Im Jahr 2023 jährt sich das Ende des Koreakrieges zum 70. Dennoch scheinen die USA ihren Einfluss auf der koreanischen Halbinsel noch nicht aufgegeben zu haben. Der Grund dafür? Der so genannte „Neue Kalte Krieg“ zwischen den USA und China.
„USA raus aus Korea, sofort!“ Demonstrant:innen des US-Komitees für die Wiedervereinigung Koreas versammelten sich in der Grand Central Station in New York und riefen diese Parole einen Tag nach dem Staatsbesuch des südkoreanischen Premierministers Yoon Suk Yeol in Washington D.C. am 28. April. Die Demonstrant:innen zogen mit der Parole „Korea ist eins“ durch die Straßen des Big Apple.
Der Staatsbesuch von Präsident Yoon bei Präsident Biden in Washington löste in der ganzen Stadt mehrere Proteste aus, die von koreanischen Komitees wie der New England Korea Peace Campaign, dem Boston Candlelight Action Committee und den Massachusetts Peace Actions organisiert wurden. Außerdem versammelten sich kleine Gruppen von Demonstrante:innen vor der US-Botschaft in Seoul, um gegen das zu protestieren, was sie als „Verletzung der Souveränität Südkoreas“ bezeichneten.
Auch wenn das Treffen eindeutig ein latentes Problem unter den Koreaner:innen wieder aufgeworfen hat, ist dies kein neues Thema. Die Trump-Regierung, die so viel dazu beigetragen hat, den Konflikt mit China zu schüren, hat bereits Druck auf Seoul ausgeübt, um die US-Militärpräsenz in Südkorea um 400 % zu erhöhen. Auch wenn sich die Regierung Biden für einen entspannteren Ansatz entschieden hat, scheint das Ergebnis dasselbe zu sein: mehr Militärpräsenz und damit mehr Geld aus den Taschen der Südkoreaner:innen, um einen „Krieg“ zu unterstützen, an dem sie sich nicht beteiligen wollen.
Die Demonstrant:innen des Wiedervereinigungskomitees und viele andere, die an verschiedenen Kundgebungen teilnahmen, machten auf den Straßen von New York deutlich, dass die militärische Präsenz der USA in Südkorea und ihr politischer Einfluss nicht länger willkommen sind.
Die Biden-Regierung, die sich auf den Pazifikraum konzentriert, drängt Südkorea, sich dem Antichina-Block der USA anzuschließen. Diese Maßnahme umfasst Bildungs-, Militär- und Wirtschaftsinvestitionen der Supermacht in dem asiatischen Land.
Trotz des Unmuts einiger Teile der Öffentlichkeit sieht der rechtsextreme südkoreanische Präsident dies nicht als Bedrohung, sondern als Gelegenheit, seine Beziehungen zu Washington zu stärken. Nichtsdestotrotz versucht er, ein Gleichgewicht zwischen den beiden Blöcken dieser neuen geopolitischen Landschaft herzustellen. Auch wenn Seoul sehr an einem Sicherheitsbündnis mit Washington hängt, ist der Präsident vorsichtig, um seine Nachbarn in Peking nicht zu verärgern. Er versucht, das Beste aus beiden Welten herauszuholen. Diese Strategie sollte genau beobachtet werden, denn sie könnte die Entwicklung des Konflikts maßgeblich beeinflussen und Südkorea inmitten der regionalen Spannungen wieder zu einem Aktivposten machen.
Auch wenn sich einige Demonstrant:innen auf der anderen Seite der Welt versammelten, um für dieselbe Sache zu kämpfen, befindet sich die öffentliche Meinung in Südkorea immer noch in einem Strom von nicht enden wollenden Paradoxen. In einer im Jahr 2021 durchgeführten Umfrage sank die Zahl der Befürworter:innen einer Wiedervereinigung unter 50 %, doch wird sie von vielen immer noch als friedliche Möglichkeit angesehen. Während der:die durchschnittliche Südkoreaner:in die derzeitigen Kosten für die Aufrechterhaltung der US-Militärpräsenz im südlichen Teil der Halbinsel für übertrieben hält, wird allgemein anerkannt, dass die USA ein vertrauenswürdiger Partner für Sicherheit und gemeinsame Ziele sind, die den besten Interessen des Landes entsprechen.
Die Demonstrant:innen versuchen, in der südkoreanischen Gesellschaft eine Debatte darüber anzustoßen, ob eine US-Militärpräsenz wirklich im besten Interesse Südkoreas ist.
Wie auch immer sich diese Debatte entwickelt, die Geschichte lehrt uns, dass Mauern und Zäune, die errichtet werden, um Menschen zu spalten, schließlich fallen. Ob im Jemen, in Vietnam oder in Deutschland. Ob es uns gefällt oder nicht, Solidarität, Mitgefühl und die Menschlichkeit einer gemeinsamen Kultur, Sprache und Geschichte, die im Falle Koreas Tausende von Jahren zurückreicht, werden letztendlich die vorübergehende Trennung überwinden.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!