Warum ich mich nicht einfach auf diese Handy-Expedition eingelassen habe? Schwer zu beantworten, ich weiß es nicht mehr. Vielleicht habe ich keinen Sinn darin gesehen und hatte keine Verwendung dafür. Vielleicht spielt meine Erziehung eine Rolle. Wenn ich als Jugendliche neidisch auf das schaute, was gerade in Mode war und was die anderen im Gymnasium trugen, verwehrte es mir meine Mutter grundsätzlich: „Jeder hat es, jeder trägt es, du wirst es nicht haben.“ Ich weiß nicht, ob sie mich zu etwas Besonderem erziehen wollte, jedenfalls war ich oft sehr böse auf sie, weil ich nicht aus der Masse herausragen wollte. Ich wollte mich anpassen, ein legitimes Bedürfnis der Teenies.
Das heißt aber keineswegs, dass ich später nie ein Trottel gewesen wäre, der auf Modeerscheinungen und Trends hereingefallen ist. Ich habe manchmal nachgegeben, das gebe ich zu! Aber letztendlich hat sie gewonnen, es scheint in den Genen zu liegen. Ich hatte keine Lust, mich wirklich anzupassen, sondern wollte vielmehr gegen den Strom schwimmen. Ein Handy hat also jeder, ich nicht.
Ich könnte aber auch sagen, dass meine Abneigung gegenüber der Technik sicher etwas damit zu tun hat. Ich bin eine altmodische Frau, die alles das verabscheut, was man zu meiner Schulzeit als männlich hätte bezeichnen können. Bittest du mich, einen Kuchen zu backen oder zu kochen, das ist für mich in Ordnung! Dies ist für mich absolut kein Problem! Ein Fahrrad reparieren, oje, das ist ein Problem! Obwohl es wirklich sehr praktisch wäre zu wissen, wie meines funktioniert! Das wäre ein Schritt in Richtung Selbständigkeit und Resilienz. Aber um die Wahrheit zu sagen, das interessiert mich nicht im Geringsten, es langweilt mich eher … als etwas anderes. Und es gibt Leute, die das so gut können!
Wenn ich mit meiner Hündin spazieren gehe, möchte ich immer die Hände frei haben, was mir selten gelingt, weil ich den Schlüsselbund, die Taschentücher, etwas zu schreiben, Defekturbeutel, ein Opinel-Messer, kleine Leinentaschen, falls es etwas zu pflücken oder zu sammeln gibt, mitführe. Aber das Gewicht eines Handys zusätzlich in meiner kleinen Umhängetasche, also nein! Zu viel ist zu viel!
Das hat mich nicht davon abgehalten, mir vor zwanzig Jahren von meinem Freund zeitweise eines aufschwatzen zu lassen, wenn er auf Reisen war oder wenn ich unterwegs war, während ich zwischen dem Norden, wo ich noch wohnte und dem Süden Deutschlands, wo er lebte, hin und her pendelte. Nur für den Fall… (eben wie die kleinen Leinentaschen, die sich mehr als einmal als unverzichtbar erwiesen haben), außer dass ich zum Zeitpunkt der Benutzung des Mobiltelefons schon nicht mehr wusste, wie es funktionierte, und die Rechnung sich als gesalzen erwies. Und es ist nicht unentbehrlich, auch wenn man uns davon überzeugen will. Meiner Meinung nach mit mehr oder weniger fadenscheinigen Argumenten. Es ging also an seinen Besitzer zurück und ich habe es nie bereut. Trotzdem sollte man wissen, worüber man spricht, nicht wahr?
Es stimmt, dass ich oft nach meiner Nummer gefragt werde und wenn ich die Festnetznummer angebe, nachgefragt wird: und die Handynummer? Habe ich keine. Aha. Punkt.
Seltsamerweise scheint mir, dass das Staunen im Laufe der Jahre eher nachgelassen hat, denn ich habe den Eindruck, dass zuvor mehr überraschte Kommentare an der Tagesordnung waren: Aber wie machst du das? Und was ist mit deiner Arbeit? Und was ist, wenn man dich erreichen will? Ich weiß nicht, wie du das machst, aber ich könnte nicht ohne leben!
