die Finanzierung von Denkfabriken durch Pentagon-Auftragnehmer. 
William D. HartungStammautor bei TomDispatch, ist leitender Forschungsmitarbeiter am Quincy Institute for Responsible Statecraft und Autor von «Prophets of War: Lockheed Martin and the Making of the Military-Industrial Complex» .
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Für Putins Krieg gegen die Ukraine gibt es keine Entschuldigung

Für die die betroffenen Menschen ist ein Krieg das Schlimmste: Komplett zerstörte Infrastrukturen und Wohnhäuser, kein Wasser, kein Strom, viele Tote und noch mehr schwer Verletzte und Vertriebene. Rachegefühle halten sich jahre- oder sogar jahrzehntelang.

Präventiv geführte Kriege gegen angebliche oder tatsächliche Bedrohungen verstossen gegen das Völkerrecht und gegen die UNO-Charta. Weder feindliche Raketen an der Grenze noch Faschistengruppen noch diktatorische Verhältnisse noch Attentate rechtfertigen einen Krieg oder die Aneignung eines fremden Territoriums. Das gilt für Russland in der Ukraine genauso wie für die Türkei in Syrien, für die saudische Koalition in Jemen oder wie früher für die USA im Irak und in Afghanistan.

Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Völkerrechtlich sind militärische Kampfhandlungen nur zur Selbstverteidigung erlaubt, falls ein Land – wie die Ukraine – militärisch angegriffen wird. Dann können und dürfen andere Länder dem angegriffenen Land helfen, sich gegen den Aggressor zu wehren.

Wie bei jedem Krieg sollten alle Seiten bestrebt sein, ihn mit einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung zu beenden. Ein erstes Nachgeben liegt beim Aggressor.

Die Redaktion