Am 17. März nahm ich an der Eröffnung der Ausstellung der Fotografiebewegung #NoMeMiresLeeMe (Schau mich nicht an, lies mich) im Fabrica Technology Space in Athen teil und traf dort die Kuratorin der Ausstellung, Giovanna Michaliadis Sarty. Giovanna lernte Camila Puerto und ihre Arbeit 2022 beim Transit Festival X im dänischen Holstebro kennen. Sie war beeindruckt und in dem Willen, die Bewegung zu unterstützen, brachte sie sie nach Griechenland.
Die #NoMeMiresLeeMe -Fotografiebewegung entstand am 8. März 2020, als eine Sammlung von 33 Fotos auf Social Media (Instagram und Facebook) geteilt wurde, um so gegen genderbasierte Gewalt in Mexiko zu protestieren, einem Land, in dem jeden Tag 10 Frauen durch Femizid ums Leben gebracht werden. Ihre Schöpferin Camila Puerto, die in Kolumbien geboren und in Mexiko-City aufgewachsen ist, ist Schauspielerin, Regisseurin und Designerin.
Als ich die Bewegung kennenlernte und mich selber beteiligte, nahm ich mit Camila Puerto Kontakt auf, um mehr über diese Initiative zu erfahren.
#NoMeMiresLeeme “Papa, Deine Schläge für Mama hinterließen Splitter in meinem Herzen.” Conchi León, Schauspielerin, Dramatikerin, Schriftstellerin, Regisseurin. Mexiko. Unabhängige Künstlerin. Foto: Camila Puerto, veröffentlicht am 8. März 2023.
In deinem Kunstprojekt #NoMeMiresLeeme nutz du den weiblichen Körper als Leinwand für deine Botschaft, was war der Auslöser dafür?
Unsere Körper empfangen die Gewalt, die wir Frauen täglich erleben. Dabei meine ich nicht nur körperliche Gewalt, sondern auch Angst, Ärger oder Unbehagen, das sich in unseren Körpern ausdrückt. Ich wollte unseren Körpern die Chance geben zu sprechen, schreien, zu heilen und zu protestieren.
#NoMeMiresLeeme “Frauen sind wie ein schöner Vogel, der im Käfig gefangen stirbt. Ich bin weder eine Puppe noch eine Ware für Sklaverei. Freiheit des Denkens, Mentale Entspannung, Befreiung des Körpers.“ El Khanssae Chahmoti, Schauspielerin. Marokko Troop FESTI, Selbstporträt vom 8. März, 2023.
Ich wollte außerdem eine Konfrontation mit der Sexualisierung des weiblichen Körpers provozieren. Der Name der Bewegung bedeutet: “Schau nicht den Körper auf dem Bild an. Schau nicht die Frau auf dem Bild an. Lies, was ihr Körper zu sagen hat.”
#NoMeMiresLeeMe “Ich ertrinke im Patriarchat.” Evita Paraskevopoulou – The Femina Story, Griechenland. Foto: Evangelos Karalis, veröffentlicht im März 2023
Bist du beim Beginn deines Projektes in deinem Land auf Hindernisse gestoßen und wenn ja, wie konntest du sie überwinden?
Die Bewegung nahm ihren Anfang in den sozialen Medien, deshalb konnten wir alle Fotografien ohne Probleme und Zensur veröffentlichen. Es gab keine nennenswerten Hindernisse. Nicht alle Menschen mochten die teilweise Nacktheit auf den Fotos, das war jedoch für uns kein Grund, es nicht zu tun.
Dein Kunstprojekt wurde zu einer Fotografiebewegung gegen genderbasierte Gewalt. Wie viele Frauen haben bisher mitgemacht und aus welchen Ländern kamen sie?
Zum Glück berührte diese Idee von Beginn an die Herzen vieler Frauen. Als wir 2020 begannen, waren wir 40 Künstlerinnen (Schauspielerinnen, Fotografinnen und Maskenbildnerinnen). Im gleichen Jahr schlossen sich uns weitere 20 Frauen aus verschiedenen Regionen Mexikos an. Ich arbeitete daran, die Bewegung weltweit wachsen zu lassen. 2022 erhielt ich die Gelegenheit, die Fotos in Dänemark und Deutschland im Rahmen zweier Internationaler Frauen-Theaterfestivals zu zeigen. Dort traf ich viele weitere Frauen, die sich uns anschlossen. Im März 2023 kamen 30 weitere Frauen aus dem Iran, der Ukraine, Argentinien, Taiwan, Mexiko, Deutschland, Italien, Kolumbien, Ghana, Griechenland, Rumänien, Kurdistan, Großbritannien, Marokko, den USA, Portugal, Österreich, Frankreich und Kanada hinzu.
Welche Wirkung möchtest du mit deinem Projekt #NoMeMiresLeeme erreichen und wird es einen nächsten Schritt geben?
Ich möchte, dass die Bewegung noch weiter wächst, dass Frauen aus der ganzen Welt sich dieser Protestform anschließen. In diesem Monat habe ich ein Video, ein Lied und eine Performance gesehen, die aus diesen Fotografien entstanden sind. Ich würde mich freuen, wenn sich diese Bewegung auf andere Kunstformen ausbreiten würde, denn jede von uns hat etwas Wichtiges zu sagen und kann so einer anderen Frau helfen, die unter Gewalt leidet. Und deshalb lade ich jede Frau, die das hier liest ein, ihr eigenes Foto oder Kunstwerk zu kreieren und es unter #NoMeMiresLeeme zu teilen. Meine Inspiration, diese Bewegung weiterzuführen, seid Ihr!
#NoMeMiresLeeme “Ich bin kein exotisches Tier“ Marisa Paulo, Krankenschwester und Performancekünstlerin. Angola/Portugal. Foto unabhängiger Künstler: André Soares, veröffentlicht am 8. März 2023.
Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!