Wie ich das mache? Na ja, wie ich es schon immer gemacht habe. Ich telefoniere von zu Hause aus, ich bekomme Anrufe, die ich beantworte, ich schreibe Briefe und natürlich ist der Computer mit seinen vielen E-Mails auch nicht mehr wegzudenken, und ich muss sagen, dass ich ihn vermissen würde, wenn ich ihn nicht mehr hätte. Obwohl … mit der Zeit ist ein Tag, an dem ich ihn nicht einschalte, für mich zu einem Synonym für Luxus geworden, für GROSSEN Luxus. Und ich musste mich in die WLAN-Verbindung einstöpseln. Was mich hingegen fertigmacht, ist die Tatsache, dass ich nicht bei einfachen Anmietungen wie einem Auto zur Mitbenutzung, einem Fahrrad aus der Stadt mitmachen kann. Das alles nur, weil ich kein Handy habe, das ist erstaunlich! Man schränkt den Aktionsradius von Menschen ein, je nachdem ob sie ein Handy haben oder nicht, und das bringt niemanden zum Nachdenken? Wenn wir vollständig digital werden, bin ich sicher, dass ich es zu spüren bekommen werde. Aber warum darf man keine Wahl mehr haben!!! Und das ist schon der Beginn einer Diktatur! Wenn man sie morgen abschaffen würde, hätte ich kein Problem damit, allerdings kenne ich andere…
Während ich dann sah, wie die Leute es benutzten, dachte ich mir, dass ich nicht in diese Falle tappen würde. Ehrlich gesagt, jederzeit verfügbar zu sein unter dem Deckmantel der Zweckmäßigkeit, das öffnet Tür und Tor für viele Übergriffe von der Art Optimierung moderner Sklaverei. Oder mitten in einem Laden erzählen, dass man vor einem Regal steht, und dass man nicht weiß, was man zu Abend essen soll, wo ist da der Sinn? Muss die Eingebung von der anderen Seite des Gerätes kommen? Gibt es noch Nudeln zu Hause? Und warum habe ich nicht nachgeschaut, bevor ich von zu Hause wegging? Und ein Essen zu zweit, welches von einem unbarmherzigen Klingelton unterbrochen wird, ein Eingriff, das die Kommunikation bis auf ein Minimum reduziert, ist doch ziemlich charmant, nicht?
Diese belanglosen, manchmal intimen Gespräche, die vor aller Augen geführt werden, haben mich zur Verzweiflung gebracht, vor allem, da die Leute die ausgeprägte Neigung haben, die Stimme zu erheben, als ob jeder davon profitieren müsste. So sehr, dass ich anfangs oft gesagt habe, wenn ich in den öffentlichen Verkehrsmitteln neben jemanden gesessen bin, der seinem Handy sein Leben erzählte: „Und vor allem, grüß ihn schön von mir!“ Der flüchtige Blick in meine Richtung war verwirrt, oft von einem zögernden Schweigen begleitet und meist gefolgt von einem überstürzten Rückzug der Person, die ihre Sachen zusammenpackte und sich weiter weg setzte, mit einem verlegenen Blick ins Handy nuschelte und mir meine Ruhe zurückgab. Jetzt ist alles im Eimer, fast jeder quatscht in sein Gerät oder hat Stöpsel in den Ohren. Manchmal sieht es sogar so aus, als wären sie damit geboren.
Und dann braucht es nur ein wenig gesunden Menschenverstand und Vernunft, wenn man einmal (und einmal ist genug) eine Graphik aller Satellitennetze, die unseren Planeten engmaschig umspannen, gesehen hat, um sich zu sagen, dass das nicht ohne Auswirkungen auf unser Leben hier unten bleiben kann. Es gibt das Problem der Wellen, die von nun an überall zu finden sind und durch die 5G-Technologie noch weiter verstärkt werden. Doch selbst intelligente Menschen wollen sich darüber keine Gedanken machen oder verdrängen es um jeden Preis, um sich nicht von ihrem „ach so praktischen kleinen Werkzeug“ trennen zu müssen! Ihren Garten zu fotografieren und dafür die bereits vom Aussterben bedrohten Bienen den Wellen auszusetzen, was für ein eklatantes Paradoxon, was für ein krasser Mangel an Empathie! Was Weltraumschrott angeht, lassen wir ihn beiseite, er ist ein Kapitel für sich, da noch niemand eine Methode gefunden hat, ihn zu bergen. Wir verschmutzen nicht nur den Planeten, seinen Boden, seine Ozeane, seine Flüsse und seine Luft, sondern auch den Weltraum. Wir sind wirklich schlau!
Sind wir also alle ärztliches Fachpersonal, Geburtshelfende, Leuchtturmwärter:innen, Feuerwehrleute, Psycholog:innen, Rettungskräfte, alleinstehende Menschen, Lebensretter:innen, Pflegekräfte, geflüchtete Menschen, für die es meiner Meinung nach wirklich notwendig und nützlich ist, ein Handy zu besitzen? Nicht einmal ein Handy kann eine Frau, die spät in der Nacht nach Hause kommt, vor Vergewaltigung schützen! Es ist doch der Gipfel!
Und wollen wir alle ständig verfolgt werden, überwacht auf Schritt und Tritt, gezwungen mit dem Handy zu bezahlen, und von diesem Gerät abhängig gemacht zu werden, dessen Vorteile bei weitem durch den Preis, den man für diese sogenannten Annehmlichkeiten zahlen muss, übertroffen werden? Und dann vergisst man schnell, dass diese ganze Technik nicht durch ein Wunder funktioniert, sondern dass sie Energie kostet, viel Energie. Man darf sich fragen, ob diese maßlos verbrauchte Energie ein Geschenk des Himmels ist? Auf Kosten der Umwelt? Hinzu kommt das Problem der seltenen Erden. Handys, die unbenutzt in Schubladen schlafen, weil der Modetrend immer ein Modell voraus ist…
Natürlich ist es praktisch, mitzuteilen, dass man sich verspätet, dass etwas Unvorhergesehenes passiert ist, dass eine Panne, ein Streik uns den Weg versperrt, um ein Foto des Tatobjekts zu machen, was auch immer es sein mag. Aber haben wir bis jetzt nicht gut ohne gelebt? Ist das ein triftiger Grund, darauf zu verzichten, werden die Zweifler oder die Bissigen fragen. Und ich würde ohne zu zögern antworten: JA!!! Auf die Gefahr hin, die Minimalisten damit zu verärgern, die ihr Leben auf dieses einzige Gerät reduzieren würden, wenn man ihn die Wahl ließe.
Kleinen Kindern Handys zu geben, damit sie ihre Zeit mit Apps verbringen, die sie kurzsichtig machen, weil sie ständig auf die Bildschirme starren, wodurch die die Kapazität ihres Gehirns abnehmen wird, ehrlich, ist das nicht eine unerhörte Gewalt, die an Verletzungen durch Leichtsinn grenzt?
Innerhalb weniger Jahre wurde durch einen subtilen Hype, der den schlimmsten Werbekampagnen in nichts nachsteht, in den Menschen solch starke und zwanghafte Bedürfnisse geweckt, dass all diese unendliche Anzahl an wundersamen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, unsere Mitbürger in Herden von Schafen verwandelt hat, die von einem kleinen Bildschirm besessen sind und sich mit Leib und Seele ihrer Sucht ergeben haben. Wenn nur alle Menschen in der Lage wären, dieses verdammte Handy vernünftig zu nutzen, könnten wir es vielleicht auf ein Werkzeug zurückstufen, aber die meisten von uns sind davon weit entfernt: zu viele Menschen sind davon infiziert und halten es für unverzichtbar. Es ist ungeheuerlich, die Menschen so zu manipulieren. Es ist noch viel schlimmer als das, was Orwell sich vorgestellt hat, es ist Brazil, es ist langfristig gesehen, … die Hölle auf Erden! Die digitale Revolution hat weitreichernde Folgen als die industrielle Revolution, denn sie führt uns stückweise in Richtung einer vollständigen Kontrolle, einer Diktatur ganz neuer Art! Ein Großteil der Menschen lebt von nun an in virtueller Autarkie per Selfie.
Meine wachsende Abneigung gegen dieses Objekt, obwohl es anfangs nur eine einfache Brüskierung war, wird durch meine Beobachtungen, meine Lektüre und meine Überlegungen genährt, durch die Tatsache, dass Kritik nicht erwünscht, ja nicht einmal angehört wird. Schon der Versuch, darüber zu diskutieren, zeugt von Obskurantismus, von der rückständigen Ablehnung des Fortschritts, von Unwissenheit gegenüber all den Vorzügen, die uns um die Ohren fliegen, kurzum: es ist das universelle Allheilmittel schlechthin, gegen das sich niemand wehren kann, weil er oder sie sonst aus der Smombie-Gemeinschaft ausgeschlossen wird!
Alles was sich um das Handy und die Entwicklungen dreht, ist im Grunde ein Lebensmodell, das uns Silicon Valley verkauft. Wird man uns alle am Ende dazu zwingen, ein Handy zu benutzen?
Das sind die Gründe, warum ich es nicht will. Und was mich darin bestärkt, ist, dass ich nicht die Einzige bin! Die Zukunft wird zeigen, ob ich es bereuen werde.
Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!